Herdecke. Treffen war lange nicht. Was das für den Brotkorb Herdecke und die Flüchtlinge und Helfer vom Nachbarschaftsnetzwerk bedeutet hat.

Genau wie die Sonne strahlten am vergangenen Samstag die Gesichter der Teilnehmer beim Grillfest des Nachbarschaftsnetzwerks und des Brotkorbs in Herdecke. Das erste Mal nach zwei Jahren coronabedingter Zwangspause konnten sich die vielen Ehrenamtlichen und in Herdecke lebenden Geflüchteten wieder treffen und zusammen den Nachmittag verbringen. Bei warmen Temperaturen gab es köstliches vom Grill, schöne Geschichten und vor allem wieder die so dringend benötigte Nähe zwischen den Menschen.

Brotkorb und Nachbarschaftsnetzwerk kooperieren

Das Personal der ehrenamtlichen Helfer zwischen dem Nachbarschaftsnetzwerk und dem Brotkorb überschneidet sich zum Teil. Schon des Öfteren kooperierten die beiden Initiativen miteinander. Und so traf man sich zusammen zum gemeinsamen Grillen und Austauschen – und das nach langer Zeit zum ersten Mal. „Wir freuen uns sehr, uns endlich wieder sehen zu können. Ich sehe auch einige neue Gesichter und die ersten ´Corona-Babies´“, freut sich der damalige Projektleiter des Nachbarschaftsnetzwerks, Andreas Disselnkötter.

Das Netzwerk, das es sich seit 2015 zur Aufgabe macht, den von Krieg und Leid geflohenen Flüchtlingen zur Seite zu stehen, gründete sich damals unter dem Dach des Vereins für christliche Sozialarbeit (VCS) in Herdecke. Gordon Heinemann, der erste Vorsitzende des VCS, weiß die Arbeit des Nachbarschaftsnetzwerks – damals wie heute – zu schätzen: „Das Nachbarschaftsnetzwerk funktioniert gut und ist sehr wichtig“, so Heinemann. Auch für ihn ist das Zusammenkommen nach so langer Zeit ein freudiger Anlass: „Einige haben sich jetzt zwei Jahre nicht gesehen. Das fehlte vielen. Wir freuen uns sehr, dass wir uns wieder treffen können,“ so der Vorsitzende.

Corona macht Geflüchteten zu schaffen

Die meisten Gäste an diesem Nachmittag kommen aus Syrien, Pakistan, Afghanistan und dem Irak. An den Tischen wird zusammen mit den vielen ehrenamtlichen Helfern geredet und gelacht. Ein sonniger Tag, der für viele Geflüchtete ein großes Stück Normalität und zurückgewonnene Freiheit bedeutet. „Das ist hier heute für viele auch emotional“, sagt Disselnkötter, „viele Verbindungen lagen auf Eis und konnten nicht gepflegt werden. Es ist jetzt unsere Verantwortung, diesen Menschen Teilhabe zu ermöglichen“, erklärt er.

Die Coronapandemie bedeutet – auch bei langsam wiederkehrender Normalität – für alle Menschen Einschränkungen, doch Flüchtlinge leiden besonders unter der Pandemie: „Einige haben coronabedingt den Job verloren oder sind aus bestehenden Ausbildungsverhältnissen gekündigt worden“, so Disselnkötter. Man müsse jetzt dafür sorgen, dass die Flüchtlinge nicht den Anschluss verlieren, fordert er. „Durch die Isolation haben einige auch das Deutsch-Sprechen verlernt und wurden zurückgeworfen. Da muss jetzt etwas passieren, damit die Menschen nicht den Anschluss an den Arbeitsmarkt verlieren“, so der ehemalige Leiter des Nachbarschaftsnetzwerks.

Neuer Job trotz Pandemie

Doch es gibt auch positive Beispiele, die Mut machen. Mohammad Imtiaz, der 2017 aus Pakistan flüchtete, schaffte es auch während der Coronapandemie, eine Arbeit zu finden. Vor der Pandemie arbeite der studierte Ingenieur in Zeitarbeitsfirmen, wegen Corona verlor er damals seien Job. Nun hat er eine neue Arbeit gefunden und unterschreibt im nächsten Monat seinen unbefristeten Arbeitsvertrag: „Das macht mich sehr stolz“, sagt Imtiaz. Und auch Disselnkötter freut sich über derartige Erfolgsgeschichten: „Das ist ein besonderes Beispiel. Ich kenne nicht viele, die das geschafft haben“.

Dass der zweifache Vater Imtiaz in Herdecke so gut angekommen ist, liegt auch an der Arbeit des Nachbarschaftsnetzwerks. Hoch emotional und ergriffen bedankt er sich für die Hilfe, die er von Disselnkötter und den anderen Helfern erfahren hat: „Ich bin sehr glücklich alle wiederzusehen. Ich habe keine Worte für das, was das Nachbarschaftsnetzwerk für mich getan hat. Ich bin sehr dankbar“, so der 34-jährige.

Und dazu gehören neben der Hilfe beim Umzug, beim Deutschlernen oder bei Behördengängen auch einfach nur gemeinsame Ausflüge oder Gespräche. Imtiaz will die große Hilfe, die er erfahren hat, nun weitergeben. Lachend und mit seinem bald einjährigem und in Herdecke geborenen Sohn Danyal auf dem Arm sagt er: „Als ich gekommen bin, hat man mir geholfen, jetzt helfe ich denen, die neu kommen“.

Bindeglied zwischen Menschen und Gemeinden

Der Verein zur Förderung christlicher Sozialarbeit in Herdecke (VCS) ist ein Zusammenschluss von haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, Menschen in ihrer Nachbarschaft zu helfen.

„Wir orientieren uns an den christlichen Werten der Menschlichkeit. Und dazu gehört für uns an erster Stelle, überall da zu sein, wo Hilfe gebraucht wird“, heißt es beim VCS

Deshalb werde nicht darauf gewartet, dass Hilfesuchende zum VCS kommen, die Helfenden gingen zu ihnen hin.

Dabei arbeitet der Verein eng mit den katholischen und evangelischen Gemeinden in Herdecke und Ende zusammen und stellt so ein Bindeglied zwischen den Gemeinden und den Menschen dar.

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