Wetter. Besondere Geschmacksnoten erfordern ungewöhnliche Reifeprozesse. Welche Rolle dabei ein süßer Weißwein spielt, berichtet Gin-Produzent Axel Kähne.

Nach zwei Monaten gab es den ersten Probeschluck, nach vier Monaten den nächsten. Schließlich sollte es aber noch weitere zwei Monate dauern, bis der neue Ruhr-Gin Barrique seine Erfinder Axel Kähne und Alexander Hilmer gleichermaßen begeisterte. Dabei waren sie davon ausgegangen, dass sie ihren ersten Tropfen, den Ruhr-Gin, nicht mehr würden toppen können.

Etwa anderthalb Jahre ist es her, dass die beiden Wetteraner ihren Ruhr-Gin vorstellten. Der ist zweifach destilliert und mit 15 verschiedenen Botanicals wie Angelikawurzel, Himbeerblüte und Lindenblätter und anderen angereichert. Ende Januar reichten Hilmer und Kähne ihren 40-prozentigen Gin, der seine Herkunft im Namen trägt, bei den Craft Spirit Awards 2021 in Berlin in der Kategorie „Best Western Gin“ ein. Und holten die Bronze-Medaille. „Danach haben wir gedacht, das lässt sich nicht mehr steigern. Und wollten deswegen was anderes machen. In den Listings des Spirit Awards hatten wir allerdings gesehen, dass nur ganz wenige im Fass gelagerte Gins dabei waren“, erzählt Axel Kähne. Und erklärt: „Man kann aufgrund des Holzgeschmacks auch den Geschmack des Gins beeinflussen. Bei Whiskey nimmt man oft Rotwein- oder Sherryfässer. das wäre aber für unseren Gin, der ohnehin schon leicht süßlich ist, die falsche Richtung gewesen. Die würde den Geschmack total verfälschen.“ Aus der Destillerie im Sauerland sei schließlich der Vorschlag gekommen, ein Eichenfass, in dem ein Weißwein mit lieblicher bis süßer Note gereift sei, zu verwenden.

Rebsorte Moscat gibt Note

Dieser Vorschlag kam an. „Wir haben ein Eichenfass erworben, in dem vorher ein Wein der Rebsorte Moscat, also ein sehr süßer Wein, lagerte. Das war am 8. August. Einen Tag später ließen die Wetteraner einen Gin brennen, so dass die knapp 100 Liter am 10. August ins Fass gefüllt werden konnten. „Es musste alles schnell gehen, denn solch ein Fass darf nicht lange leer bleiben, sonst gehen die Aromen verloren“, erklärt Kähne. Ab da hieß es dann: Warten. „Das Schwierige ist, dass man keine Ahnung hat, was passiert. Es hätte durchaus sein können, dass wir nach zwei Monaten einen Probeschluck nehmen und feststellen: schmeckt nicht.“ Doch als es im Oktober soweit war, sei er „sehr positiv beeindruckt“ gewesen, so Kähne. Aber der Gin sollte weiter reifen. Nach vier Monaten fiel die Entscheidung, weitere acht Wochen abzuwarten. „Dann sind Alexander und ich gemeinsam zur Destillerie gefahren. Und waren beide gleichauf begeistert. Wir waren uns aber auch einig, dass er nicht noch länger in dem Fass bleiben sollte, sonst gehen Aromen von Tonkabohne und anderen verloren bzw. treten zu sehr in den Hintergrund. Dann würden Wein- und Holzgeschmack zu sehr dominieren“, so Axel Kähne.

Experiment geglückt: Nach sechs Monaten Reifezeit im Eichenfass wurde der Ruhr-Gin Barrique abgefüllt. Die nächste Charge ist bereits gebrannt und lagert schon im selben Fass. „Bis zu drei Mal kann man das Fass befüllen. Aber der darin gelagert Gin schmeckt nicht jedesmal gleich. Der Gin der zweiten und dritten Fassabfüllung wird nicht so schmecken wie die erste. Deswegen haben wir die Etiketten durchnummeriert. Vom Jahrgang 2022 gibt es exakt 177 Flaschen“, so Kähne. Apropos Etikett: Dem Design ihres Ruhr-Gin sind Kähne und Hilmer auch für den Barrique treu geblieben. Wegen des Wiedererkennungswertes. Aber statt Schwarz findet sich nun viel Gold.

Hier gibt es den edlen Tropfen

Zu haben ist der Neue für 44,90 Euro halber Liter bei ausgesuchten Einzelhändlern (u.a. Vinothek und Bücherstube Draht im Bismarck-Quartier, il podere del vino, Schmiedestraße 30) und in ihrem kleinen Online-Shop. Für den mussten Kähne und Hilmer übrigens die Hälfte der Erstauflage reservieren, „damit wir unsere Kunden in Hamburg, Berlin und München beliefern können“. Denn nachdem ihr Ruhr-Gin sich richtig gut verkauft hatte, wollten Einzelhändler bzw. Wiederverkäufer gleich so viel vom neuen Barrique ordern, dass für die weiter entfernt wohnenden Kunden nicht mehr viel übrig geblieben wäre. Und eine Flasche Ruhr-Gin Barrique ist zudem für einen ganz besonderen Zweck reserviert: „Die schicken wir im Januar zu den Craft Spirit Awards 2023. Mal schauen, wie wir damit abschneiden.“