Wetter. Die Landstraße 675 zwischen Wetter und Herdecke ist seit Montag wieder frei, der Ruhrtalradweg darunter bleibt wegen Steinschlaggefahr gesperrt.

Überrascht haben Autofahrer an diesem Montag festgestellt, dass sie die Landstraße 675 zwischen Wetter und Herdecke tatsächlich wieder nutzen konnten. Zum dritten Mal seit Februar 2020 standen diese Verkehrsroute entlang des Harkortsees und der daneben liegende Ruhrtalradweg wegen Hangarbeiten für einen längeren Zeitraum nicht zur Verfügung.

Erfreulich: Aktuell ließ sich die Sperrung für den Kfz-Verkehr auf zwei statt prognostizierter vier Wochen verkürzen. Weniger erfreulich: Die Rodungsarbeiten zwischen dem 29. November und 13. Dezember dienten nur der Vorbereitung, 2022 steht die eigentliche Sicherung eines weiteren Hangs unterhalb des Ehrenmals auf der Agenda der Stadt Wetter. Das bedeutet: Womöglich müssen Pkw, Pedaltreter und Fußgänger dann erneut Umleitungen in Kauf nehmen. Zum vierten Mal in zwei Jahren.

Gutachten der Ahlenberg Ingenieure

Nach der Fällaktion hat der Geologe Max Wette von den Ahlenberg Ingenieuren aus Herdecke die nun frisch gerodete Fläche am Harkortsee an diesem Mittwoch inspiziert. Nach seinen Untersuchungen, bei denen er Unterstützung vom Kletterer Christian Schimpf erhielt, steht fest: Aus Sicherheitsgründen bleibt der rund 120 Meter lange Abschnitt am Ufer (vom Kanuclub in Richtung Herdecke) weiter gesperrt, wie die Stadt Wetter am Nachmittag mitteilte. Grund: Passanten auf dem Ruhrtalradweg wegen drohenden Steinschlags zu schützen. Es bestehe weiterhin eine „Gefahr für Leib und Leben“, sagt Baufachbereichsleiterin Birgit Gräfen-Loer.

Während der Begutachtung kam jetzt als erstes Ergebnis heraus, dass die Steinschlaggefahr weitere Maßnahmen „unumgänglich machen“, die Stadt Wetter spricht von „akutem Handlungsbedarf“. Die Verwaltung wartet nun auf ein Gutachten der Herdecker Fachleute, das voraussichtlich Anfang des nächsten Jahres vorliege. „Auf dessen Basis prüfen wir, welche weiteren Maßnahmen wir zur Sicherung des Hanges angehen müssen. Da der Umfang der Arbeiten oder die Kosten noch völlig unklar sind, stehen derzeit auch noch keine Mittel im Haushalt 2022 bereit “, sagte Gräfen-Loer bei einem Treffen mit Leonard Gashi von den Ahlenberg Ingenieuren.

Der hatte schon die Vorbereitungen zur großen Hangsicherung in diesem und letzten Jahr begleitet, als Experten im Auftrag von Straßen NRW schützende Netze und Zäune oberhalb der Strecke vom Ortsausgang Wetter bis hinunter ins Zillertal montierten. „Einige Erkenntnisse daraus können wir wahrscheinlich auch für die Maßnahme 2022 nutzen, schließlich handelt es sich um den gleichen Felsen“, erklärt Leonard Gashi.

Hangsicherung am Harkortsee in Wetter: Der Geologe Max Wette (weißer Helm) von den Ahlenberg Ingenieuren aus Herdecke untersucht die gerodete Fläche unterhalb der L675, Kletterer Christian Schimpf unterstützt ihn.
Hangsicherung am Harkortsee in Wetter: Der Geologe Max Wette (weißer Helm) von den Ahlenberg Ingenieuren aus Herdecke untersucht die gerodete Fläche unterhalb der L675, Kletterer Christian Schimpf unterstützt ihn. © Steffen Gerber

Ein im wahrsten Sinne des Wortes großer Unterschied: Der aktuell noch zu sichernde Hang ist mit rund 3500 Quadratmetern deutlich kleiner als die darüber liegende Fläche. Auch Gemeinsamkeiten lassen sich erkennen. Hier wie dort gab es bereits Netze, Zäune und Verankerungen, die herabfallende Steine aufhalten sollten. „Das ist aber in die Jahre gekommen und unvollständig, deshalb muss das jetzt erneuert werden“, sagt Gräfen-Loer. „Früher wurden solche Orte nicht als Bauwerk betrachtet“, ergänzt Gashi und erklärt damit, dass künftig regelmäßige Überprüfungen zwecks Instandhaltung dieser Stellen anstehen. Der Stadtbetrieb Wetter kann sich nach Abschluss der Sicherungsarbeiten auf ein engmaschiges Monitoring einstellen.

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Zukunftsmusik. Noch kann auch niemand sagen, ob für die Schutzvorkehrungen Landstraße und Uferweg oder nur eine von den beiden Verbindungen gesperrt werden müssen. Das wichtige Gutachten gebe dann zudem Anhaltspunkte, wie lange die Bauarbeiten dauern könnten. „Es wäre schön, wenn sich der Hang kleinteilig sichern ließe. Wir haben das Bestreben, dass die L675 offen bleibt und die Arbeiter von unten zugreifen können. Das ist aber ungewiss“, sagte Birgit Gräfen-Loer nun beim Ortstermin.

Sanierung der Ender Talstraße berücksichtigen

Eine Mescheder Firma konnte die Rodungsarbeiten jetzt früher abschließen als angenommen, obwohl sich am besagten Hang reichlich „Kleinzeug“ befand. Die Fachleute platzierten einen Autokran oben auf der Landstraße 675, um dort das Holz häckseln zu können. Das wäre unten am Ruhrtalradweg den Angaben zufolge nicht möglich gewesen.

Bei der Hangsicherung am Harkortsee spielt auch die Ender Talstraße eine Rolle. Die will der Landesbetrieb ab Mitte Januar 2022 sanieren. In dieser Zeit soll die L675 zur Verfügung stehen.

Den nahm für den Stadtbetrieb Wetter Andy Ladwig wahr. Der betonte, dass trotz der scheinbar veralteten Sicherung „nach unserer Kenntnis hier bisher noch nie jemand zu Schaden kam“. Kaum hatte er den Satz ausgesprochen, tauchten Fußgänger und Radfahrer auf, die die Sperrung ignoriert hatten und am Uferweg von Herdecke nach Wetter entlang wollten. Auf die Hinweise, dass dies wegen der Steinschlaggefahr lebensgefährlich sei, reagierte die Mehrzahl gleichgültig. „Andernorts gibt es auch Risiken...“