Herdecke/Hagen. 2016 entstand die Sparkasse HagenHerdecke. Nun laufen Verhandlungen zur Fusion mit der Sparkasse Lüdenscheid. Herdeckes Bürgermeisterin mahnt.
Als die Herdecker Sparkasse als eindeutiger Juniorpartner mit jener aus Hagen 2016 fusionierte, löste das in der Stadt an den Ruhrseen kaum Freude aus. Viele heimische Kunden wunderten sich, wieso ein einstmals „stolzes Bankhaus“ mit einem größeren Kreditinstitut zusammen ging. Nun bahnt sich (ähnlich wie bei der doppelt fusionierten Sparkasse Wetter) der nächste Zusammenschluss an.
Am vergangenen Freitag die Vorstände, Verwaltungsratsmitglieder und Bürgermeister aus Hagen, Herdecke, Lüdenscheid, Halver, Herscheid und Schalksmühle auf neutralem Boden Kontakt zueinander aufgenommen, um eine mögliche Verschmelzung der Sparkassen HagenHerdecke und Lüdenscheid (Bilanzsumme: 2,4 Milliarden Euro) einzufädeln. Nach dem Zusammenschluss der Sparkasse HagenHerdecke liegt diese Bank im Ranking des Sparkassenverbandes Westfalen-Lippe mit einer Bilanzsumme von gut 3,5 Milliarden Euro auf Platz 12.
Durch diesen Schritt könnten die beiden völlig gesunden Kreditinstitute im regionalen Ranking nicht bloß auf Platz 8 (hinter den Sparkassen in Münster, Dortmund, Ahaus/Dülmen/WML, Paderborn-Detmold, Bochum, Bielefeld, Recklinghausen) vorrücken, sondern perspektivisch aus einer Position der Stärke heraus den seit Jahren anhaltenden Widrigkeiten des Bankenmarktes trotzen.
Oberbürgermeister Erik Schulz bestätigte am Mittwoch auf Anfrage „ein erstes unverbindliches Vorgespräch“. Erörtert worden seien „denkbare Optionen für eine vertiefte Zusammenarbeit bis hin zu einer Fusion. Ziel ist es, die beiden grundsoliden Sparkassen auch langfristig erfolgreich aufzustellen. Weitere ergebnisoffene Gespräche sind vereinbart.“
Blick nach Wetter
Die Sparkasse Lüdenscheid hat nach eigenen Angaben einen Marktanteil von über 60 Prozent im Privatkunden-Bereich. Mit 12 Filialen und weiteren 16 SB-Einrichtungen ist sie einer der wichtigsten Finanzdienstleister in ihrem Geschäftsgebiet. Sie zählt aktuell etwa 70.000 Kunden.Zuletzt hatte in der direkten Nachbarschaft zu Hagen der Zusammenschluss der beiden Sparkassen Gevelsberg/Wetter und Ennepetal/Breckerfeld für Schlagzeilen gesorgt. Durch ihre Fusion können diese vier Partner ab 1. Januar 2022 eine Bilanzsumme von 2,5 Milliarden Euro vorweisen.
Gegenüber dem Verwaltungsrat wurde ausdrücklich betont, dass die Lüdenscheider (Einlagen: 1,9 Mrd., Kundenkredite: 1,3 Mrd., Mitarbeiter 344) auf Hagen/Herdecke (Einlagen: 2,5 Mrd., Kundenkredite: 2,4 Mrd., Mitarbeiter: 508) zugekommen seien, um über eine gemeinsame Zukunft zu sprechen. In einer Sondersitzung des Aufsichtsgremiums soll demnächst anhand konkreter Kennzahlen über die Zusammenführung der beiden Häuser vertiefend diskutiert und ein offizielles Verhandlungsmandat an den Vorstand erteilt werden. Damit würden beide Sparkassen einer Empfehlung des Sparkassenverbandes Westfalen-Lippe folgen, der zuletzt angesichts des anhaltenden wirtschaftlichen Drucks eine Bilanzsumme von etwa 6 Milliarden Euro als Kenngröße skizzierte, um für die Herausforderungen der Zukunft langfristig gewappnet zu sein.
Vorstand ist für Fusionen offen
Entsprechend hatte Frank Walter, Vorstandssprecher der Sparkasse Hagen/Herdecke, zuletzt im Interview mit der Stadtredaktion betont: „Die Auswirkungen der Niedrigzinspolitik und der Regulierung des Bankenmarktes sind erheblich. Besonders anschaulich wird dies am Beispiel der Strafzinsen, die von den Instituten für bei der Bundesbank täglich verfügbare Gelder bezahlt werden müssen.“ Allein im Bilanzjahr 2020 habe die Sparkasse Hagen/Herdecke für diese Position einen deutlich sechsstelligen Betrag aufwenden müssen. Dennoch gelang es, einen Überschuss von 4,7 Millionen Euro zu erwirtschaften.
Gleichzeitig schloss es Walter in der Vergangenheit nie aus, nach der besiegelten Verbindung mit den Herdeckern auch künftig noch weitere Partnerschaften eingehen zu wollen: „Fusionen stehen aufgrund der skizzierten Rahmenbedingungen grundsätzlich weiter auf der Tagesordnung der Kreditinstitute.“ Allerdings machte er auch deutlich, dass die Sparkasse Hagen/Herdecke kerngesund sei und dieser Status durch neue Allianzen nicht gefährdet werden dürfe. „Unser Haus ist daher weiter offen für Gespräche, wird dieses Thema aber nicht forcieren“, signalisierte Walter zuletzt im Mai eher eine zurückhaltende Verhandlungsbereitschaft.
Dass darüber hinaus eine weitere Fusion mit der Sparkasse Iserlohn (Bilanzsumme: 1,9 Mrd. Euro) im Raum stehen könnte, möchte derweil niemand bestätigen.
Herdeckes Bürgermeisterin mahnt
Eine mögliche Fusion der Sparkassen HagenHerdecke und Lüdenscheid sorgt für Gesprächsstoff in den Städten. Auch Herdeckes Bürgermeisterin Katja Strauss-Köster saß am Tisch, als verschiedene Vertreter bei einem unverbindlichen Vorgespräch weitere ergebnisoffene Verhandlungen vereinbarten.
„Als Bürgermeisterin kann ich nur die dringende Empfehlung an den Verwaltungsrat und den Sparkassenvorstand aussprechen, dass bei allen Überlegungen zu einer Fusion das Wohl der Bürgerinnen und Bürger im Fokus stehen muss“, so Strauss-Köster, die im Verwaltungsrat der Sparkasse HagenHerdecke seit 2020 kein Stimmrecht mehr hat. „Die Reduzierung von Öffnungszeiten und persönlichen Kontaktmöglichkeiten ist gerade für ältere Menschen ein herber Einschnitt.“
Sorgen wegen Infrastruktur vor Ort
Die Bürgermeisterin sieht in einem größere Sparkassenkonstrukt zweifelsohne Vorteile, um die Herausforderungen der Niedrigzinsphase, Regulatorik und Digitalisierung zu meistern. Dass Geldinstitute sich mit ihren Serviceangeboten aus der Fläche zurückziehen, sei flächendeckend zu beobachten und teilweise unabdingbar. „Allerdings weiß ich auch, dass viele Bürgerinnen und Bürger um ihre Infrastruktur vor Ort besorgt sind. Umso wichtiger ist es aus meiner Sicht, dass bei künftigen Umstrukturierungen die Herdecker Bürgerinnen und Bürger mit ihren Sorgen ernst genommen werden“, meint Strauss-Köster.