Wengern. Am Dienstag wird bundesweit gegen 28 rechtsextreme Personen ermittelt. Auch ein laut Nachbarn verdächtiger Neonazi aus Wetter bekommt Besuch.
Bundesweite Durchsuchungen, ein Schauplatz ist das beschauliche Wengern. Das Verbot des rechtsextremistischen Vereins „Hammerskins Deutschland“ hat Ermittler auch nach Wetter geführt. Am frühen Dienstag haben Polizisten hier ein recht großes Haus in einem Wohngebiet angesteuert, in dem ein verdächtiger Mann mit seiner Mutter lebt.
Die betreffende Gegend lässt sich getrost als bürgerliches Milieu bezeichnen. Viele Einfamilienhäuser befinden sich im Umfeld der katholischen Kirche und des Gemeindesaales. Und hier in Wengern soll ein mutmaßliches Mitglied eines Vereins zuhause sein, der sich sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung und gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet. So hat es das Bundesinnenministerium beschrieben und die Gruppe verboten.
Das sagen die Nachbarn
Wer sich in der Nachbarschaft umhört, erfährt Interessantes. Eine Anwohnerin reagiert überhaupt nicht verwundert, als sie mit der Lokalredaktion über den Polizeieinsatz spricht. Sie sei eher erleichtert, dass endlich mal was passiert. Im Umfeld wissen demnach viele, dass das mutmaßliche Vereinsmitglied von „Hammerskins Deutschland“ rechtem Gedankengut anhängt.
Im Jahr 2022 sei beispielsweise ein Flugblatt in der Nachbarschaft aufgetaucht. Das habe den Mann, der auch in Wetter arbeiten soll, gewissermaßen als Rechten denunziert. Im Zuge der Verteilung und einer Veröffentlichung im Internet geriet der Anwohner, dessen Wohnung nun durchsucht worden ist, in mehrfacher Hinsicht in den Fokus. In diesem Zusammenhang habe es beispielsweise Hinweise gegeben, dass der Wengeraner in Frankreich mit führenden Leuten aus der rechten Szene gesehen worden sei.
„Der hatte schon kuriose Freunde, denen man die Gesinnung angesehen hat“, sagt ein weiterer Anwohner. In der Nachbarschaft sei es eine Art offenes Geheimnis, dass der Mann schlicht „ein Neonazi“ sei. Grundsätzlich lebe dieser eher unauffällig: Er sei eher schüchtern und zurückhaltend, heißt es.
Auch hiesige Polizisten im Einsatz
Die hiesigen Behörden können nicht allzu viel zu der Durchsuchung in Wengern mitteilen. „Auch Polizeikräfte aus dem Ennepe-Ruhr-Kreis waren vor Ort, die Leitstelle hat frühzeitig Bescheid gewusst“, teilt die zuständige Pressestelle mit und verweist auf den Staatsschutz in Hagen. Der befasst sich mit der Verhütung (einschließlich der Gefahrenabwehr) und Verfolgung von politisch motivierter Kriminalität auch im EN-Kreis, laut einer Sprecherin haben auch Beamte aus der Volmestadt die Kollegen vom Bund und Land um 6 Uhr im Stadtteil von Wetter unterstützt.
In Nordrhein-Westfalen gibt es zudem noch Wohnungsdurchsuchungen in Bochum, Düsseldorf und Goch. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte zuvor den Verein „Hammerskins Deutschland“ sowie seine regionalen Ableger und die Teilorganisation „Crew 38“ verboten.
28 Verdächtige
Insgesamt werden nach Ministeriumsangaben am frühen Morgen zeitgleich Wohnungen von 28 mutmaßlichen Hammerskins-Mitgliedern in zehn Bundesländern durchsucht. Auch in Bayern, Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Thüringen und im Saarland sind Ermittler aktiv.
NRW-Innenminister Herbert Reul berichtet dann im Verlauf des Tages, dass von der nordrhein-westfälischen Polizei 90 Kräfte im Einsatz gewesen sind und diese „drei Vereinsmitglieder persönlich angetroffen“ haben. Keine weiteren Angaben erfolgen, ob das auch beim Wengeraner der Fall gewesen sei und wie alt dieser ist. Den schätzen Nachbarn auf ungefähr 40 Jahre.
Beweismaterial gesichert
Laut CDU-Politiker Reul habe bei den Durchsuchungen die Sicherung von Beweismitteln und das Einziehen von Vereinsvermögen im Mittelpunkt gestanden. „Wir wollen dieser Gruppe jegliche Grundlage entziehen“, so Reul. Bislang haben die Ermittler demnach vielfältige Gegenstände bundesweit beschlagnahmt: Vereins-Patches, Hakenkreuz- und Vereinsfahnen, Schlagringe, IT-Technik, mehr als 1000 Musikdatenträger mit rechtsradikalem Liedgut, zahlreiche andere Gegenstände mit verbotenen rechtsradikalen Symbolen sowie Betäubungsmittel in geringer Menge. „Es war offensichtlich Zeit, aufzuräumen“, sagt der Innenminister.
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Die Neonazi-Gruppe ist den Angaben zufolge ein Ableger einer Gruppierung aus den USA und existiert in Deutschland seit Anfang der 1990er Jahre. Laut Reul bekenne sich der Verein klar zum NS-Regime und seinen Protagonisten. Das Programm, die Organisation und Rhetorik erinnere vielfach an den Nationalsozialismus. „Es handelt sich um Verfassungsfeinde. Mitglieder der Hammerskins sind immer wieder bei rechtsextremistischen Veranstaltungen anzutreffen.“ Bei Konzert- und Kampfsportveranstaltungen habe es in der Vergangenheit eine Vielzahl von politisch motivierten Straftaten gegeben. Belegen lassen sich demnach auch Schieß- und Waffentraining-Teilnahmen.
Minister Reul abschließend
„Mit dem Verbot können wir eine langjährige Organisation von überzeugten Rechtsextremisten auflösen“, meint Reul. Den Angaben zufolge ist es in der jüngeren Vergangenheit das 20. Verbot einer rechtsextremistischen Vereinigung durch das Bundesinnenministerium.
Zu den rechtsgesinnten Vereinigungen, die hierzulande in den vergangenen Jahren verboten worden sind, zählen noch „Combat 18“ und „Nordadler“.