Wetter. Renate Böving (74) stellt klar, dass es in Oberwengern einst zwei Ziegeleien gab. Und sie erläutert den Zusammenhang zu Zwangsarbeiter-Baracken.
Als Renate Böving vor zwei Wochen von dem Loch am Sportplatz Oberwengern erfuhr und den Zeitungsartikel über frühere Ziegeleien an der Stelle las, kamen Kindheitserinnerungen hoch. Als Jahrgang 1946 wuchs sie auf dem elterlichen Hof „Auf der Eilpe“ in unmittelbarer Nachbarschaft auf.
Zwei Ziegeleien
Die 74-Jährige will vor allem klarstellen, dass es damals in Oberwengern zwei Ziegeleien gab. Jene von Carl Bönnhoff, die sich in der Nähe des einstigen Eilper Bachs befand. Nicht zu verwechseln mit der Ziegelei Rademacher und Büscher, zwischen Voßhöfener Straße und Stollenbach gelegen. Diese wurde laut Renate Böving bereits 1925 gesprengt und abgerissen.
Ihr Vater wiederum hatte oft Kontakt zum Ziegelmeister Johann Sobek, der als Verwalter die Bönnhoff-Anlage leitete. Die befand sich unterhalb des heutigen Sportplatzes. Nahe des Bahnhofs Oberwengern gründeten 1877 Kuhlmann/Hammacher als Vorläufer die Volmarsteiner Dampfziegelei. 1909 kaufte Carl Bönnhoff den Betrieb mit dem Rittergut Hove, die Ziegelei produzierte Steine bis 1963.
Demag ließ Lager bauen
„Die Saisonarbeiter, mehrheitlich aus Osteuropa, waren meist von Ostern bis Herbst aktiv und wohnten auch auf dem Gelände. In der Nachbarschaft entstanden dann im Zweiten Weltkrieg Baracken für die Zwangsarbeiter der Demag“, so Renate Böving. In der 200-Jahr-Chronik des Unternehmens heißt es, dass im Frühsommer 1943 hinter der Ziegelei (dort ruhte die Produktion bis 1949) 15 Holzhütten für ca. 700 Menschen aus Frankreich und Osteuropa standen, bis Kriegsende stieg die Zahl auf mehr als 1200 aus verschiedenen Ländern. „Einige der Kriegsgefangenen blieben nach der Lager-Befreiung durch die Amerikaner 1945 hier, die holten schon mal Milch auf unserem Hof.“
Die Familie Bönnhoff
Renate Böving kann auch die Bönnhoffs auseinanderhalten. Vater Emil kam durch die Stahlproduktion zu Geld. Von ihm erhielt sein Sohn Ludwig den Zamelhof (heute Hof Schweer oberhalb der Gaskugel). „Der betrieb aber keine Ziegelei.“
Im Gegensatz zu seinem Bruder Carl, der von seinem Vater Emil Bönnhoff die Ländereien um Haus Hove inklusive Ziegeleibekommen hatte. Die Landwirtschaft plus Rittergut übernahm dann 1922 Carls Sohn Waldemar Bönnhoff.
Baden in Löschteichen
Und Renate Böving kann noch mehr erzählen. Etwa von den Löschteichen der Ziegeleien. Bevor diese in Oberwengern trocken gelegt wurden, badeten – so ist es auf alten Fotos zu sehen – erwachsene und junge Leute auch mal darin. Und wenn die 74-Jährige Schwarzweiß-Bilder vom Bau des Sportplatzes vor sich hat, kann sie sich an die Kante auf dem Gelände erinnern, die durch den Steinabbau für die Ziegeleien entstanden war. „Der Tonschiefer wurde hier abgebaut und kam mit Loren zur Weiterverarbeitung Richtung Ringofen. Aus dem zerkleinerten Material wurden Ziegelsteine geformt und zum Trocknen auf Holzgerüste gelegt, ehe sie gebrannt wurden. Das geschah alles in Handarbeit.“
Suche nach Kohle
Laut Böving suchten früher viele in Oberwengern auch nahe der Ruhr nach Kohle. „In der Nähe des Flusses war aber wohl wenig zu holen. Vor allem im Wald wurde viel geschürft.“ Das bestätigt Peter Arnold. Der Herdecker Heimatforscher fand nicht nicht nur einiges zu Ziegeleien heraus, sondern sah sich auch alte Bergbaukarten und dazugehörige Aufsätze an. Auf einer Zeichnung aus Oberwengern entdeckte er einen Eintrag zum Kiesschacht Ludwig Bönnhoff. Dieses Material wurde nicht zur Ziegelsteinproduktion benötigt.
In verschiedenen Texten zur Geschichte dieses Ortes tauchen neben dem Grubenfeld „Schwarzer Adler“ um 1836 auch immer wieder das Bergwerk Übelgönne (1829 am Ostholz entdeckt) und das Steinkohleflöz St. Henricus auf, etwa bei einem Pachtvertrag 1876 für das Gelände rund um Haus Hove.
Weitere historische Hinweise
Renate Böving betont, dass der Zamelhof nicht an das Ziegeleigelände von Carl Bönnhoff angrenzte, sondern ab 1900 Emil Bönnhoff gehörte, der es seinem Sohn Ludwig bis 1935 überließ.
Das Stadtarchiv überprüft derweil noch den Hinweis des Fördervereins bergbauhistorischer Stätten (Arbeitskreis Wetter/Herdecke) auf eventuelle Bunkeranlagen des 2. Weltkrieges.