Herdecke. Jonas Kettling war schon einmal gut im (Film-)Geschäft, als den neuen Mitarbeiter der Stadt Herdecke eine ganze andere Aufgabe lockte
Starkregen und heiße Sommer – die Herdecker erleben den Klimawandel hautnah. Wie soll eine Stadt auf diese Veränderungen reagieren? Mit einer Stelle: Seit dem 1. August ist die Position eines Klimaanpassungsmanagers besetzt. Jonas Kettling hat die Aufgabe mit Schwung übernommen.
Sie haben beruflich nicht als Klimaanpassungsmanager angefangen, sondern vorher etwas ganz anderes gemacht…
Jonas Kettling: Ja, ich war Aufnahmeleiter bei Film und Fernsehen und habe unter anderem beim „Tatort“ gearbeitet. Insgesamt waren das drei Jahre. Dann habe ich noch einmal einen ganz neuen Weg eingeschlagen und Geografie studiert.
Sie müssen ziemlich jung gewesen sein, als Sie das Filmen geschmissen haben, und waren Sie nicht schon ziemlich weit gekommen?
25 war ich, als ich gewechselt habe zum Geografie-Studium. Ich wollte einfach noch mal in eine ganz andere Richtung gehen. Sicherlich geht es bei Film und Fernsehen schnell nach oben, wenn man die richtigen Leute kennt. Aber es gab dann auch einiges, was mich dazu bewegt hat, Geografie zu studieren.
Gab es ein Schlüsselerlebnis, das letztlich zu dem Wechsel in die Klimaanpassung geführt hat?
Zunächst habe ich in der Stadtplanung gearbeitet und mich dabei für die gebaute Umwelt interessiert, aber auch für die Natur. Ich laufe sehr viel, auch Halbmarathon. Da nimmt man die Natur und die Bebauung wahr. Und auch bei Filmsets ist man ja jeden Tag woanders und interessiert sich für seine Umgebung. Da wollte ich einfach wissen, wie alles zusammen hängt, der Mensch und die Natur.
Ist es Ihnen schwer gefallen, wieder zurück zu gehen ins Studium?
Man braucht natürlich inneren Mut und einen starken Willen, um das durchzuziehen. Bei Geografie und Klima habe ich dann schnell gemerkt, dass mir das innerlich entspricht und für mich genau das Richtige ist.
Sie waren zwei Jahre in Heilbronn in der Stadtplanung beschäftigt. War das so eine typische geförderte und entsprechend befristete Stelle?
Ich habe mich aus dieser Stelle in der Flächennutzungsplanung in Herdecke beworben. Die zwei Jahre waren Zufall.
Sie sind in Hagen groß geworden. Gab es Verbindungen über die Ruhr nach Herdecke?
Früher bin ich oft in der Freizeit hier her gekommen und habe dabei den Zugang zur Ruhr geschätzt oder auch die Gelegenheit zum Fußballspielen und Schwimmen.
Einen Monat arbeiten Sie jetzt in Herdecke und haben sich vermutlich einen ersten Überblick verschafft. Wo möchten Sie ansetzen?
Ich setze ein vorhandenes Klimaanpassungskonzept von über 100 Seiten um. Die wichtigsten Dinge haben wir alle in den letzten Monaten gemerkt. Klima ist ja immer auch mit dem Wetter verbunden, ich sage immer: Klima ist die Statistik vom Wetter. Wir haben gerade eine sehr starke Hitze- und Dürreperiode hinter uns. Dafür kann ich den Hitzeaktionsplan als Teil des Klimaanpassungskonzepts aufgreifen. Es geht dabei um langfristige Maßnahmen, was die Bebauung angeht oder die Gestaltung von Straßen und Plätzen. Ich muss aber auch Bewusstsein schaffen für die Themen und die Maßnahmen, die künftig umgesetzt werden sollen.
Im Umweltausschuss ist deutlich geworden, wie viele Hoffnungen von Politikerinnen und Politikern in ihre Arbeit gesetzt werden. Bekommt man da nicht Angst, zu enttäuschen?
Man muss einen gesunden Respekt vor der Aufgabe haben. Geduld gehört dazu, und natürlich nach vorne gucken. Wenn man viel vor hat, ist es wichtig, auch strukturiert vorzugehen nach den lokalen Gegebenheiten. Zu schauen ist immer, welche Maßnahme zu Herdecke auch passt.
In Herdecke ist die Stelle in der Klimaanpassung befristet. Ist es aus Ihrer Sicht an der Zeit, diese Aufgaben endlich aus den üblichen Befristungen heraus zu holen?
Klimaanpassung ist ein noch vergleichsweise neues Feld für die Städte. Oft bearbeiten Klimaschutzmanager die Klimaanpassung mit. Die Konzentration auf die Anpassung in Herdecke ist schon eine Besonderheit. Aber: Es ist unumgänglich für die Städte, dass Klimaschutz und Klimaanpassung mit in der Verwaltung etabliert sind.
Wie lange wird es dauern, bis es in den Städten ganze Ämter mit festen Stellen für Klimaschutz und Klimawandel gibt?
Das kann ich nicht entscheiden…
Aber vielleicht einschätzen...
Es wird auf die Größe der Stadt ankommen, auch auf die Betroffenheit vom Klimawandel. Da muss jede Stadt für sich eine Antwort finden.
Klimaanpassung braucht Kompetenz, die bei Ihnen ja jetzt zu finden ist, sie braucht aber auch politische Wegbereiter. Haben Sie schon mal daran gedacht, selbst Politik zu machen?
Die Politik gibt natürlich die Rahmenbedingungen vor. Ich selbst sehe mich aber in der Verwaltung.
Sie sind vom Film zur Verwaltungsarbeit gewechselt. Schlummern da in Ihnen vielleicht noch andere Lebensentwürfe?
Nein. Ich weiß: Das ist es jetzt. Der Job ist in die Zukunft gerichtet, und ich selbst arbeite mit Zukunftsvisionen. Hier sehe ich meine Aufgabe.
Bürgermeisterin freut sich über Neuzugang
Jonas Kettlings Stelle als Klimaanpassungsmanager ist auf zwei Jahre befristet und wird im Rahmen der Nationalen Klimaschutz-Initiative (NKI) zu 100 Prozent aus Fördergeldern des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) finanziert.
„Klimaschutz und die Frage, wie wir uns und unsere Stadt an das veränderte Klima anpassen, sind ganz wichtige Themen unserer Zeit. Deswegen bin ich sehr froh, dass wir mit Jonas Kettling einen engagierten und kompetenten Kollegen einstellen konnten, der uns als Stadtverwaltung bei diesen Themen unterstützt“, lobt Bürgermeisterin Dr. Katja Strauss-Köster den Neuzugang.
Erreichbar ist Jonas Kettling unter jonas.kettling@herdecke.de sowie telefonisch unter 02330-611318.