Wetter/Herdecke. Carl-Dietrich Korte tritt im Wahlkreis 139 zu dem auch Wetter und Herdecke gehören, für die AfD an. Das Interview mit ihm führte Klaus Görzel.

Vor dem Studium war Carl-Dietrich Korte einst in der CDU. Zur Politik zurück gefunden hat er 2015, dem Jahr der vielen Flüchtlinge. 2018 dann ist er in die AfD eingetreten, für die der stellvertretende Kreissprecher nun als Kandidat bei der Bundestagswahl auch für Wetter und Herdecke antritt. Er müsste den Wahlkreis schon direkt gewinnen. Auf der Landesliste abgesichert ist der 61-Jährige nicht. Im Wahlkampf kann Carl-Dietrich Korte dennoch seine und Positionen der Partei vertreten.

Haben Sie früher schon Politik gemacht?

Carl-Dietrich Korte Ja, als ich die Schule noch von der anderen Seite her kennengelernt habe: Mit 16 oder 17 war ich in der CDU, in Schülerunion und Junger Union. Danach bin ich aus den ganzen Organisationen ausgetreten, was auch mit meinem Theologie-Studium zusammen hing. Ich wollte Gemeindepfarrer für alle sein, ohne parteipolitische Bindung. Auch wenn andere Themen seitdem vielleicht wichtiger geworden sind: Bei bestimmten Themen ist meine Meinung in all den Jahren gleich geblieben. Die AfD vertritt ja heute in vielen Sachen das, was die CDU vor 15 oder 20 Jahren auch noch vertreten hat. Brennend interessiert hat mich Politik erst wieder 2015 mit dieser Flüchtlingskrise. Da war ich ganz anderer Meinung als das, was unsere Politiker gemacht haben.

Was zeichnet die deutsche Mehrheitskultur, ein Begriff aus einer Pressemitteilung der AfD über Ihre Nominierung, aus?

Dazu gehört für mich, ganz wichtig, eine Prägung durch die christliche Religion und nicht durch eine islamische Religion. Zur deutschen Kultur zählt sicherlich auch eine gewisse Leistungsbereitschaft. Die hat Deutschland nach dem 2. Weltkrieg ja wieder groß gemacht. Für mich zählt dazu auch ein gewisses Bewusstsein für Rechtstreue und Ordnungen, die einzuhalten sind. So wundert es mich sehr, dass nicht viel mehr angeprangert wird, wenn bei Fridays for future einfach ein Tag blau gemacht wird – das ist eigentlich rechtswidrig.

Wodurch ist die „Mehrheitskultur“ gefährdet?

Ganz konkret ein Erlebnis aus der Schule: Ich gebe ja evangelische Religion. Dabei hatte ich bei meiner Arbeit vorher in Hagen auch ziemlich viele Migranten. Die können sich dann ersatzweise an evangelischer Religion beteiligen. Die Migranten hören sich alles geduldig über Jesus an. In dieser Zeit war allerdings ein islamischer Anschlag. Ich habe dann dazu gesagt: Es ist ein Problem im Koran, dass da eine Reihe von Stellen sind, die man auch so interpretieren kann, dass Gewalt gegen Andersgläubige gerechtfertigt ist. Ich habe nur gesagt, das wäre ein Problem. Zwei, drei Tage später wurde ich zum Schulleiter zitiert. Eltern einer muslimischen Schülerin hatten sich beschwert, dass ich den Koran ausgelegt hätte, was mir nicht zustünde – und was ich auch gar nicht getan hatte. Ich glaube, dass das Thema Islam bei uns zu wenig diskutiert wird, und da sehe ich eine Gefährdung.

Sie sprechen in dieser Mitteilung von „Zersetzung“ und „Selbstauflösung“ – ist es wirklich so schlimm?

Es ist ein fortschreitender Prozess. Dieser ist an unterschiedlichen Orten unterschiedlich weit fortgeschritten. Um beim Thema Islam zu bleiben: Man kann das im Grunde genommen jetzt schon ausrechnen. Wenn man die Migration, wie sie im Augenblick herrscht, und die höhere Reproduktion nimmt, lässt sich ausrechnen, dass in 60 bis 80 Jahren die Bevölkerungsmehrheit islamisch ist. Und es gibt auf dem ganzen Globus kein einziges Land mit einer islamischen Bevölkerungsmehrheit, in dem die anderen Religionen wirklich gleichberechtigt ihren Glauben leben können. In einem historisch relativ überschaubaren Rahmen gibt es also einen Prozess, dessen ganze Ausrichtung mir nicht gefällt.

Wie denken Sie über die geltenden Regelungen in Deutschland für Schwangerschaftsabbrüche?

Im Grund genommen ist das ganz einfach: Es entwickelt sich dort menschliches Leben, und wenn es zu keinem äußeren Eingriff kommt, wird sich daraus im Regelfall weiter menschliches Leben entwickeln. Das wird künstlich dadurch verhindert, dass man einen solchen Schwangerschaftsabbruch vornimmt. Der Schutz menschlichen Lebens ist oberster Verfassungsgrundsatz. Daher müsste Abtreibung generell verboten werden. Über die ein bis zwei Prozent der Schwangerschaften durch Vergewaltigungen oder wo das Leben der Mutter gefährdet ist, muss man reden können.

Muss man bei dem Versuch, Schwangerschaftsabbrüche als Menschenrechtsverletzung zu charakterisieren, darauf verweisen, dass weltweit stattdessen als Menschenrechtsverletzung gesehen wird, dass Homosexuelle sich in Ungarn verfolgt fühlen könnten (wie Sie es getan haben)?

