Herdecke. Widersprüchliche Verkehrsschilder an einem Tunnel in Herdecke verunsichern Lkw-Fahrer und Anwohner
Vom Schein-Riesen in der Geschichte von Jim Knopf und Lukas, dem Lokomotivführer, ist das Phänomen bekannt: Nähert man sich dem freundlichen alten Herrn, beginnt er zu schrumpfen. In Herdecke scheint das bei einem Tunnel der Fall zu sein. Jedenfalls ist die Durchfahrhöhe in die eine Richtung einen halben Meter niedriger angegeben als in die Gegenrichtung. Ein Schein-Problem? Für ein paar Anwohner im Bereich des Nacken jedenfalls nicht.
3,80 Meter hoch dürfen Fahrzeuge sein, die auf der Wetterstraße Richtung Wetter unterwegs sind und den Tunnel unter der Eisenbahnlinie passieren wollen. Fahren sie auf diesem Weg zurück, ist bei 3,30 Meter Höhe Schluss. Das sagt zumindest das Schild am Tunneleingang. Natürlich ist der Tunnel zwischendurch nicht geschrumpft. Aber Schild ist Schild.
Die unterschiedlichen Höhenangaben haben etwas mit dem Querschnitt des Tunnels zu tun. Die Röhre ist nach oben hin kein einfaches Halbrund. Die Form gleicht mehr einem Ei. Bei Begegnungsverkehr würde das bedeuten, dass ein Fahrzeug auf der flacheren Seite nicht so hoch sein darf wie das auf der Seite mit der höheren Wölbung. An dem Tunnel unter der Eisenbahn in Herdecke aber ist das bloße Theorie.
Die Röhre ist nicht besonders breit, zwei Personenwagen können sich darin begegnen. Ein Pkw und ein Lkw aber nicht. Also können Lastwagen den Tunnel nur befahren, wenn sie allein sind. Dann aber können sie sich den Weg in der Röhre selbst aussuchen, und in beiden Fahrtrichtungen ist die optimale Höhe gleich hoch: 3,80 Meter.
Mail vom Mai 2022 unbekannt
Bisher hat es keine Nachfrage zu den unterschiedlichen Höhen gegeben, heißt es beim Landesbetrieb Straßen NRW. Bisher lag der Tunnel aber auch nicht auf der einzigen ausgeschilderten Ausweichstrecke, die Lkw wegen der Großbaustelle in Wetter über Herdecke nehmen müssen. Mit dem verstärkten Schwerlastverkehr nimmt auch die Ratlosigkeit der Lkw-Fahrer zu. Das hat jedenfalls Leser Peter von den Bergen berichtet. Im Wohnbereich „Am Nacken“ – da ohne Höhenbegrenzung – werde eine Ausweichstrecke gesucht.
Bei der jetzigen Beschilderung verweisen Stadt Herdecke und Straßen NRW jeweils auf den anderen. Die Stadt ordne an, Straßen NRW stelle auf, heißt es beim Landesbetrieb für die Straßen. Im Prinzip richtig, sagt die Stadtverwaltung. Im speziellen Fall aber habe der Landesbetrieb „die angeordneten Höhen aufgrund der örtlichen Gegebenheiten, die für die beiden Fahrtrichtungen unterschiedlich sind, festgestellt“, so die Auskunft aus dem Rathaus.
Im Mai des vorigen Jahres will von den Bergen die Stadt Herdecke bereits per Mail auf die erklärungsbedürftige Beschilderung hingewiesen haben. Bei der Stadt ist keine entsprechende Mail gefunden worden, heißt es auf Nachfrage. Damals war noch nicht im Gespräch, dass die Lastwagen aus dem Schöntal in Wetter ihren Weg durch Herdecke nehmen müssen. Seit Anfang Dezember ist das jetzt so. Das hat der Leser seitdem beobachtet: „Ortsunkundige Lkw-Fahrer halten verunsichert vor der Tunneldurchfahrt und suchen nach einem Umweg durch ein Wohngebiet am Nacken.“
Die Stadt Herdecke weiß nichts davon, dass Brummi-Fahrer verstärkt auf einem Schleichweg den plötzlich zu niedrigen Tunnel umfahren wollen. Allerdings sichert sie zu, den Sachverhalt beim Landesbetrieb Straßen NRW noch einmal überprüfen zu lassen.