Herdecke. 125.000 Euro Spenden: Nach dem Hochwasser will Herdeckes Bürgerstiftung Betroffenen zügig Geld bereit stellen. Bürgermeisterin dankt für Hilfe.

Wenn Bürgermeisterin Katja Strauss-Köster und Annette Brincker vom städtischen Ordnungsamt über die Herdecker Hilfsbereitschaft nach dem Hochwasser berichten, geschieht das oft mit Gänsehaut. Überwältigend seien die Reaktionen seit dem 14. Juli, als die Flut hier viele Wohnungen zerstörte und zahlreiche Bürger massive Schäden zu beklagen haben.

Annette Brincker steht auch der der heimischen Bürgerstiftung vor. Die hatte vor einer Woche kurzfristig ein Spendenkonto als Herdecker Fluthilfe eingerichtet. „Wir dachten, dass 30.000 oder 40.000 Euro ein Riesen-Erfolg wären“, sagt die Vorsitzende des Vorstands. Doch die Summe wirkt schon jetzt überwältigend: Bis Montagmorgen gingen satte 125.000 Euro ein. „An einem Tag ist es förmlich explodiert, wobei wir wohl den Höhepunkt der Spendenbereitschaft erreicht haben“, meint Brincker und dankt sowohl Privatleuten als auch Firmen für die Überweisungen.

Formulare verteilt

Mitglieder der Bürgerstiftung verteilten am Wochenende Formulare in jenen Straßen, in denen Herdecker teilweise ihr gesamtes Hab und Gut ersetzen müssen. „Wir wollten das niederschwellige Hilfsangebot persönlich vorstellen und Flyer in Briefkästen werfen, da die Betroffenen ja viel zu tun und mitunter keinen Computer mehr zur Verfügung haben“, so Brincker. Geschätzt habe die Flut hier fast 200 Haushalte heimgesucht. Aus jenen nimmt die Stiftung nun unkompliziert Anträge mit aufgelisteten Bedarfsgütern an. Im Fokus soll die Unterstützung zum Kauf von Alltagsdingen wie , Bett, Küchengeräte oder Waschmaschine stehen. Sachspenden spielen bei dem Sofortprojekt keine Rolle.

Wohnort-bezogene Hilfe und Kontaktdaten

Hilfe sollen Hochwasser-Betroffene vor allem in diesen Straßen erhalten: An der Walkmühle, Attenbergstraße, Augustastr., Bachplatz, Bachstr., Friedhofstr., Gerberstr., Hauptstr. ab Hausnummer 75, Herdecker Bach, Am Jollenstein, Neue Bachstr., Schmale Str., Talstr., Uferstr., Vosskuhle.

Ansprechpartner beantworten Fragen im Bürgerstiftungs-Büro (Hauptstraße 68) am Dienstag 18-19, Mittwoch 11-12 und Donnerstag von 17 bis 18 Uhr.

Wer noch Geld spenden möchte, überweist es auf das Konto der Bürgerstiftung (IBAN: DE19 4505 0001 0009 0162 62; BIC: WELADE3HXXX; Sparkasse HagenHerdecke, unbedingt den Verwendungszweck „Fluthilfe Herdecke“ angeben).

Während weitere Spenden möglich sind, beginne für den Herdecker Bürgerstiftungs-Vorstand erst jetzt die eigentliche Arbeit. Zentrale Fragen: Wer erhält wie viel Geld? Wie lässt sich die Summe gerecht und unbürokratisch aufteilen? „Wir machen keine Bedürftigkeitsprüfung und hoffen sowohl auf ehrliche Angaben als auch auf jene, die sich vielleicht aus Scham nicht trauen“, sagt Brincker zu der Herausforderung. „Mal gucken, ob und wann die Summe aufgebraucht ist oder ob am Ende noch etwas übrig bleibt.“ Der Reihe nach wollen die Ehrenamtler die Anträge abarbeiten und diese verantwortungsbewusst dokumentieren, die Stadtverwaltung werde bei Bedarf Hinweise geben.

Die Bürgermeisterin erzählt, dass schon kurz nach der Flut erste Hilfsangebote eintrudelten und das bei ihr für eine erste Beruhigung nach vielen Schockmomenten sorgte. So erfuhren nun beim Pressegespräch Michael Elsterkamp, Stefan Augustin und Rainer Möller vom Herdecker Lions Club, der die Fluthilfe als Antreiber maßgeblich unterstützt und selbst Geld gespendet hat, von vielen engagierten Bürgern sowie Einrichtungen. Ob Feuerwehr, THW, AHE/Vorberg, Technische Betriebe, Dörken, Stadtverwaltung, Sparkasse (32.000 Euro der angekündigten Soforthilfe gehen nach Herdecke), Zweibrücker Hof oder einfach Nachbarn, die Mitte Juli spontan Übernachtungsangebote offerierten sowie Butterbrote schmierten und den Einsatzkräften Verpflegung hinstellten: „Die Solidarität ist ebenso groß wie die Dankbarkeit der Betroffenen“, sagt Katja Strauss-Köster.

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Der weiter stark geforderte Krisenstab der Verwaltung, in dem sich nach der Einberufung zur Bewältigung der Corona-Probleme Abläufe eingespielt haben, kümmere sich um Flutfolgen oder Soforthilfen vom Bund und Land NRW. „Der Hochwasser-Schaden in Herdecke geht in die Millionen, wir müssen einige Straßen und Brücken herrichten. Das ist bei unserer Haushaltslage ohne Fördergeld nicht zu schaffen“, meint die Bürgermeisterin.

Noch viele Probleme ungelöst

Sicher ist: Mit den Folgen des Hochwassers müssen sich viele Herdecker noch länger beschäftigen. Dazu zählen auch statische Fragen an Häusern, die sich sowohl ein THW-Fachmann als auch Architekt Andreas Schüren (zugleich Vorstandsmitglied der Bürgerstiftung) schon anschauten. Konkrete Konsequenzen? Unklar. Das betreffe auch Versicherungsfragen an vielen Stellen.

Noch immer sei ein Überblick schwierig, weiterhin melden sich Notleidende und auch weniger Betroffene beispielsweise über das geschaltete Bürgertelefon (02330/ 611350). „Wir kämpfen an vielen Fronten“, sagt Strauss-Köster. Ihre Gedanken gehen manchmal aber auch Richtung Zukunft. Während es für detaillierte Auswirkungen in Sachen Stadtplanung zu früh sei, fordert auch die Bürgermeisterin Verbesserungen hinsichtlich Warnungen seitens des Katastrophenschutzes. Zudem schwebt ihr eine Idee im Kopf herum: „In der Folge des Unwetters hat sich gezeigt, dass viele helfen wollen und ihre Talente einbringen können. Vielleicht lässt sich daraus eine Art stille Reserve organisieren.“ Denn trotz der Not sei das Miteinander überwältigend.