Wetter. Aus der kolossalen Rotbuche im Bürgerpark in Wetter lässt sich kein Kunstwerk machen. Aber es gibt eine Alternative.
Jahrzehntelang wuchs er zu einem prächtigen Baum empor. Dann wurde der Koloss krank und musste gefällt werden. Ein kleiner Teil von ihm sollte im Bürgerpark bleiben, als Kunstwerk von Joachim „Josi“ Elstner. Dann stellte sich heraus: Mit der von Pilz durchzogenen Buche ist keine Kunst mehr zu machen. Ein Kunstwerk gibt es jetzt trotzdem.
Fünfmeterfünfzig lang war ein Teil des Stamms, der zunächst noch im Park lag und von Josi Elstner bearbeitet werden sollte. Mit der Säge wollte er dem Koloss-Rest zuleibe rücken. Elstner hat Erfahrung mit dieser Art Kunst. Vor 25 Jahren bereits schuf er eine Plastik mit der Säge. Lange war das Kunstwerk an der Kirche in Wengern zu sehen. Dann war sie zu verwittert.
Geübt mit der Motorsäge
Neuerlich eine Motorsäge ausleihen musste der Künstler aber nicht. Wie sich herausstellte, war der Buchenstamm gar nicht mehr bearbeitbar. Die Erkenntnis kam zur Unzeit. Das Kunstwerk, für das Elstner bereits maßstabgetreu ein Modell angefertigt hatte, sollte zur „Extraschicht“ im Bürgerpark Ende Juni aufgestellt sein. Was aber tun ohne geeignetes Bearbeitungsobjekt?
Joachim Elstner griff zu Dachlatten und Holzplatten und ließ mit gut drei Metern Höhe verleimt und verschraubt so erstehen, was ursprünglich aus einem Guss hätte sein sollen - sein Kunstwerk mit dem Titel „Drei Stelen“. Kantig und ineinander verschränkt streben sie nun auf einer Betonplatte in den Himmel. Aus der Bildhauerarbeit war eine Schreinertätigkeit geworden. Bei der Form aber und damit auch bei der Erinnerung an Gustav Vorsteher blieb es.
Drei Stelen als Erinnerung an den Grubenholzhändler
Gustav Vorsteher, Stifter des Rathauses in der Freiheit und früher Hausherr im Bürgerhaus, in dessen angrenzendem Bürgerpark die Plastik jetzt steht, war Holzhändler. Mit Grubenholz hat er sein Geld gemacht. Die drei Stelen stützen sich an der Spitze gegenseitig, lässt sich in das aufragende Kunstwerk hineindenken. Miniaturmodell wie Ersatzausführung sollen den Holzhandel von Vorsteher symbolisieren, so hat Elstner es erklärend für den Abend der „Extra-Schicht“ formuliert.
An dem warmen Juniabend mit Bühne und Getränkeständen im Park zog sich zu fortgeschrittener Stunde eine Lichterkette von der Mitte des Rasens bis zur Spitze der Skulptur. An einer Stelenseite sind noch die Bohrungen zu sehen, die für die Teelicht-Aufhängungen gebraucht wurden. Der Lichterglanz ist nach der einmaligen Aktion wieder erloschen, aber das Kunstwerk könnte dem Park erhalten bleiben. Ein Provisorium ist die Ersatzstele nämlich nicht.
Josi Elstner: „Eckig ist auch schön“
Ein bisschen Kunst würde dem Park gut tun, sagt Elstner in der Erläuterung seines Projektes, das er mit dem Kulturverein Lichtburg zusammen betrieben hat. Leider, so schreibt er, sei das von Vorsteher zum Park gestaltete Grundstück in die Jahre gekommen. Mit modernen Elementen könne es in neuem Glanz erstrahlen. Vorgesehen dafür war zunächst der Stumpf der gefällten Buche gleich am kleinen Teich. Nun aber hat die Stadt das Geländer der Teichbrücke verlängert, und der Stumpf ist dahinter verschwunden.
Vorstellbar ist aber auch, dass die „drei Stelen“ da stehen bleiben, wo sie jetzt auf den Beton gesetzt sind - unmittelbar neben der Terrasse vorm Untergeschoss der Villa Vorsteher. Beleben könnte das Kunstwerk aber auch den Platz vor dem von der Lichtburg betriebenen Stadtsaal. Wer dann beim Betrachten der kantigen Stelen nicht gleich auf das eher rundlich belassene Grubenholz kommt, muss nicht verzweifeln. „Das ist künstlerische Freiheit“, sagt Josi Elstner und lächelt: „Eckig ist auch schön.“