Wetter. Das Hallenbad Oberwengern muss erneut saniert werden, weil das Salz der Sole an Beton, Stahl und technischem Gerät frisst. Und das ist der Plan.
20 Jahre ist es her, dass im Sport- und Freizeitbad von Chlor- auf Soledesinfektion umgestellt wurde. Gesundheitliche Gründe seien damals ausschlaggebend gewesen, erinnern sich die Vertreter der Stadtverwaltung beim Ortstermin mit der Redaktion. Mit der Umstellung verschwand auch der für Hallenbäder einst so typische Chlorgeruch. Was damals nicht bedacht wurde: Bäder, die nicht eigens darauf ausgerichtet bzw. extra so gebaut sind, nehmen über die Jahre großen Schaden durch das Salz in der Luft. Aber genau das ist in Oberwengern passiert. „Zum damaligen Zeitpunkt wurde man also offensichtlich schlicht falsch beraten“, heißt es dazu aus dem Rathaus.
Deswegen steht nun erneut eine umfassende Sanierung ins Haus: 810.000 Euro soll die Ertüchtigung von Wassertechnik und Elektrik kosten. Für den Antrag auf Fördergelder bedurfte es der Zustimmung des Rates bzw. des ihn ersetzenden Hauptausschusses: Die erfolgte kürzlich einstimmig.
Rundgang startet im Erdgeschoss
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Im Laufe der Jahre hat sich das Salz an zahllosen Stellen im Gebäude tief in Beton und Stahl gefressen. Das wollte sich die Redaktion anschauen und startet den Rundgang im Erdgeschoss, direkt am „Ein-Meter-Sprungturm. Ingenieurin Andrea Golüke vom Gebäude- und Immobilienmanagement der Stadt, deutet auf eine abgebröckelte Stelle: „Das Salz dringt überall ein und greift den Stahl im Beton an. Wenn der korrodiert, breitet er sich aus und der Beton drumherum platzt ab.“ Architektin Wencke Habbes erklärt: „Wenn man mit Sole desinfiziert, muss die Betonüberdeckung fünf Mal so hoch sein, wie sie es in diesem Bad ist. Aber wir können jetzt nicht das ganze Gebäude samt Technik auf diese Weise abdichten.“ Direkt neben dem „Einer“ befindet sich die runde Tragkonstruktion des Drei-Meter-Bretts – auch sie ist angegriffen. „Ähnlich wie hier war es auch bei allen 28 Stützen an der Außenfassade, die bereits im unteren Bereich verstärkt wurden“, ergänzt Wencke Habbes.
Wir verlassen das Erdgeschoss und gehen hinab ins technische Herz des 1977 gebauten Hallenbades, das erst 2014 für etwa eine Million Euro saniert wurde. Auch im Untergeschoss ist der Beton stark angegriffen. Und nicht nur der. Sollte sich die Politik dazu entscheiden, die Sole-Desinfektion beizubehalten, müsste wohl nicht nur der Schaltschrank für die Elektrolyse erneuert werden. „Nicht mehr Stand der Technik ist auch der Elektroschrank für die Wasseraufbereitung“, sagt Badbetriebsleiter Christoph Rose und ergänzt: „Der ist 44 Jahre alt; die Leitungen liegen blank, das ist einfach überholt.“ Der Blick schweift umher und bleibt immer wieder an stark verrosteten Metallteilen und bröseligen Ecken hängen. Zum Beispiel neben dem Schwallwasserbecken, das das Wasser aus dem Überlauf der Schwimmerbecken aufnimmt – „sozusagen das Wasser, was die Besucher verdrängen“, sagt Christoph Rose. Neben den Kontrollfenstern platzt der Beton ab, teilweise sammeln sich auf dem Fußboden Salzkristalle, die beinahe wie Blüten aussehen und an geschöpftes Meersalz erinnern. Leitungen sind so stark zerfressen, das sich verrostete Stücke leicht mit der Hand abbrechen lassen.
Kein Zweifel, hier besteht Handlungsbedarf. 810.000 Euro sind für das Komplett-Sanierungspaket veranschlagt – inklusive einer Umstellung zurück zur Chlordesinfektion, die laut Birgit Gräfen-Loer von der Gesamtsumme rund 80.000 Euro ausmachen würde. Ebenfalls enthalten ist die Sanierung der Technik bzw. die Umstellung auf LED. „Die alten Lampen sind sehr wartungsintensiv und auch durch die Sole angegriffen. Man muss jetzt erst das Wasser ablassen und ein Gerüst bauen, wenn man an die Lampen herankommen will. Die neuen LED-Lampen würden wir an anderen Stellen anbringen und durch die LED-Technik sparen wird zudem Strom“, erläutert Andreas Golüke.
Entscheidung steht noch aus
Die Entscheidung des Rates, ob im Zuge der technischen Sanierung auch eine Umstellung von Soledesinfektion auf Chlorgas erfolgen soll, steht noch aus. Für den Betrieb mit Chlorgas sei die aktuelle Betonüberdeckung des Bades ausreichend, sodass zukünftig teure Betoninstandsetzungsarbeiten entfallen. Die Betriebs- und Wartungskosten bei einer Desinfektion mit Sole sind laut Verwaltung ca. 70 Prozent höher als bei einer Chlorgasdesinfektion. Die Salzelektrolyse habe gegenüber anderen Desinfektionsverfahren aber auch Vorteile: keine Gefahrstofftransporte oder Lagerung von chlorhaltigen Chemikalien wie Tabletten, Chlorgas oder Chlorlauge, das erhöhte Risiko für die Schwimmmeister entfalle, Allergiker und Asthmatiker profitierten (lästiger Chlorgeruch, Augenbrennen, gereizte Haut). Dennoch rät die Verwaltung davon ab, bei dem Soleverfahren zu bleiben.