Herdecke. Seit fünf Jahren gibt es das Mädchenhaus Mäggie in Herdecke. Corona hat den Bewohnerinnen schwer zu schaffen gemacht.

Fünf Jahre sind vergangen, seitdem das Mädchenhaus Mäggie am Ahlenberg eröffnet hat. Ziel der Einrichtung ist es, traumatisierten jungen Frauen ein sicheres Zuhause zu geben, in dem sie Bindung und Halt erfahren können. Durch Corona wurden auch die dringend benötigten sicheren Strukturen ins Wanken gebracht. Doch der Trägerverein Vive Zene e.V. hat reagiert und hofft nun auf weitere Unterstützung von außen.

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„In unserem Haus leben schwer traumatisierte Mädchen verschiedener Nationen. Durch Corona sind die Außenkontakte weggebrochen. Der strukturelle Halt fehlt. Die Mädchen stehen unter großen Druck“, erläutert die Vorsitzende des Vereins, Cornelia Suhan. Bei traumatisierten Kindern sei das Selbst- und Weltbild oftmals so erschüttert, dass es ihnen schwer falle, sich im alltäglichen Leben zurecht zu finden, meint die pädagogische Leiterin des Mädchenhauses, Stefanie Niggebrügge. Gerade deshalb seien Orientierung und Sicherheit unheimlich wichtig. Durch die Pandemie ist aber beispielsweise die Tagesstruktur vollkommen zerstört worden. Ohne diesen Halt fehle den Mädchen manchmal auch das Ventil, weil sie sich nur schlecht auf neue, veränderte Situation einstellen können. Die Mädchen seien zutiefst verunsichert gewesen, was zu unterschiedlichsten Reaktionen wie Reinszenierungen früherer Erfahrungen oder dem Ausagieren von Aggressionen führte. „Es ging im wahrsten Sinne des Wortes einiges zu Bruch“, berichtet Suhan.

Nächte voller Angst

Die Nächte der Mädchen waren von der Angst vor Überflutung mit Gefühlen und Erinnerungen sowie vor Alpträumen geprägt, was dazu führte, dass sie „die Nächte zum Tage“ machten. „Wir haben unter unseren Bewohnerinnen einige, die man schon als Systemsprenger bezeichnen kann“, so Suhan.

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Diese veränderte Situation führte auch dazu, dass die Betreuerinnen noch stärker als zuvor gefordert waren. Dadurch, dass alle Mädchen gleichzeitig im Haus waren, gab es wenig Entlastung. „Sonst konnten beispielsweise Berichte geschrieben werden, wenn die Mädchen in der Schule waren. Doch das ging ja jetzt nicht“, erklärt Suhan. Laptops mussten für die Mädchen organisiert werden, damit sie am Distanzunterricht teilnehmen konnten. „Unsere Mädchen gehen sowieso schon viel schwerer in die Schule als andere Kinder“, berichtet Suhan. Die Situation im Distanzunterricht sei darum umso härter. Die Regelzeiten im Haus mussten ebenfalls umstrukturiert werden. Für traumatisierte Menschen eine absolute Herausforderung.

Daher gilt es nun für die Betreuerinnen, viel aufzuarbeiten, weiterzuarbeiten und für die Zeit nach der Pandemie zu planen. Der Verein Vive Zene plant eine traumapädagogisch basierte ambulante Betreuung, um auch jenen Mädchen weiterhin helfen zu können, die nicht mehr in der Einrichtung leben. Zudem sollen nach dem Lockdown wieder Ferienfreizeiten angeboten werden. Zudem sollen die Zimmer der Mädchen neu gestaltet werden, denn durch das fehlende Ventil sei nun mal viel auch im Haus kaputt gegangen. Das bedeutet, dass neue Möbel angeschafft werden müssen und die Wände neue Farben brauchen. Im Sommer sei es zudem unerträglich heiß in dem gemieteten Haus. Daher möchte der Verein zumindest für die oberen Zimmer ein Verschattungssystem anbringen. Aber das koste sehr viel Geld, berichtet Suhan.

Sicheres Umfeld nötig

Im Gespräch ist der Vorsitzenden des Vereins anzumerken, dass es ihr schwerfällt, um Spenden zu bitten. Darauf angesprochen, gibt sie zu, dass der Standort des Mädchenhauses am Ahlenberg in der Vergangenheit oft Grund zur Kritik gegeben habe. „Dabei ist der Hintergrund sehr einfach zu erklären. Wir brauchen für unsere Arbeit mit den Mädchen ein sicheres und behagliches Umfeld. Viele Mädchen kommen aus einem krisenbehafteten Wohnumfeld. Und wir wollen ihnen die Möglichkeit geben, frei von negativen Einflüssen von außen Sicherheit zu finden“, so Suhan. Daher sei der Standort am Ahlenberg wichtig.

Wer die Arbeit von Vive Zene in Herdecke unterstützen möchte, kann spenden: Stadtsparkasse Dortmund, IBAN DE05 4405 0199 0291 0012 97, BIC DORTDE33XXX. Weitere Informationen zum Mädchenhaus und zum Verein gibt es im Internet unter www.vive-zene.de