Ob das eine etwas mit dem anderen zu tun hat, kann von mir aus dahin gestellt bleiben. Mir ist der Gegensatz aufgefallen. Denjenigen, die homosexuell sind, tut ja im Grunde genommen, niemand was. Dass die in irgendeiner Weise benachteiligt werden, will ja weder ich noch meine Partei. Auch in Ungarn wird niemand verfolgt. Da ging es nur darum, dass bei Kindern und Jugendlichen keine Werbung für Homosexualität und Geschlechtsumwandlung gemacht werden darf. Tagelang war das Thema in den Medien gerade während der Fußball-EM – jeder musste was dazu sagen. Gleichzeitig spricht aber keiner an, dass in Deutschland so mit werdendem Leben umgegangen wird.

In Ihrer Nominierungsrede war im Zusammenhang mit der Klima-Diskussion von einer „Art Propaganda-Großoffensive“ die Rede. Was ist für Sie Propaganda und was zählt für Sie zu den Fakten?

Die Propaganda macht aus, dass Fakten weggelassen werden. Zum einen wird gesagt, seit Beginn der Industrialisierung haben wir eine Erwärmung um so und so viel Grad – wobei komplett weggelassen wird, dass es vorher auch schon erhebliche Schwankungen gegeben hat im Klima. Schon die Völkerwanderung der Germanen geht zurück auf Klimaschwankungen und Wetterkatastrophen. So steht’s in jedem besseren Geschichtsbuch. Von daher wird das alles, in meinen Augen, sehr viel dramatischer dargestellt als es in Wirklichkeit ist.

Selbst wenn der Klimawandel, der die Völkerwanderung ausgelöst hat, nicht menschengemacht war, heißt das, es kann heute keinen menschengemachten Klimawandel geben?

Das ist die große Frage, die im Übrigen auch von Wissenschaftlern sehr unterschiedlich beantwortet wird. Ich kann mir schon sehr gut vorstellen, dass durch Autos, Flugzeuge und was der Mensch sonst so alles veranstaltet, zusätzlich Klimaveränderungen auftreten. Aber in welchem Verhältnis steht diese eine Ursache zu den anderen Ursachen, die es schon immer gegeben hat? Es wird so getan, und das ist für mich dann Propaganda, als wäre alles auf den Menschen zurück zu führen. Und das ist es wahrscheinlich nicht. Außerdem: Nach meinem Eindruck wird im Moment so getan, als müssten wir am 26. September etwa Grün wählen, um das Klima zu retten. Die Wahrheit ist doch, dass wir das als Land gar nicht in der Hand haben, weil doch nur 1,8 Prozent der weltweiten CO2-Emmissionen auf Deutschland zurück gehen.

Hat Ihre Partei ein Problem mit der Abgrenzung nach ganz rechts?

Reale Probleme sehe ich weniger. Es gibt sicherlich einzelne Rechtsradikale. Was aber nur die AfD macht: Wir fragen jeden, welcher politischen Partei er vorher angehört hat. Auf der Unvereinbarkeitsliste steht dann etwa die NPD. Ich glaube, dass da manches aufgebauscht ist.

Es geht aber doch auch um den Vorwurf, dass dann die Abgrenzung von AfD-Mitgliedern zu Vertretern der ganz rechten Szene fehlt. Was geht denn Ihnen persönlich zu weit? Beispielsweise die „Fliegenschiss“-Bemerkung von Ihrem Ehrenvorsitzenden Alexander Gauland über die Bedeutung des Nationalsozialismus in der deutschen Geschichte?

Was in diesem Zusammenhang der Ausdruck „Fliegenschiss“ soll, ist mir nicht ganz klar. Richtig ist natürlich: Es sind in deutschem Namen schreckliche Verbrechen verübt worden, das ist keine Frage. Dass das jetzt den Deutschen immer wieder vorgehalten wird, auch um ihnen die Möglichkeit zu nehmen, einen gewissen Bezug und einen gewissen Stolz darauf zu entwickeln, was Deutschland insgesamt für die Kultur der Welt beigetragen hat – das ist sicherlich nicht gut und im Grunde genommen auch nicht gerecht. Weil: Diese Verbrechen gehören auch in einen bestimmten Kontext. Ich denke, man sollte sie als Verbrechen benennen, aber auch nicht ständig darin rumrühren und so tun, als wenn das jetzt der einzige Teil der deutschen Geschichte wäre. Deutschland ist vom Ursprung her eine Kulturnation, das Volk der Dichter und Denker, und eine ganze Menge im Bereich der Technik und der Naturwissenschaft geht auf Deutsche zurück. Nationalbewusstsein – andere Länder haben das. So etwas, nicht so wie es im Nationalsozialismus war mit Vernichtungswillen gegenüber anderen Völkern, sollte man versuchen, positiv zu sehen.

Fünf Schlaglichter, anderthalb DIN-A-4-Seiten – und das Wort Corona taucht nicht einmal auf. Haben Sie eine Erklärung?

Ich habe die Erwartung, auch wenn die im Moment etwas reduziert wird, dass man mit der Impfung dieses Problem in den Griff bekommt. Natürlich hat eine Regierung auch die Aufgabe, die Bevölkerung davor zu schützen. Ich halte eine ganze Menge von dem, was gemacht wurde, für sinnvoll. Die Hoffnung ist, dass wir mit der Impfung wieder unser normales Leben führen können, selbst wenn die Impfung keinen vollständigen Schutz garantiert. Ich bin übrigens zwei Mal geimpft. Wenn es dazu beiträgt, dass Menschen an Corona nicht erkranken, ist es ja nur gut.