Wetter. Ein junger Mann aus Wetter will die Trunkenheitsfahrt seiner Mutter verhindern. Die gewählten Mittel dazu sind falsch, sagt das Gericht.
Die Spannungen und Konflikte in seiner Familie setzten einem jungen Wetteraner offenbar schon lange zu. Vor einem Jahr eskalierte die Situation erneut. Um seine Mutter, die alkoholisiert war und keinen Führerschein besaß, an einer Autofahrt zu hindern, schlug der 22-Jährige zu – mehrfach und mit der Faust.
Wegen gefährlicher Körperverletzung saß er nun auf der Anklagebank. Nicht alleine. Nach einem weiteren heftigen Streit mit ihrem Ehemann setzte sich die 58-Jährige am 10. August vergangenen Jahres hinter das Steuer. Ihr Sohn folgte ihr sofort, wollte den Schlüssel aus dem Zündschloss ziehen und auf Parkmodus stellen, schlug aber schließlich einige Male mit der Faust in das Gesicht der Mutter. Die erlitt dabei unter anderem einen Jochbeinbruch.
Darüber hinaus wurde dem Vater des jungen Mannes vorgeworfen, seiner Ehefrau einige Tage zuvor mehrere Schläge auf den Arm versetzt zu haben. Die Vorwürfe gegen Vater und Sohn entpuppten sich nun als Herausforderung für das hiesige Amtsgericht und erwiesen sich für jedes einzelne Familienmitglied als Zerreißprobe. Der Senior bestritt, seine Frau geschlagen zu haben. „Ich habe niemanden geschlagen“, beteuerte er, verwies auf ein Alkoholproblem seiner Ehefrau, auf Aggressionen und Beleidigungen ihrerseits. Warum sie bei der Polizei sogar erklärt habe, dass sie seit fünf Jahren regelmäßig geschlagen werde, könne er sich nicht erklären. „Es ist genau andersrum.“ Seine Frau erklärte im Zeugenstand zunächst, sich an den angeklagten Vorfall, der ihren Mann betraf, nicht erinnern zu können und machte später von ihrem Recht, die Aussage als Angehörige zu verweigern, Gebrauch.
Eines einte das Paar allerdings. Beide waren darauf bedacht, ihren Sohn zu schützen. Die Mutter betonte, was seine Fausthiebe betraf: „Ich hatte Streit mit meinem Mann, und mein Sohn hielt das nicht mehr aus. Ich bin mir sicher, dass er das so nicht wollte. Das ist an sich meine Schuld. Im Grunde kann er da nichts zu.“ Auch versicherte sie, keinerlei Schmerzen verspürt und auch keine bleibenden Schäden davongetragen zu haben. „Ich bitte darum, von seiner Bestrafung abzusehen.“ Der 22-Jährige selbst, sichtlich von der Gesamtsituation überfordert, erklärte nach ihrer Aussage: „Ich wollte verhindern, dass sie in ihrem Zustand noch fährt.“ Und: „Weil ich sie sonst nicht zur Vernunft bringen konnte.“ Aber: „Es tut mir aufrichtig leid.“
Letztlich schaltete sich sein Vater noch einmal ein und beteuerte, dass sein Sohn auch deshalb so gehandelt habe, weil er die zahlreichen Kinder, die stets auf ihrer Straße spielen würden, hätte schützen wollen. Während der Verteidiger des jungen Wetteraners auch mit Blick auf den Schutz der spielenden Kinder auf der Straße von einem übergesetzlichen Notstand ausging und einen Freispruch für den 22-Jährigen forderte, hatten Anklage und Gericht keinen Zweifel daran, dass der der gefährlichen Körperverletzung schuldig war.
Erhebliche Verletzung strafschärfend
Er, so begründete Richter Christoph Labenski, habe nicht das erforderliche Mittel gewählt. Er habe weiter versuchen können, den Schlüssel zu ziehen, in den Parkmodus zu stellen oder seine Mutter festzuhalten. Für den Sohn sprachen sein leeres Strafregister, die Hintergründe der Tat und die weitgehend geständige Einlassung. Strafschärfend musste sich die erhebliche Verletzung auswirken. Der junge Mann wurde zu fünf Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Für seinen Vater endete der Prozess mit einem Freispruch.
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