Volmarstein . Der helle Rauch kriecht durch die Räume, die Sicht reicht kaum noch einen halben Meter weit. Plötzlich scheppert es irgendwo im Nebel: Ein Regal ist umgefallen. „Genau dafür machen wir diese Übungen“, freut sich Axel Peitz und macht eine Notiz. Er ist Brandschutzbeauftragter bei der Evangelischen Stiftung Volmarstein (ESV) und begleitet an diesem Samstag die Übung der Freiwilligen Feuerwehren Volmarstein und Grundschöttel auf dem Stiftungsgelände.
Das umgestoßene Regal ist für Peitz die Bestätigung, dass diese Übung wieder einmal sinnvoll war: Offenbar stand es den Feuerwehrleuten auf ihrem Weg zum simulierten Brandherd im Weg, in Zukunft wird es an anderer Stelle aufgestellt werden. „So können wir Fehler finden, die uns sonst nicht aufgefallen wären“, erklärt Peitz. Und die jährlichen Übungen haben noch einen weiteren Vorteil: Die Feuerwehrmänner und Feuerwehrfrauen lernen die Stiftungsgebäude kennen und proben den Zugang und die Orientierung in den Räumen der Werkstatt, der Oberlinschule und des Martineums. So soll die Rettung von Menschen im Ernstfall schneller und einfacher möglich sein.
„Brandschutz wird oft unterschätzt“
Einsätze bei der ESV stellen die Blauröcke noch vor eine ganz andere Herausforderungen: Gerade in der Werkstatt arbeiten viele Menschen mit schweren körperlichen oder geistigen Behinderungen. In besonderen Schulungen werden sie darauf vorbereitet (dazu auch das nebenstehende Interview).
Die Teilnahme an der Feuerwehrübung wäre für die Mitarbeiter der Werkstatt zu aufwändig und wohl auch zu aufwühlend, weswegen Darsteller des Jugend-Rotkreuzes aus Iserlohn die Rolle der zu rettenden Menschen übernehmen.
Um aber auch die Behinderten auf den Ernstfall vorzubereiten, sieht das sogenannte „Volmarsteiner Modell“, das sämtliche Brandschutzmaßnahmen auf dem Stiftungsgelände umfasst, regelmäßige Evakuierungsübungen vor. „Zusätzlich gibt es noch monatliche Begehungen mit der Feuerwehr, Mitarbeiterschulungen und Notfallkarten mit Verhaltensregeln“, erläutert Astrid Nonn, Pressesprecherin der ESV, dieses Modell.
Wie wichtig der Brandschutz ist, zeigte das Unglück in einer Behindertenwerkstatt in Titisee-Neustadt Ende letzten Jahres: 14 Menschen kamen bei einem Brand ums Leben. „Wir haben danach unsere Bemühungen nicht verstärken müssen, aber für uns war klar: wir sind auf dem richtigen Weg mit unserem Konzept. Brandschutz wird viel zu oft unterschätzt“, ist sich Peitz sicher. Die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr wissen das. Umso mehr Einsatz zeigen sie bei ihrer Übung: Insgesamt rücken sie sechs Mal aus, jeder Löschzug probt an jedem Gebäude. Ein unglaublicher Aufwand, der es wert ist – im Ernstfall werden sie optimal vorbereitet sein.