Herdecke. Seit 22 Jahren organisiert Holger Steiner in Herdecke den Abenteuerspielplatz mit. Handys müssen hier gar nicht verboten werden

Am Grundstückszaun stehen Fahrräder. Von weitem schon ist Hämmern und Kindergeschrei zu hören. Für Holger Steiner ist der Abenteuerspielplatz in Herdecke Sommer-Alltag und Arbeitszeit. Er ist weiter mit Spaß dabei.

Ihr wievielter Abenteuerspielplatz ist das?

Der 22. in 22. Jahren. Nicht einmal durch Corona ist der Abenteuerspielplatz ausgefallen. Wir haben das durchgezogen, aber begrenzt bei der Anzahl der Kinder. Die Hygienevorschriften waren einzuhalten. Das hat die Sache natürlich nicht so entspannt gemacht wie hier jetzt, wo man alles so laufen lassen kann.

Wie spürt man in 22 Jahren auf dem Abenteuerspielplatz, dass man älter wird?

Ein Teil des Teams arbeitet hier schon genau so lange wie ich. Wir merken das Altern im Vorfeld natürlich an der Anzahl Paletten, die gesammelt werden müssen als Baustoff. Kurz nach Ostern kommen die, und dann muss jede einzelne Palette in die Hand genommen werden – und dabei werden die von Jahr zu Jahr schwerer, und im Rücken merkt man das sicherlich auch (lacht).

Gibt es diese „Karriere“: Vom Kind auf dem Abenteuerspielplatz zum Helfer auf dem ASP?

Von den zehn zusätzlichen Helfern, die wir angestellt haben, sind ein Teil unsere „Altjugendlichen“. Für die ist das ein ganz normaler Ferienjob. Auffällig auch: Unsere Mütter von heute, die jetzt mit ihren Kindern auf den Abenteuerspielplatz kommen, waren früher unsere Kiddies. Diese Verbundenheit ist auch für das Team immer besonders schön.

Der Abenteuerspielplatz ist in diesem Jahr auf dem Schulhof der abgerissenen Schule im Dorf, direkt daran hat sich früher das städtische Jugendzentrum für Ende angeschlossen. Mit welchem Gefühl schauen Sie dort hin?

Wir sind sehr froh, dass wir 2014 den Umbruch gemacht haben. Wir sind damals von zwei Jugendzentren hin zu einem großen, dem am Bachplatz, gegangen. Zwei weitere Kindereinrichtungen an den Schulen sind dafür hinzu gekommen. Das war die richtige Entscheidung – entsprechend ist der Schmerz nicht so groß. Geblieben sind trotzdem die vielen schönen Erinnerungen.

Wo waren die bisherigen Abenteuerspielplätze in Herdecke?

Angefangen haben soll wohl alles in einem Steinbruch. Dann war der ASP lange am Attenberg. Die letzten rund 15 Jahre gab’s die Budenstadt am Kalkheck. Weil dort gebaut wird, mussten wie in diesem Sommer ausweichen hier auf das Schulgelände.

Gibt es jedes Jahr ein neues Motto?

Wir versuchen das zumindest. So viele thematische Möglichkeiten beim Hüttenbauen gibt es ja nicht. In diesem Jahr haben wir die Achtziger Jahre genommen als Thema. Da gab es einiges an Spielen, das die Kiddies noch gar nicht kennen – wie Himmel und Hölle mit auf den Boden gemalten Flächen zum Springen.

Welche Änderungen beim Konzept hat es über die Jahre gegeben?

Mit dem Bau der Hütten sind die Kiddies in der ersten Wochen schon relativ weit. Dann bleibt es wichtig, sie den ganzen Tag über zu beschäftigen. Dem dient auch das Kreativzelt mit den verschiedensten Bastelangeboten wie dem T-Shirt-Druck.

Ist der Abenteuerspielplatz zu einer Gewohnheit geworden im sommerlichen Programmangebot oder würden Sie sagen, er ist nötiger denn je?

Ich bin der Meinung, er ist nötiger denn je. Etwa was die Digitalisierung angeht: Ich sehe hier kaum ein Kind mit Handy in der Hand. Die Kinder lieben einfach das Handwerken und das Spiel. Eine kleine Anekdote dazu: Gestern kam ein Opa und erzählte von seiner Enkeltochter, die nachts um Zwölf auf die Uhr geguckt und gefragt hat: Ich kann nicht schlafen. Ich möchte wieder zum Abenteuerspielplatz. Wann geht es denn los? Auf dem Platz findet natürlich auch Erziehung statt. Die Kinder müssen miteinander klar kommen. Sie lieben den ASP mehr denn je. Hier sind die Kinder noch Kinder.

Was brauchen die Kinder vom Team?

Wir sind insgesamt 15 Betreuerinnen und Betreuer. Dadurch haben wir vieles im Blick, können bei Bedarf schlichten oder einfach nur fragen, woran das Trübsalblasen liegt. Ansonsten dürfen die hier einfach machen. Der Umgang mit Säge und Hammer klappt meist gut. Ob der Nagel 30 Hammerschläge braucht oder mehr – wichtig ist: Die Kinder haben was Eigenes geschaffen.

Überall gibt es einen Fachkräftemangel. Gilt das auch, wenn die Stadt Herdecke ihr Team für den ASP sucht?

Einige Mitarbeiter sind schon seit Jahren dabei. Bewerbungen haben wir jedenfalls genug. Manche Bewerber waren schon selbst als Kinder bei uns. Ich denke, es gibt kaum ein Herdecker Kind, das vom Abenteuerspielplatz nicht zumindest schon mal etwas gehört hat.