Herdecke. .

Deutlich weniger Pflegeplätze, dafür mehr Wohneinheiten für Senioren - dieser Wunsch wurde in der Politik laut, nachdem Investor Rudolf Kräling vor Monaten sein Konzept für eine Seniorenresidenz im geplanten „Quartier Ruhr-Aue“ vorgestellt hat. Der Wunsch wird wohl nicht in Erfüllung gehen.

80 Pflegeplätze sehen die Überlegungen für eine Seniorenresidenz auf einem Teil des ehemaligen Westfalia-Geländes vor. Dazu sollen 25 Wohnungen kommen. Aus Sicht der Sozialausschussvorsitzenden Irmingard Schewe-Gerigk hätte ein Gleichstand vielleicht noch „eine gewisse Logik“. Aus Reihen der SPD wurde gefordert, das Verhältnis von Pflegeplätzen und Wohneinheiten einfach umzudrehen. Beides ist für Rudolf Kräling nicht vorstellbar.

Seine ersten Planungen sahen überhaupt kein spezielles Seniorenwohnen vor, sagt er im Gespräch mit der Zeitung. Als Wohngebiet sei ein zweites Bauteil auf dem Westfalia-Gelände vorgesehen. „Erst die rege Nachfrage und das intensive Interesse“ an Wohnungen mit Service für Senioren habe ihn dazu gebracht, Wohnungen in das „Residenz“-Konzept aufzunehmen - „Residenz“ deshalb, weil in dem Wort die relativ hohe Ausstattung des Pflegeheimes anklingen solle.

„Unglaubliches Manko“

Die Größe von 80 Pflegeplätzen „bildet nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten die Untergrenze der Wirtschaftlichkeit“, so der Investor. Sonst würden sich Bettenaufzug, Küche und Massageräume, Therapiebäder oder Gemeinschaftszonen nicht rechnen. Außerdem sieht er besonders im Pflegebereich mit komfortablen Einbett-Zimmern in Herdecke „ein unglaubliches Manko“.

Der GVS als bislang einziger Anbieter in Herdecke kann dieses Manko aus Krälings Sicht nicht ausgleichen. Zum einen müsste der GVS viel Geld in die Hand nehmen, um entsprechend umzuwandeln. Zum anderen würde damit die Zahl der Pflegeplätze unter dem Strich abnehmen. Kräling: „Nur durch ein Ergänzen und ein Miteinander“ lässt sich in Herdecke ein Angebot schaffen, das dem jetzigen und künftigen Bedarf entspricht.

Angebot an den GVS

Derzeit jedenfalls beobachtet Krähling eine Art „Pflegetourismus“. Er führt dazu, dass in Nachbarstädte abwandert, „wer auch in der Pflegebedürftigkeit Wert auf bestimmte Wohnqualität legt und sich diese Situation auch leisten kann und will“. Aus Sicht des Investors werden damit nicht nur viele Menschen absehbar aus der Stadt vertrieben. Mit ihnen geht auch viel Geld, das die Stadt und die Geschäftsleute gut gebrauchen können.

Krälings Rechnung: „Mindestens 50 Vollzeitarbeitsplätze plus einige Teilarbeitsplätze bewirken ein erhebliches Aufkommen an Lohnsteuer“. Und: Senioren mit Geld bleiben in der Stadt und werden ihr Geld auch in der Stadt lassen. So viel zur Ergänzung. Aber auch beim Miteinander hat er Denkmodelle: einen Managementvertrag etwa oder einen Pachtvertrag mit dem GVS. Vorstellbar sei, der Betreiber der Residenz übernehme Senioreneinrichtungen des GVS und könnte „den Mitarbeiterstamm sicherlich in vollem Umfang“ nutzen.

Für Kräling jedenfalls ist der Bedarf an gehobener Pflege in Herdecke unbestreitbar, ebenso der finanzielle Nutzen für die Stadt. Selbst wenn es für das Westfalia-Gelände stärkere Mitspracherechte der Politik für eine Nutzung gebe: Sogar eine reine Pflegeeinrichtung sei überall in der Stadt machbar, auch dann sicherlich mit Konsequenzen für den GVS. Für Rudolf Kräling ist die Ansiedelung eines Pflegeheims nur eine Frage der Zeit und nicht zu verhindern. Seine Devise: „Dann lieber jetzt ein Projekt am richtigen Ort“.