Herdecke. Die Geschäftsführung des Großküchen-Betriebs Rebional aus Herdecke war lange besorgt. Nach Corona-Existenzängsten gibt es erfreuliche Tendenzen.
Im März, als die Corona-Krise bereits Gastronomien und auch Großküchen mit voller Wucht traf, schrieb die Geschäftsführung des Unternehmens Rebional einen Brief an führende Politiker. Gemeinsam mit drei Konkurrenten aus Nordrhein-Westfalen wollten die Verantwortlichen des Herdecker Catering-Betriebs darauf aufmerksam machen, dass ihre Branche angesichts vieler Hilfen für andere Wirtschaftszweige nicht vergessen werden darf.
„Es gab von allen eine Rückmeldung“, berichtet nun Rebional-Geschäftsführer Klaus Richter. Sogar recht persönlich fiel demnach die Antwort aus dem Büro von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet aus. „In diesem Schreiben ging es tatsächlich um unser Anliegen. Ich behaupte bis heute, dass unsere Branche vergessen wurde“, meint Richter nun und erinnert sich an die Situation, als plötzlich in der Zentralküche neben dem Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke die Zubereitungszahlen von 6500 Essen täglich auf 400 oder am Standort Hamburg von 5800 Schulessen auf Null sanken. „Das war natürlich erst mal heftig und eine Art Schockzustand.“ Und: „Wir waren der Situation einfach gnadenlos ausgeliefert. Wir konnten uns aber schnell fangen und legten ganz klar ein Ziel fest: keine Kündigungen! Dafür wollten wir einfach alle Hebel in Bewegung setzen.“
1,5 Millionen Euro Umsatzverlust
Auf 1,5 Millionen Euro Umsatzverlust beziffern Richter und sein Geschäftsführungs-Kollege Oliver Kohl die Pandemie-Probleme 2020 für den Gemeinschaftsverpflegungs-Betrieb. Doch derzeit sieht das Duo Licht am Horizont: „Wir kommen ganz gut durch die Krise, der August lief prima, der September auch. Wir hoffen, das Jahr erträglich abschließen zu können. Eine Schwarze Null wäre angesichts zwischenzeitlicher Existenzsorgen ein Erfolg.“ In Hamburg seien die Essenszahlen sogar derzeit höher als vor Corona.
Die zwei Führungskräfte seien „stolz“ darauf, wie Rebional bisher die Krise meistere. Das Herdecker Unternehmen komme ohne staatliche Unterstützung und Kündigungen aus. Oliver Kohl: „Wir haben frühzeitig Maßnahmen eingeleitet und sehr schnell ein Pandemie-Konzept entwickelt, Kurzarbeit angewendet und vor allem ganz intensiv mit unseren Mitarbeitenden ehrlich sowie klar kommuniziert.“
Gleichwohl bleibt es bei einer bitteren Zwischenbilanz, denn verlorenen Umsatz können Gastronomen bekanntlich nie wieder aufholen. Zudem schwächeln Krankenhaus- und Seniorenheim-Cafeterien weiterhin – diesbezüglich strebe Rebional mit kreativen Herangehensweisen bessere Lösungen an. Demnach brauche es neue Konzepte, aber vor allem auch Einsparungen und ein Umdenken. „Wir haben darum gebeten, Mieten zu senken oder zu stunden“, nennt Klaus Richter ein Beispiel. „Was wir aber von vornherein ausgeschlossen haben: zu Lasten der Qualität unseres Essens zu sparen.“
200 Mitarbeiter, knapp ein Viertel neben dem Krankenhaus in Ende aktiv
Die Rebional GmbH ist ein Gastronomie-Betrieb für Gemeinschaftsverpflegung mit Bio-Qualität und wurde 2010 am Hauptsitz Herdecke gegründet. Das Unternehmen beschäftigt bundesweit rund 200 Mitarbeitende, in Westende sind es ca. 45 (am Standort Hamburg ungefähr 100).
Die Geschäftsführung sagt zur Corona-Krise, dass diese auch eine lehrreiche Zeit sei. Oliver Kohl: „Die letzten Monate haben uns als Unternehmen extrem zusammengeschweißt. Schimpfen hilft nicht viel, wir müssen alle Geduld haben und Ruhe bewahren.“
Stattdessen erhielten Mitarbeitende, die wegen Corona in ihrem eigentlichen Zuständigkeitsgebiet quasi nichts mehr zu tun hatten, neue Aufgaben. Aus der Küche ging es für manche an die Rezeption, andere pflegten Grünanlagen oder wechselten in die Unterhaltsreinigung oder übernahmen die Maskenkontrolle vor Ort. „Die Bereitschaft dazu ist natürlich auch nicht selbstverständlich, aber das hat super funktioniert“, lobt Kohl. Zudem haben den Angaben zufolge die 200 Mitarbeitenden und die Unternehmensleitung (auch für die galt Kurzarbeit) freiwillig einen Urlaubstag gespendet.
Fazit: „All diese Maßnahmen und das Kurzarbeitergeld haben Kündigungen verhindert“, meint Richter, der im Hinblick auf die bevorstehenden Wintermonate noch einen weiteren Aspekt anfügt und an den gemeinsamen Brief erinnert: „Wir Gastronomen mussten und müssen zusammenhalten, in Corona-Zeiten ist auch der Konkurrenz-Gedanke zweitrangig.“ Damit der Blick voraus. Rebional bemühe sich, weiter neue Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln. Zum Beispiel verweist Oliver Kohl auf den kürzlich eingeführten Lieferservice für Einzelportionen, „der läuft auch ganz gut“.
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Home-Office, Gespräche auf digitalem Weg und flexible Arbeitszeiten gehören bei Rebional zum Alltag. Weiter gehen die Bemühungen in Richtung Nachhaltigkeit: „Emissionen und Ressourcen sparen, Stress im Team reduzieren, familienfreundlich agieren – durch Corona wurde unser Anspruch an Nachhaltigkeit nur noch verstärkt, denn das macht uns aus“, so Kohl.
Wünsche für die Zukunft
Bleibt noch die Frage, was die Politik für Gastronomen inklusive der Gemeinschaftsverpflegung tun könne. „Es wurde zwar nachgesteuert, aber die gesamte Gastro-Branche leidet natürlich extrem – und das wird auch noch eine Weile so bleiben“, meint Klaus Richter. „Wir fragen uns: Was sind die Konzepte für 2021? Außerdem haben wir erlebt, dass die Prozesse der Behörden nach wie vor recht schwerfällig sind und die Struktur des Kurzarbeitergeldes nicht für jeden verständlich ist. Das könnte wirklich verbessert werden.“