Herdecke. Vieles fällt aus, manches läuft anders: Der VCS in Herdecke lässt sich in seiner Arbeit von Corona nicht unterkriegen.

Die Geburtstagsparty muss verschoben werden. 35 Jahre wird der Verein zu Förderung christlicher Sozialarbeit in diesem Monat alt. Corona macht dem VCS nicht nur beim Feiern einen Strich durch die Rechnung. Aber Geschäftsführerin Barbara Degenhardt-Schumacher gibt sich nicht geschlagen: Notfalls geht sie vor die Tür, um Hilfestellung im Papierkrieg mit Ämtern und Behörden zu geben.

Derzeit findet viel Beratung über Telefon statt, berichtet Barbara Degenhardt-Schumacher. Ganz selten macht sie Termine im Büro. Und doch stehen öfter Hilfesuchende vor der Tür und wollen wissen, was sie etwa mit einem amtlichen Schreiben machen sollen oder ob soziale Leistungen für sie korrekt bemessen sind. Dann greift Barbara Degenhardt-Schumacher zu ihrem Klemmbrett und tritt kurzerhand nach draußen. „Gott sei Dank gibt’s beim Dach einen Überstand“, sagt sie, „man muss sich derzeit nur warm anziehen.“

„Lebensbank“ bleibt unbesetzt

Helfen kann sie auch über Whatsapp. Gerade Menschen, die vor Krieg und Elend geflohen sind und in Herdecke Aufnahme gefunden haben, greifen gerne zu dem Programm auf dem Telefon. „Das reicht fürs Weiterschicken von Behördenbriefen“, weiß Barbara Degenhardt-Schumacher die Vorzüge dieses Kanals zu schätzen. Schnell kann sie sagen, wo möglicherweise ein Kreuzchen zu setzen ist. Oder sie macht das selbst und schickt die entsprechend ergänzte Nachricht als Bild zurück. Kommen aber größere Sprachprobleme hinzu, gibt’s doch eine Einladung unters Vordach des Urban-Hauses.

Andere Aufgabenfelder des VCS dagegen liegen brach. Gerade zwei Mal hat es im vergangenen Sommer ein „Internationales Frühstück“ nach neuem Konzept gegeben. Mehr als zwei Jahrzehnte war einmal im Monat Gelegenheit zum Gespräch beim Frühstück und zum Mitnehmen aus der Kleiderkammer. Geblieben ist das Frühstück und die Verteilung von Hausrat, Handtüchern und Bettwäsche. Aktuell aber ist Pause.

Auch die „Lebensbank“ auf dem Friedhof bleibt unbesetzt. Vier bis fünf Menschen sind hier meist zusammengekommen, darunter zwei Ehrenamtliche vom VCS. Zu viele Haushalte. Die aktuelle Corona-Schutzverordnung lässt das nicht zu. Vielleicht im Frühjahr können „die Gespräche über Gott und die Welt“ wieder aufgenommen werden“, hofft Barbara Degenhardt-Schumacher.

Geschlossen bleibt auch das Trauercafé. Bei dessen Besuchern meldet sich Barbara Degenhardt-Schumacher von sich aus per Telefon. So hat sie gerade vom Frust einer 80-Jährigen erfahren, die Anmeldeprobleme für die Corona-Impfung hatte und noch nicht so recht weiß, wie sie zum Impfzentrum des Kreises nach Ennepetal kommen soll. Unter die Räder geraten aktuell kreative Angebote und das Miteinander: „Kaffee trinken über Telefon ist schwierig“, sagt Barbara Degenhardt-Schumacher.

Hilfe und Beratung seit 1986

Den Verein zur Förderung christlicher Sozialarbeit in Her­decke gibt es seit 1986.

Er hat sein Domizil im Urbanhaus, Westender Weg 41.

Er berät bei persönlichen und familiären Konflikten sowie bei Obdachlosigkeit und bietet – zum Teil im Auftrage der Stadt – heimatlosen Menschen Unterstützung und Integrationshilfen.

Der VCS war ein paar Monate alt, als sie ihre Stelle als Geschäftsführerin des Vereins antrat. Sie war die erste Hauptamtliche in dieser Funktion. Daran hätte sie erinnern können, wenn die geplante Dankeschönfeier für die Ehrenamtlichen jetzt möglich gewesen wäre. Nun muss später gefeiert werden. Geld steht zur Verfügung: Dem VCS wurde im letzten Jahr der Herdecker Ehrenamtspreis verliehen. Das Preisgeld sollte den Helferinnen und Helfern zugute kommen, darunter auch den Aktiven der Corona-Nachbarschaftshilfe.

Die Pandemie lähmt nicht nur, sie schafft auch neue Aufgaben: Im ersten Lockdown im Frühjahr waren es täglich zwei Handvoll Anrufe, die im Büro von Barbara Degenhardt-Schumacher eingingen: von Menschen, die um Besorgungen oder nur Gespräche baten und solchen, die sich dafür gerne auf den Weg machen.