Wetter/Hagen. Der 26-Jährige, der durch die Wohnungstür auf eine Polizistin geschossen hat, kommt nicht frei. Und eine Bewährungsstrafe ist unwahrscheinlich.

Er hatte den Einsatz eines SEK ausgelöst und durch die Wohnungstür auf eine Beamtin (41) geschossen. Dann sprang der Mann (26) spektakulär aus dem Fenster seiner Wohnung an der Heinrich-Kamp-Straße gut drei Meter in die Tiefe. Das alles hätte den Wetteraner vielleicht sogar nur eine Bewährungsstrafe eingebracht, denn er benutzte lediglich eine Softair-Pistole. Doch jetzt kommt noch dieser Rauschgift-Fund hinzu, der ihn für Jahre hinter Gitter bringen könnte.

Haftprüfungstermin

Amtsgericht Hagen, Haftprüfungstermin. Auf dem Flur steht Verteidiger Ingo Kramer und tröstet die ehemalige Lebensgefährtin des kahlköpfigen Mannes, der in Untersuchungshaft bleiben muss. Das hatte soeben die Haftrichterin hinter der verschlossenen Tür entschieden. Die Ex-Freundin davor hatte bis zuletzt gehofft, dass ihr Ex-Freund, mit dem sie sich nach wie vor gut versteht, nach knapp vier Woche auf freien Fuß kommen könnte. Vergeblich. Er bleibt drin.

Der Paketdiebstahl

Zur Erinnerung: Das Drama hatte eine Vorgeschichte. Ein Zustellerfahrzeug der Deutschen Post stand am Donnerstag, 7. Oktober, an der Kaiserstraße, Ecke Tiefer Weg, als der Beschuldigte daran vorbeikam und ein Paket daraus entwendete. Der Zusteller, der den Diebstahl beobachtet hatte, machte eine Polizeibeamtin, die sich zufällig in der Nähe aufhielt, auf den Vorfall aufmerksam. Als der Paketdieb bemerkte, dass er gestellt werden sollte, versuchte er zu flüchten. Doch die Polizistin und ein Passant (65) hielten ihn fest.

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Dabei leistete der 26-Jährige heftigen Widerstand. Es kam zu einer Rangelei, der Wetteraner stürzte auf den Bürgersteig, wo ihm von zwei herbeigeeilten Polizeibeamten Handschellen angelegt wurden. Bei seiner Festnahme hatte sich der Paketdieb leicht im Gesicht verletzt. Auch die Polizisten waren durch die heftige Gegenwehr des Wetteraners leicht verletzt worden.

Drogen sichergestellt

Bei der Durchsuchung des Beschuldigten konnten eine geladene Schreckschuss-Pistole und Amphetamine sichergestellt werden. Zur Behandlung seiner Verletzungen wurde er in ein Krankenhaus gebracht. Dort wurde ihm auch eine Blutprobe entnommen. Denn offensichtlich stand er unter Einfluss von Drogen. Danach ging es ins Polizeigewahrsam nach Hattingen.

SEK stürmt das Haus

Nur vier Tage später, am Montag, 11. Oktober, wurde derselbe Mann wieder auffällig. Diesmal ganz heftig: Weil er trotz Kündigung seine Wohnung an der Heinrich-Kamp-Straße nicht verlassen wollte, sich darin verbarrikadierte und aggressiv verhielt, hatte der Vermieter die Polizei alarmiert. Weil sich die Situation zuspitzte, erschienen gegen Nachmittag Sondereinsatzkräfte (SEK) und stürmten das Mehrfamilienhaus. Dann fielen Schüsse.

Der Schusswechsel

Im Hausflur kam es zu einem Schusswechsel zwischen dem Tatverdächtigen und der Polizei: Kurzzeitig war die Wohnungstür geöffnet und daraus in Richtung einer Polizeibeamtin (41) geschossen worden. Die Beamtin erwiderte mit einem Schuss aus ihrer Dienstwaffe. Verletzt wurde niemand – beide Geschosse verfehlten ihr Ziel. „Diese kleinen Kügelchen“ seines Mandanten, so Verteidiger Kramer, stammten, wie sich erst im Nachhinein herausstellte, „ohnehin nur aus einer Softair-Pistole. Damit hätte man auch niemanden verletzen können“, zeigt sich der Herdecker Anwalt überzeugt. Und so sah es für den Beschuldigten zunächst noch recht günstig aus, vom harten Vorwurf eines versuchten Tötungsdeliktes weg zu kommen und stattdessen „nur“ wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung belangt zu werden. Am Ende wäre womöglich sogar nur eine Bewährungsstrafe für ihn herausgekommen.

Kiloweise Marihuana

Doch inzwischen hat sich das Blatt gewendet. Denn nachdem der Beschuldigte aus dem Fenster seiner Wohnung im ersten Obergeschoss gesprungen, unten hart aufgeschlagen und festgenommen worden war, war seine Wohnung durchsucht worden. Dabei wurden nicht nur zwei Gasdruckwaffen (PTB), zwei Schreckschuss-Pistolen und scharfe Munition sichergestellt, sondern auch 3,5 Kilo Marihuana. Deshalb könnte die Anklage, die auf den Mann aus Wetter jetzt zukommt, „Betäubungsmittelhandel mit Waffen“ lauten. Dafür sieht das Gesetz eine Mindeststrafe von fünf Jahren vor.

Hintergrund

Ein „bewaffneter Handel von Betäubungsmitteln“ liegt nach Paragraf 30 Betäubungsmittel-Gesetz vor, wenn sich eine Waffe in der Nähe einer mittelgroßen Menge Drogen befindet. Als Waffen gelten nach dem Gesetz auch Messer, Schlagringe oder Pfefferspray. Sobald sich diese „in Griffweite“ zum Rauschgift befinden, könnte der Tatbestand bereits erfüllt sein.