Herdecke. Werner Karmiol hat aus gesundheitlichen Gründen in der Ruhrgalerie im Kulturhaus Herdecke aufgehört. Stadt nimmt sich Zeit bei Nachfolge-Regelung

Der Raum im Kulturhaus an der Goethestraße war mal ein Klassenzimmer. Und ist es nun – coronabedingt – schon wieder. Bis zum Jahresbeginn aber befand sich dort neben dem Kino Onikon nicht die musikalische Früherziehung der städtischen Musikschule, sondern die Ruhrgalerie. Deren Leiter hat nach Auskunft der Stadt im März aus gesundheitlichen Gründen aufgehört: Immerhin siebeneinhalb Jahre lang war der Her­decker Werner Karmiol der Galerist der Ruhrgalerie.

Die letzte Ausstellung unter Karmiols Regie feierte den Hagener Künstler Peter Reuter. Auf dessen Spuren begeben hatte sich der Herdecker Uli Weishaupt. Über den Galeristen sagt er: „Werner Karmiol ist ein Gentleman vom Scheitel bis zur Sohle.“ Mit seiner „sehr leisen Art“ habe sich Karmiol immer „höflich zurückgehalten“, im Hintergrund aber immer wieder neue Kontakte zu Künstlern, aber auch zu Sponsoren geknüpft. Und das erfolgreich.

Im Oktober 2012 hatte Werner Karmiol die Leitung der Ruhrgalerie von Helga König übernommen. „Er hat seiner Vorgängerin beim Aufhängen der Bilder geholfen“, denkt Uli Weishaupt zehn Jahre zurück. Exakt und sorgsam aufgehängt waren die Kunstwerke bei Werner Karmiol, „da war eine Linie drin“, erinnert sich Weishaupt.

Offene Tür für Kino-Besucher

Beinahe 20 Ausstellungen sind es in den Jahren seit 2012 geworden. Die 20 voll gemacht hat Karmiol jetzt wegen der Gesundheit nicht. Rosi Reiß hat in seiner Zeit in der Ruhrgalerie ausgestellt. Unter der Überschrift „Mein roter Faden“ zeigte sie aktuelle Arbeiten. Sie hatte selbst einmal drei Jahre lang die Herdecker Ruhrgalerie geleitet und sich nach nach eigenen Angaben „riesig gefreut“, als Werner Karmiol sie auf eine Ausstellung angesprochen hatte. Dagmar Vogt stellte an der Goethestraße aus ebenso wie Professor Rolf Escher.

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Die Ausstellungen wechselten, aber sie schlossen nicht direkt aneinander an. An den Wochenenden war die Galerie geöffnet, und auch am späten Mittwochnachmittag. Damit konnten die Besucher im Kino Onikon, ebenfalls im Kulturhaus beheimatet, zu Betrachtern von Bildern und Skulpturen werden. „Die Tür zur Galerie stand dann offen, und es gab eine freundliche Begrüßung durch den Galeristen“, erzählt Uli Weishaupt, der auch in der Herdecker Kino-Initiative mitwirkt.

Orte der Kunst

Die Ruhrgalerie liegt im Kulturhaus an der Goethestraße 14, einem früheren Schulgebäude.

Hier ist auch das Kino Onikon der Herdecker Filminitiative beheimatet.

Kunstausstellungen in Herdecke gibt es zudem in der Dörken-Galerie an der Wetterstraße.

Regelmäßig lädt auch Rani Sensen zu Ausstellungen in ihren Salon an der Hauptstraße.

Bis Anfang März lief die „Hommage an Peter Reuter“, den großen Porträtmaler aus der Nachbarstadt. Dann wurde wegen Corona das öffentliche Leben runtergefahren. Selbst wenn die Beschränkungen für die Räume der Kunst gelockert worden sind – auch ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin hätte nicht einfach eine zweite Ausstellung für dieses Jahr auf die Beine stellen beziehungsweise an die Wand hängen können: Aktuell dient der frühere Klassenraum aus Ausweichquartier für die Musikschule. In deren bisherigen Räumen in der früheren Vinkenbergschule ist nämlich vorübergehend auch ein neu gegründeter Kindergarten eingezogen. So steht im Kulturhaus jetzt musikalische Früherziehung auf dem Stundenzettel, wo sonst die bildende Kunst zu ihrem Recht kam.

Politik hat nachgefragt

Als Kulturamtsleiterin Jessica Rausch jetzt von der Politik gefragt wurde, ob denn Werner Karmiol die Aufgabe als Galerist an den Nägel gehängt habe, konnte sie das nur bestätigen. Und sie warb auch um Verständnis, dass die Stadt wegen der Zwischennutzung bei der Nachfolgeregelung keine besondere Eile an den Tag legt. Eine Suche sei erst sinnvoll, „wenn die Ruhrgalerie wieder für ihren originären Zweck zur Verfügung steht“, hat sie die Redaktion wissen lassen. Und gleich eine Art Stellenbeschreibung mitgegeben. Wer Karmiol folgen wolle, „müsste zu aller erst ein Kunstliebhaber sein und gute Kontakte zu ausstellenden Künstlerinnen und Künstlern haben oder diese aufbauen.“