Wetter. Ein Stück der Gustav-Vorsteher-Straße in Wetter ist jetzt Spielstraße. Eltern fürchten um ihre Schulkinder. Das Kfschütteln ist groß.
Mitten auf der Straße sollen die Kinder doch nun wirklich nicht gehen. Normalerweise. Zwischen Amtsgericht und Stadtsaal geht das neuerdings nicht mehr anders. Der kurze Streckenabschnitt zwischen Fußgängerbrücke über die Bahn bis zur Kaiserstraße ist zur Spielstraße umgebaut worden. Einen Bürgersteig gibt es nicht und auch keinen anderen Streifen für Fußgänger etwa zwischen Parkplätzen und Gericht. Die Empörung bei Eltern ist groß, die Verwunderung bei Gerichtsmitarbeitern auch.
„Man kann von den Kindern nicht erwarten, dass sie die Straße als Gehweg nutzen“, sagt Svenja Wingenfeld-Schlierkamp. Ihr Ältester nimmt täglich den Weg vom Schöntal zur St. Rafael-Grundschule an der Königstraße. Fürs Zeitungsfoto nimmt sie ihren Jungen an die Hand und geht über die Fläche, die sich Fußgänger und Autofahrer teilen sollen. Ein Auto biegt auf die Gustav-Vorsteher-Straße ein, fährt auf Mutter und Kind zu und macht erst im letzten Moment einen kleinen Schlenker. Fast wäre Svenja Wingenfeld-Schlierkamp vom Außenspiegel erfasst worden.
„Es fehlt ein abgetrennter Bereich, damit die Kinder gefahrlos zur Schule kommen können“, sagt eine Passantin und fragt: „Wieso gibt es hier überhaupt eine Spielstraße?“ Svenja Wingenfeld-Schlierkamp hat bereits eine Antwort bekommen. Vom Bürgermeister. Der schreibt auf die Beschwerde der Mutter: Die Gustav-Vorsteher-Straße in Höhe Stadtsaal sei zu einer sogenannten „Mischverkehrsfläche umgebaut worden und als verkehrsberuhigter Bereich beschildert.“ Es gelte Schrittgeschwindigkeit 4 bis 7 Kilometer in der Stunde, alle Verkehrsteilnehmer seien gleichberechtigt. Die Umgestaltung des Stadtsaalumfeldes, so Bürgermeister Frank Hasenberg, sei nach einem Bürgerbeteiligungsverfahren durch den Stadtrat beschlossen worden.
Antwort vom Bürgermeister
Für die Umgestaltung insgesamt gibt es durchaus Lob von den Eltern. Nicht mehr „dunkel und schangelig“ sei es nun rund um den Stadtsaal, sagt Sabrina Bos, und auch die Barrierefreiheit ist ihr gleich angenehm aufgefallen. Angesichts der vielen und dann auch schneller als sieben Stundenkilometer fahrenden Autos ist für sie aber auch klar: „Spielen lassen kann man die Kinder hier nicht.“ Auch als Weg vom Schöntal zur Schule oder zu Alteneinrichtungen in der Stadt, in denen Kinder ja vielleicht ihre Großeltern besuchen wollten, sei die breite Bahn für alle nicht geeignet.
Amtsgerichtsdirektor Till Deipenwisch beobachtet den kleinen Menschenauflauf und kann sich den Grund schon denken: „Die breite Straße für alle und die komisch eingezeichneten Stellplätze.“ Vor dem Gericht reihen sich nämlich Parkplätze, erkennbar durch Aufmalungen auf der Fahrbahnoberfläche. Oder eben auch nicht erkennbar. „Aus dem Auto heraus sind die Markierungen doch gar nicht zu sehen“, sagt jemand. Und wer sie als Fußgänger wahr nimmt, kann nur den Kopf schütteln: Viel zu schmal ist der Platz zwischen hinterer Markierung und Mauer vorm Gericht. Mit ein paar Handbreit mehr könnten Fußgänger und sogar Eltern mit Kinderwagen bequem vom Seeufer her kommend hier entlang gehen, ohne auf der großen Mischfläche mit Autos konkurrieren zu müssen.
Der Bürgermeister hat Svenja Wingenfeld-Schlierkamp versichert, dass die Stadt die Situation zwischen Stadtsaal und Gericht beobachten werde. „Zur Verdeutlichung der Schrittgeschwindigkeit werden noch zusätzliche Schilder aufgestellt sowie kurzfristig Geschwindigkeitsanzeigen angebracht, so dass hier insbesondere die Autofahrer auf die geänderte verkehrliche Situation hingewiesen werden“, heißt es wörtlich. Hasenberg bittet zugleich um Verständnis, „dass eine bauliche Veränderung des Konzepts nicht mehr möglich ist.“ Teil des Konzepts: Fußgängerwege sind in verkehrsberuhigten Bereichen nicht vorgesehen.
Umgestaltung am Stadtsaal
Der Bereich um den Stadtsaal in Wetter ist mit großem Aufwand umgestaltet worden.
Zahlreiche Platanen fielen und lassen den Platz lichter erscheinen.
Der Parkplatz ist wieder geöffnet.
Zahlreiche Sitzgelegenheiten aus Stein laden nun Bürger zum Verweilen ein auf der „Meile der Kultur“.