Ennepe-Ruhr. Experten raten einen Schwerpunkt auf die energetische Sanierung der Gebäude zu setzen. Doch es gibt noch weitere Vorschläge.
Bis 2030 will der Ennepe-Ruhr-Kreis klimaneutral werden – ein ehrgeiziges Ziel, das er aller Voraussicht nach alleine kaum erreichen kann. Um Veränderungen anzustoßen, braucht es die Ideen und Unterstützung der vor Ort lebenden und arbeitenden Menschen. Daher lud der Klimaschutzmanager des Kreises, Dirk Vietmeier, am vergangenen Donnerstagabend zum ersten Klima-Dialog ins Ibach-Haus nach Schwelm ein.
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Handlungsempfehlungen aus unterschiedlichen Blickwinkeln
Gäste und Experten aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft waren gekommen. Belohnt wurden sie mit interessanten Einschätzungen und Handlungsempfehlungen aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln. „Auch wenn die Prognosen in Sachen Klimawandel düster klingen, will ich in erster Linie Mut machen! Und aufzeigen, warum es sich lohnt, am 1,5 Grad-Ziel festzuhalten“, steigt Dr. Steven März, der am Institut Wuppertal den Forschungsbereich Stadtwandel betreut, in den Abend ein.
Steigende Intensität von Starkregen-Ereignissen
Das der Klimawandel längst in Deutschland angekommen sei, macht er vor allem an den immer heißer werdenden Sommern und der steigenden Intensität von Starkregen-Ereignissen fest. Nur was können Kommunen und Kreise tun? „Der Gebäudesektor ist für rund 25 Prozent der Treibhausgasemission verantwortlich“, erklärt März. Seine Empfehlung: in die energetische Sanierung von Gebäuden zu investieren. Zudem würde das im Vergleich zum Neubau weniger Fläche und Ressourcen verbrauchen. Auch im ÖPNV gäbe es große Potenziale. Das Auto zu vermeiden, sorge nicht nur für weniger Emissionen, sondern würde auch auf betonierte Parkplätzen Raum für Grünflächen in städtischen Bereichen schaffen. „Haben sie Mut zur Veränderung, auch auf politischer Ebene“, appelliert er zum Abschluss an die Anwesenden.
Modernisierung der Schulen
In Sachen Gebäudesanierung sieht der Kreis sich gut auf Kurs. „Bereits seit einigen Jahren bringen wir die Kreisliegenschaften auf die Höhe der Zeit. Angefangen bei der Modernisierung der Schulen in Kreisträgerschaft steht jetzt die dringend notwendige Sanierung des Kreishauses – nicht nur aus Klimaschutzgründen - auf der Agenda“, so Landrat Olaf Schade. Doch es müssen nicht immer die großen Projekte sein, um etwas für das Klima zu tun. „Seit diesem Jahr können Beschäftigte des Kreises Diensträder leasen und sie für den Weg zur Arbeit oder in der Freizeit nutzen“, freut sich Schade über mehr Attraktivität als Arbeitgeber aber auch die Förderung von nachhaltiger Mobilität. Erste kleine Erfolge verzeichnet auch Klimamanager Vietmeier bei der Analyse seiner Klimadaten. „Insgesamt sind die Treibhausgasemissionen in den vergangenen Jahren im Kreis leicht rückläufig. Trotzdem ist da noch viel mehr nötig“, erläutert Vietmeier.
Unterstützung
Vor allem der Verbrauch von fossilen Energieträgern müsse in Zukunft deutlich reduziert werden, um an den ehrgeizigen Klimazielen festhalten zu können. Unterstützung auf ihrem Weg zu mehr Klimaschutz erhalten Kommunen und Unternehmen auf Wunsch auch bei der Landesgesellschaft für Energie und Klimaschutz NRW.Energy4Climate, welche die Klimanetzwerkerin Claudia Mahneke an diesem Abend vorstellt. Neben einigen erfreulichen Nachrichten für das Klima, wie das die Menge des im EN-Kreis erzeugten Stroms aus erneuerbaren Energien in den letzten Jahren leicht gestiegen ist, hat Geschäftsführer der AVU Serviceplus GmbH Thorsten Coß aber auch eine ernüchternde Prognose für die Immobilienbranche im Gepäck: „Auch wenn eine maximale energetische Optimierung von Wohngebäuden mittelfristig unvermeidbar bleibt, werden die bisherigen Wirtschaftlichkeitsberechnungen nicht mehr als Maßstab dienen können“, so Coß. „Die Kluft zwischen vermietbaren und kaum vermietbaren Objekten wird zunehmen“.
Ernste Herausforderung
Eine Einschätzung, die auch Alexander Rychter, Vorstand und Verbandsdirektor Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Rheinland Westfalen e.V., teilt. „Energieeffizienter, altersgerechter und bezahlbarer Wohnraum für alle Menschen sollte auch in Zukunft im Zentrum der Wohnungswirtschaft in NRW stehen, aber die explodierenden Bau- und Energiekosten sowie der massive Fachkräftemangel werden dabei zunehmend zur ernsten Herausforderung“, so Rychter.
Seit 2020 ist er Ansprechpartner und Koordinator in Sachen Klimaschutz im Kreis: Dirk Vietmeier arbeitet daran, die im Klimaschutzkonzept für den EN-Kreis beschlossenen Ideen umzusetzen und weiterzuentwickeln. Priorität haben für den 55-jährigen Diplom-Geografen die Förderung nachhaltiger Mobilität, der Ausbau der Solarenergie und die Vernetzung mit anderen Klimaschutzakteuren.