Wetter/Herdecke. Der EN-Kreis hat beschlossen, sich als Modellregion „Öffnen mit Sicherheit“ zu bewerben. Davon sind nicht alle restlos begeistert.

Die Nachricht, dass die Zehntausender-Marke an Corona-Infizierten im EN-Kreis geknackt wurde, kam am selben Tag wie die Meldung, dass der EN-Kreis sich als Modellregion „Öffnen mit Sicherheit“ zur testweisen Öffnung für Geschäfte, Gastronomie und Kultur bewerben möchte. Nur wenige Stunden lagen zwischen den Mitteilungen und doch wird das Bestreben überwiegend positiv aufgenommen.

Die Modellregion

Doch was hat es mit dieser Modellregion eigentlich auf sich? Das Projekt sieht vor, dass negative Schnelltests als Eintrittskarten für die Gastronomie, Geschäfte und Kulturveranstaltungen gelten sollen. Dabei soll untersucht werden, ob eine Abweichung von den Corona-Einschränkungen unter klar definierten Vorgaben, zu denen auch die Kontaktverfolgung und eine umfangreiche Teststrategie gehören, möglich wäre. Landrat Olaf Schade sieht darin eine Chance für die Region. „Eigentlich wünschenswert wären landesweite Regelungen, die es allen Bürgern generell möglich machen, mit einem negativen Schnelltest quasi ein ,Tagesticket’ für den Besuch von Gastronomie, Geschäften und Kultureinrichtungen zu erlangen. Da diese aktuell nicht absehbar sind, haben wir als Kreis selbstverständlich unser Interesse an diesem Modellprojekt angemeldet“, macht Schade deutlich. Daher sei ein entsprechendes Schreiben mit der Interessensbekundung bereits auf dem Weg nach Düsseldorf. Die Landesregierung werde nach Ostern dann fünf bis sechs Modellregionen bekannt geben.

Die Lichtburg

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Doch was sagen eigentlich die Kultureinrichtungen und Gastronomen zu der Idee? Marcus Boenig als Geschäftsführer der Lichtburg betont, dass er dem EN-Kreis bei dieser Marschrichtung vollkommen vertraue. „Der Kreis hat sich in den vergangenen Monaten als sehr verantwortungsbewusst herausgestellt. Wir haben uns immer sehr gut betreut gefühlt, insbesondere von der Leiterin des Gesundheitsamtes Astrid Hinterthür. Unter diesen Vorbedingungen finde ich den Vorstoß, mit Vorsicht und verantwortungsvoll in Richtung kultureller Öffnung zu gehen, sehr gut“, so Boenig.

Das Onikon

Als Modellregion wäre einiges möglich, auch beim Onikon in Herdecke. Ist die Kino-Initiative dabei? „Nein“, kommt von Friedhelm Schürmann als Antwort. Er führt den Verein. „Das wäre vermutlich mit sehr viel Aufwand verbunden“, erklärt er, warum das Onikon „sich an Öffnungsmöglichkeiten nicht beteiligen wird.“ Das Onikon wird ehrenamtlich betrieben. Die Teams für die Vorstellungen wechseln. Wie solle das alles organisiert werden? Dabei hat das Onikon auch im Lockdown lange noch Programme zusammengestellt. Bis für den Februar waren die Filmübersichten sogar gedruckt. Jetzt aber will die Filminitiative erst einmal abwarten. „Wir gehen davon aus, dass vor Mai nichts passiert“, sagt Friedhelm Schürmann. Dann wären sechs Monate rum nach der letzten Vorführung im Onikon. „Live in Concert“ hieß der Film. Live im Onikon könnte im Mai vielleicht daraus werden.

Il Cortile

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Salvatore Fisicaro ist der Chef vom italienischen Restaurant Il Cortile in Herdecke. Er nimmt die Nachricht eher skeptisch auf. „Wir warten seit Monaten auf ein positives Signal, dass wir öffnen dürfen. Wir haben eine wunderschöne Außengastronomie und hatten gehofft, dass wir unsere Gäste zu Ostern hier bewirten können“, sagt er. Doch immer wieder würden die Hoffnungen zunichte gemacht. Die Möglichkeit, Essen mitzunehmen, werde bei Il Cortile nicht so angenommen. Das liege laut Fisicaro daran, dass den Menschen Zuhause die Atmosphäre des Il Cortile fehle. Sollte die Bewerbung als Modellregion aber Erfolg haben, wäre er sofort bereit zu öffnen. „Die Leute wollen ihr Essen eben nicht auf Papptellern haben, sondern hier bei uns genießen. Wir warten ab, aber wären sofort startklar“, sagt er.

Burghotel Volmarstein

Peter Vorberg, Chef vom Burghotel Volmarstein ist vorsichtig hoffnungsvoll. „Grundsätzlich stehe ich dem Projekt offen gegenüber, aber dazu müssen noch einige Fragen geklärt werden“, meint er. „Nur mit Bierchen und einem Kaffee to go rechnet sich eine Öffnung für uns nicht“, sagt er. Über genügend Fläche verfüge das Burghotel, aber um Gäste dort zu bewirten, müsste auch dementsprechend das Personal da sein. „Und dann fängt man schon an zu rechnen“, so Vorberg. Deshalb werde man abwarten müssen, was sinnvoll und machbar wäre. Sein Wunsch wäre es, die hoch qualifizierten Kräfte, die derzeit alle in Kurzarbeit sind, wieder in den Betrieb zurückholen zu können. Dafür müsste die Öffnung aber rentabel sein und das funktioniere nur, wenn er dann wie gewohnt hochwertige Speisen und Getränke anbieten dürfte.

Neue Verordnung

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Unabhängig von der Bewerbung zur Modellregion gibt die neue Corona-Schutzverordnung, die nun bekannt geworden ist, Grund zur Hoffnung. Darin steht, dass die Notbremse drei Tage nach Inkrafttreten bei einem Inzidenzwert von über 100 gezogen werden muss. Das bedeute, dass Geschäfte noch bis mindestens Mittwoch weiter geöffnet bleiben könnten. Zudem könnten Kreise auch bei einem Inzidenzwert über 100 Lockerungen genehmigen. Grundlage dafür wäre eine ausreichende Infrastruktur mit Schnelltests. Was genau die neue Coronaschutzordnung, die bis zum 18. April gilt, für den Kreis, die Städte und die Bürger bedeutet und wie die vorhandenen Möglichkeiten genutzt werde sollen, darüber wollen die Verantwortlichen im Ennepe-Ruhr-Kreis Anfang nächster Woche beraten.