Wetter. Im Keller von Familie Klemt lagert eine Kiste mit Hygieneartikeln und eine mit haltbaren Lebensmitteln. Notfall-Vorrat. Energie wird auch gespart.

„Schon seit Ausbruch der Pandemie haben wir zwei sogenannte Corona-Kisten“, sagt Miriam Klemt. „In einer sind Hygieneartikel wie Toilettenpapier, Tempos und mehr. In einer weiteren sind Haferflocken, Mehl, Zucker, Dosenbrot, Knäcke, Zwieback, Nudeln, Ravioli und ganz wichtig: Kaffeebohnen, die wir zur Not auch mit der Hand mahlen können.“ Diese Kisten rühre niemand an, so die Wetteranerin. Nur dann, wenn sie anhand der Liste mit den Ablaufdaten feststelle, dass etwa die Reispakete mal durch neuere ersetzt werden müssen. Insofern sei sie schon ganz gut für Krisen und Notfälle gerüstet.

Kampagne des Regionalverbands

In diesen Tagen startet der Regionalverband Ruhr mit den dazugehörigen 53 Kommunen im Ruhrgebiet die Kampagne #besserbereit, um Bürgerinnen und Bürger aufmerksam zu machen und ihnen umfassende Informationen und detaillierte Checklisten zu geben, wie sie sich auf Notlagen vorbereiten können und sollen. Ein Bestandteil ist etwa das Anlegen von Lebensmittel- und Wasservorräten für zehn Tage.

Campingkocher und Kartuschen

„Ich habe mir die aktuellen Listen angeschaut und die Vorräte für unseren Haushalt angepasst“, sagt Miriam Klemt. Ehemann Ralf hatte die von ihr bereits angelegten Vorratskisten noch um zwei Campingkocher und 30 Gaskartuschen ergänzt. „Er hat auch einen Petroleumkocher und zwei Powerbanks besorgt“, so die 56-Jährige. Drei Kisten Mineralwasser stehen ebenfalls unangetastet neben den Vorratskisten. „Normalerweise kaufen wir sowas nicht, weil wir einen Streamer haben und Leitungswasser trinken. Aber hier im Keller gibt es neben dem Mineralwasser auch noch etwas anderes zu trinken“, sagt die Wetteranerin schmunzelnd und deutet in eine Ecke mit Saft, Wein und Sekt. Wenn überhaupt, meint sie, würde sie noch ein paar Wasserkanister befüllen.

Decke und Vorhang

Der Haushalt der Familie Klemt ist nach dem Auszug der beiden Töchter auf zwei Personen plus Großmutter im Nachbarhaus geschrumpft. „Meine Schwiegermutter ist 79. Die versorge ich mit. Dort ist übrigens die Heizung auch schon angestellt, bei uns noch nicht“, sagt sie. Das Thermometer auf dem Küchentisch zeigt 19,5 Grad. „So warm ist es nur, weil ich gerade gebacken habe“, meint die Wetteranerin. Morgens, wenn sie vor der Arbeit nur kurz in der Küche frühstücke, drehe sie die Heizung nicht extra höher: „Dann nehme ich die Decke, die ich mir extra auf die Eckbank gelegt habe.“ Auch den Windfang vor der Haustür hat sie mit einem Vorhang vom Flur abgetrennt, um Wärme im Haus zu halten bzw. Kälte nicht hereinzulassen.

Ressourcen sparen

Ob sie sich aktuell ernsthaft Sorgen mache? „Die ganze Situation macht einem schon Angst, aber irgendwie ist das alles noch nicht so greifbar. Vielleicht geht es uns noch zu gut. Wir haben am Ende des Monats noch Geld, aber es gibt Menschen, denen es anders geht.“ Und ernsthaft Sorgen mache sie sich, wenn überhaupt, eher um ihre Kinder und Enkelkinder.

