Wetter/Herdecke. .

Im Internet gibt es nichts, das es nicht gibt - so scheint es jedenfalls. Die Suche bei Google geht schneller von der Hand als der Blick ins Lexikon, und an Regentagen ist es oft bequemer, in virtuellen als in echten Geschäften zu stöbern. Aber ebenso schnell und einfach funktioniert auch die üble Nachrede im Internet.

„Die räumliche Entfernung macht es leichter, sie fördert die Beleidigungen“, weiß Direktor Hubertus Schmalor von der Realschule am Bleichstein. An seiner Schule gab es bereits Fälle von Cyber-Mobbing. Dieses zielt darauf ab, eine Person systematisch im Internet zu diffamieren und zu belästigen. „Wir haben die betreffenden Kinder dann zusammen an einen Tisch gebracht, damit sie den Streit persönlich bereinigen können. Das klappt viel besser“, so Hubertus Schmalor.

Der Austausch von Gedanken, Meinungen und Informationen über das Internet geschieht in sozialen Netzwerken wie facebook und SchülerVz. Ihr Sinn und Zweck es ist, so viel wie möglich über seine Mitmenschen zu erfahren und über sich selbst zu veröffentlichen.

Eltern können Einfluss nehmen

Doch die Preisgabe der eigenen Persönlichkeit im Internet bietet gleichzeitig eine breite Angriffsfläche für all die, denen eben jene Persönlichkeit nicht gefällt. Die meinen, jemand höre die falsche Musik, lese die falschen Bücher, sei Fan des falschen Fußballvereins oder „poste“ (veröffentliche) die falschen Dinge.

Eine mögliche Folge ist das Cyber-Mobbing. Was im realen Leben viel Selbstbewusstsein erfordert, ist in der virtuellen Welt erschreckend einfach. Die Chance der Anonymität gibt dem Cyber-Mobbing erst die nötige Substanz.

„Die Schule muss in diesen Fällen sofort einschreiten, weil das, was abends vor den Computern passiert, am nächsten Morgen in den Schulalltag hineingetragen wird“, erklärt Schuldirektorin Carmen Rudolph von der Gemeinschaftshauptschule Am Sonnenstein in Herdecke.

Auch sie hat Fälle von Cyber-Mobbing zu beklagen. „Seit Jahren gab es keine wirkliche Schulhof-Prügelei mehr. Es gibt jetzt ein neues Format für die Auseinandersetzungen.“ Das hat dazu geführt, dass nun ab der sechsten Klasse ein Sozialtraining angeboten wird, in dem die Kinder den Umgang mir ihren Klassenkameraden auch im Internet lernen und trainieren können.

Schulleiterin Sandra Willenberg von der Städtischen Realschule in Wetter kann bezüglich Cyber-Mobbing zwar nicht aus eigener Erfahrung sprechen, weiß aber, dass sich das Internet für die Schülerinnen und Schüler zu einem wichtigen Medium entwickelt hat und Aufklärungsarbeit in den Schulen unbedingt notwendig ist.

Als Präventivmaßnahme bietet sie Elternabende und Projektwochen zu dem Thema an. Dass die Eltern insbesondere an den Abenden Einfluss auf die Internet-Aktivitäten ihrer Kinder nehmen können, stellen alle drei Schuldirektoren mehrfach heraus. Zwar sei für die Eltern oft schwer nachvollziehbar, was im Internet genau passiert, doch müssten sie die Verantwortung für ihre Kinder übernehmen, die gerade erst auf dem Weg sind, ein Verantwortungsgefühl zu entwickeln, sagt Willenberg.

Pubertierende Kinder besonders betroffen

Denn die, die vorzugsweise im Internet mobben, sind tatsächlich noch Kinder auf dem Weg zur Pubertät: „Die sechsten, siebten und achten Jahrgangsstufen sind besonders betroffen“, klagt Hubertus Schmalor. Er schickt seine Lehrer sogar zu Fortbildungsseminaren, damit sie den professionellen Umgang mit Cyber-Mobbing lernen und im Zweifelsfall anwenden können.

Zum Lehrstoff zählt dann die Erkenntnis: Das Internet bietet sicherlich viel Raum für Informationen, Kreativität und soziale Kontakte, doch es ist gleichzeitig ein Medium, das eine Menge Gefahren birgt. Denn das, was einmal öffentlich ist, verschwindet nicht mehr. Die Beleidigungen bleiben für immer.