Herdecke/Wetter.

Mit frisierten Lohnabrechnungen und einem gefälschten Arbeitsvertrag sollte sich eine Dortmunderin (48) einen Kredit für eine Eigentumswohnung bei einer Herdecker Bank ergaunert haben. De facto war ihre finanzielle Situation bedenklich. Bereits zum zweiten Mal stand sie jetzt wegen des vermeintlichen Betrugs vor dem Amtsgericht Wetter und beteuerte ihre Unschuld – diesmal mit Erfolg.

Rückblende: Im August 2011 tauchten die fünffache Mutter und ihr „Finanzberater“ in dem Herdecker Geldinstitut auf. Dem zuständigen Bankberater präsentierten sie einen Arbeitsvertrag und entsprechende Lohnabrechnungen, die der 48-Jährigen einen festen Job mit gutem Gehalt attestierten. Dabei wurde eine Spielhallenaufsicht zur Prokuristin eines Unternehmens. Auch war die Rede von insgesamt 42 800 Euro Eigenkapital, die bereits an den Verkäufer geflossen sein sollten. Eine Summe, die die Angeklagte in ihrer Situation beim besten Willen nicht hätte auftreiben können. Das Lügengebilde überzeugte dennoch und die Dortmunderin erhielt ihr Darlehen über 70 000 Euro für die Finanzierung einer Wohnung, die sie offenbar noch nicht einmal selbst gesehen hatte. Schnell kam, was kommen musste: Die Frau, die ihrem Mann alles verschwiegen hatte, konnte die Raten nicht mehr zahlen. Und unternahm sogar einen Suizidversuch.

In einer ersten Verhandlung offenbarte die Dortmunderin bereits Ende November ihre Version der Ereignisse: Demnach war es ihr „Finanzberater“ und guter Bekannter der Familie, der sie förmlich drängte, in die Eigentumswohnung zu investieren und das Darlehen aufzunehmen. „Das geht, das funktioniert“, habe er ihr versprochen. Er habe die frisierten Unterlagen eingereicht. Erst im Gespräch habe sie von den gefälschten Zahlen erfahren und dann aus Angst gedacht, sie müsse mitspielen. Es sei geplant gewesen, die zwischenzeitlich renovierte Wohnung schnell wieder mit Gewinn zu verkaufen. Von ihrem Anteil des Gewinns, so beteuerte die Angeklagte jetzt, habe sie die Schulden ihres Mannes aus einer Insolvenz begleichen wollen. Und, keinesfalls habe sie 42 800 Euro an den Verkäufer gezahlt. „Woher auch?“

Verfahren neu aufgerollt

Da Staatsanwaltschaft und Gericht danach großes Interesse hatten, den „Finanzberater“ und den Verkäufer der Immobilie zu hören, wurde das Verfahren ausgesetzt und jetzt neu aufgerollt. Wie nicht anders zu erwarten, versicherte der „Finanzberater“ im Zeugenstand, die gefälschten Unterlagen habe er von der Angeklagten erhalten. Und von ihrer prekären finanziellen Lage habe er nichts gewusst. Ein gewisses Eigeninteresse an der Sache konnte er jedoch nicht leugnen: Für seine Vermittlungstätigkeit erhielt er 3 000 Euro vom Verkäufer und eine kleine Provision von der arglosen Bank. Der Verkäufer wiederum erklärte, er habe die 42 800 Euro Anzahlung erhalten. Nur, belegen konnte er das auch nicht.

Beide Zeugen hinterließen den Eindruck, dass sie die 48-Jährige ganz einfach böse über den Tisch gezogen haben könnten. So wollte der „Finanzberater“ nichts von fünf Kindern und einer funktionierenden Ehe gewusst haben. In einem Schreiben an die Bank hatte er die Frau als geschiedene Mutter eines Kindes ausgegeben. Auch hätte ihm durchaus bekannt sein müssen, dass die Dortmunderin nichts gelernt hat. Wie hätte sie ohne Ausbildung Prokuristin werden sollen? Und woher hätte sie die 42 800 Euro nehmen sollen?

Anklage und Gericht waren sich einig: Die zu Tränen gerührte Angeklagte wurde vom Vorwurf des Betrugs freigesprochen. „Hier ist heute umfänglich gelogen worden“, war Richter Heinz-Dieter Beckmann überzeugt. Womit er allerdings nicht die 48-Jährige meinte. Die habe sich grob fahrlässig vor einen fremden Karren spannen lassen. Im Übrigen dürfen sich der „Finanzberater“ und der Verkäufer jetzt auf eigene Strafverfahren einstellen.