Wetter/Herdecke. In die Schule schicken oder zuhause lassen? Auch in Wetter und Herdecke haben sich die Eltern entschieden. Manchmal aus schmerzlicher Erfahrung.
Seit gestern bleiben der Große in Klasse 3 und sein jüngerer Bruder in Klasse 1 daheim. „Wir wollen die Großeltern an Weihnachten nicht allein lassen“, sagt Mutter Edith Mericnjak aus Wetter. Deswegen gehen sie und ihr Mann beim Ansteckungsrisiko auf Nummer Sicher. Das Betreuungsproblem bekommen die Mericnjaks gelöst – wie auch viele andere Eltern an den Schulen in Wetter und Herdecke, die ihre Kinder in der letzten vollen Woche vor den Ferien nicht mehr in die Schule schicken müssen. Unterricht findet trotzdem statt, auch für die Daheimgebliebenen. Der Spagat – hier Schüler in den Klassenräumen, da Aufgaben für den Rest im Home-Schooling – ist für die Schulen keine leichte Aufgabe.
„Wir wollen die Großeltern auf keinen Fall anstecken“, sagt Edith Mericnjak, die im Herdecker Krankenhaus arbeitet und auch privat weiß, wovon sie redet: Die Urgroßmutter ihrer beiden Jungs ist in der slowenischen Heimat in einem Heim an Covid 19 gestorben. Nicht nur um die Großeltern, die schon vom Alter her zur Risikogruppe zählen, macht sie sich sorgen. Auch der „Große“ in Grundschulklasse 3 ist als Asthmatiker gefährdet. Deshalb bleiben die Brüder jetzt bei Mama oder Papa.
Mama und Papa wechseln sich bei Betreuung daheim ab
Sie selbst geht vormittags arbeiten. In dieser Zeit macht der Vater Homeoffice und kümmert sich um die Jungs. Nachmittags ist sie dann daheim, und der Vater wechselt auf seinen Arbeitsplatz. „Wir haben das große Glück, die Betreuung gut organisieren zu können“, sagt Edith Mericnjak und erzählt damit eine der Geschichten, die sich hinter den Zahlen auf dem Block von Schulleiterin Julia Vincent verbergen. In Klasse 1 hat sie an der katholischen Grundschule in Alt-Wetter acht Kinder, die zum Unterricht gekommen sind, zwölf lernen auf Distanz. Über alle Klassen verteilt, halten beide Gruppen die Balance.
Das Kollegium steht nun vormittags zunächst einmal in den Klassen, auch wenn nur noch jeder zweite Stuhl besetzt ist. Nach Unterrichtsschluss um 12 Uhr „wird angerufen“, erklärt Julia Vincent - jedes Kind mindestens zwei Mal in dieser Woche. Die Aufgaben für die Daheimgebliebenen gehen per Mail an die Jungen und Mädchen und sind auch auf einer Lernplattform eingestellt. Es gibt auch eine Videofunktion, die ist aber noch nicht frei gegeben.
Die Eltern können auch vormittags schon Fragen schicken, wenn der Nachwuchs Probleme mit den Aufgaben hat. Dann gibt es nach Mittag auf jeden Fall eine Reaktion. Es sei wichtig, mit den Kindern über die Aufgaben auch zu sprechen, sagt die Schulleiterin zu dem kurzen telefonischen Draht. Wobei es nicht nur um den Lernstoff geht, sondern die Möglichkeit zum miteinander Reden überhaupt. „Die Kinder sind schon nervös“, weiß Julia Vincent, dass die Nachrichten von der Notwendigkeit härterer Einschnitte zur Eindämmung der Pandemie auch die Jüngsten erreichen.
Notbetreuung auch nach den Ferien
An der Sekundarschule in Wetter sind gestern in einigen Klassenräumen die Lichter angegangen. In anderen Räumen blieb es dunkel. Ab Klasse acht gilt für alle Schülerinnen und Schüler Unterricht daheim, bis Klasse sieben dürfen die Eltern entscheiden. Etwa ein Drittel der Eltern habe wie vom Weg her erbeten per Mail ihre Kinder vom Präsenzunterricht abgemeldet, berichtet Thomas Rosenthal, Leiter der Sekundarschule. Nun gibt es für die Lehrer Unterricht in den Klassen „und ein bisschen Mehrarbeit“, so Rosenthal.
Die Sekundarschule arbeitet mit einer Lernmanagement-Plattform. Sie erlaubt, dass die Schüler daheim über den gleichen Aufgaben brüten wie ihre Mitschülerinnen und Mitschüler im Klassenzimmern. Die Lernplattform könnte noch mehr. Im Augenblick werde probiert, den Unterricht in Echtzeit in die Kinderzimmer, die zu Lernzimmern geworden sind, zu übertragen.
Für diese Woche scheint damit geklärt, wer zur Schule kommt und wer zum Lernen zuhause bleibt. Aber auch am Montag und Dienstag der nächsten Woche noch sollen Kinder zur Schule geschickt werden können. Für das Betreuungsangebot muss von der Homepage der Sekundarschule ein Vordruck für die Kinder in Stufe 5 und 6 herunter geladen werden. Anders als bei ersten Lockdown im Frühjahr müssen die Eltern aber nicht nachweisen, dass sie zu besonders wichtigen Berufsgruppen zählen. „Ein Betreuungsproblem als Grund reicht“, sagt Thomas Rosenthal.
Julia Vincent von der katholischen Grundschule hat nur eine Anmeldung für die Betreuung Anfang nächster Woche. Von anderen Grundschulen weiß sie, dass es auch ein gutes Dutzend Jungen und Mädchen geben kann, bei denen die Eltern froh sind, sie in der Schule gut aufgehoben zu wissen. Eine Notbetreuung soll es auch geben, wenn die Schule im neuen Jahr nach den bisherigen Plänen mit leichter Verspätung wieder an den Start gehen. Die Abfrage für den 7. und 8. Januar läuft derzeit. Dann hat Familie Mericnjak hoffentlich ein schönes und gesundes Weihnachtsfest hinter sich.