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„Der Gaspreis ist ja das Erste, was man gemerkt hat. Und in den Regalen fehlt jetzt öfter mal was, wo es sonst eine Riesenauswahl vom selben Artikel gab. Zum Beispiel von Tempoboxen. Jetzt muss man nehmen, was da ist.“ Vor einem Jahr habe sie ihre Vollzeitstelle als Diätassistentin gekündigt und auf zwölf Stunden reduziert, um ihre Schwiegermutter und auch die eigene Mutter (84) zu unterstützen. „Noch mal würde ich das nicht tun“, betont sie. Im Übrigen gehe sie donnerstags, an ihrem halben Arbeitstag, vom Harkortberg zu Fuß zur Arbeit nach Hagen-Vorhalle. „Das spart Ressourcen.“ Dienstags schaffe sie den Weg zu Fuß leider nicht, weil sie nach der Arbeit noch zur Chorprobe nach Wengern müsse.

Taschenlampe mit Handbetrieb

Doch noch einmal kurz zurück zu den Vorräten im Hause Klemt, wo im Keller auch noch zwei prall gefüllte Tiefkühltruhen stehen. „Wenn der Strom ausfallen sollte, muss das aus den Truhen natürlich zuerst gegessen werden. Und wir würden auch was an andere abgeben, bevor es schlecht wird“, beteuert die Wetteranerin. Apropos Stromausfall: Auch für den Fall hat Ehemann Ralf vorsorglich eine Taschenlampe mit Handbetrieb angeschafft – und Kerzen.

Hintergrund: Die Kampagne #besserbereit

Nicht nur die Sorge vor horrenden Kosten, sondern auch vor Energie-Engpässen treibt viele Menschen um. Rechtzeitig zu Beginn der kalten Jahreszeit startet der Regionalverband Ruhr (RVR) deswegen jetzt mit Plakaten und Postkarten die Kampagne #besserbereit. Demnach sollen Bürger sich auf Notlagen vorbereiten.

53 Kommunen

„Der Ennepe-Ruhr-Kreis beteiligt sich wie alle 53 Kommunen im Ruhrgebiet, die das gemeinsam finanzieren“, sagt Franziska Horsch von der Pressestelle des Kreises. „Der RVR hat alle Informationen auf seiner Homepage gebündelt – etwa wie man sich bei einem Stromausfall verhält. Man findet Checklisten und Tipps. Auf der Homepage des Kreises wird man auch dorthin geleitet. Und Banner werden auch an kreiseigenen Gebäuden aufgehängt – etwa an Jobcentern, Zulassungsstellen, Schulen“, so die Kreissprecherin weiter.

Kreisbrandmeister: Keine Panik schüren

Kreisbrandmeister Rolf-Erich Rehm, an Ennepe und Ruhr zuständig für den Bevölkerungsschutz, dazu: „Wir haben das Problem, dass wir nicht wissen, ob aus der Gas- auch eine Stromkrise wird. Wenn etwa alle auf einmal ihren Heizlüfter anstellen und das Netz zusammenbricht. Im Katastrophenschutz heißt es: Wenn ich nicht genau weiß, ob etwas passiert, sollte ich mich vorbereiten. Das ist auch der Ansatz der Kampagne.“ Es gehe nicht darum, Panik zu schüren, sondern „den Menschen zu vermitteln: Wenn mal einen Tag der Strom wegbleibt, seid bitte vorbereitet. Denn Rettungsdienst, Feuerwehr und Katastrophenschutz haben dann genug zu tun, um dringendste Notfälle abzuarbeiten“. Hierzulande seien Menschen es nicht gewohnt, dass es mal eine Nacht ganz dunkel bleibe. Für solche Fälle sollte man Kerzen, noch besser Teelichter, Wasser und was zu essen im Haus haben. „Und bitte nicht die Notrufnummern 110 und 112 anrufen, um zu fragen, wie lange der Stromausfall dauert. Falls das Handy dann noch geht“, ergänzt Rolf-Erich Rehm.