Wetter. Nessi Tausendschön will sich und dem Publikum in Wetter auch in der Corona-Krise das Lachen nicht verbieten lassen. Und liefert 1000 Anlässe.
Romantik, Humor, Erotik und Kritik lagen am Donnerstagabend in der Stadthalle in Wetter in der Luft. Im Rahmen der Kleinkunstreihe der Lichtburg gab sich Nessi Tausendschön, begleitet vom Musiker William Mackenzie, die Ehre. Es sei nicht so leicht, in Zeiten von Corona witzig zu sein, erklärte die Kabarettistin zu Beginn ihres Auftritts. Aber: Niemand sollte es sich verbieten lassen, zu lachen. Sie würde mit ihrem Programm „Knietief im Paradies“ einen Mittelweg finden.
Erotikwerbung zu später Stunde
Tatsächlich entwickelte sich der Abend zu einem bunten Gefühlskarussell, das von provokant, charmant und witzig über melancholisch bis hin zu vorwurfsvoll und mahnend reichte. Im Kern drehte sich alles um die Frage, was eigentlich das Paradies ist. Ist es die Befriedigung von Konsumrausch? An dieser Stelle dankte die Künstlerin dem „gehässigen Haufen“ vor sich dafür, Geld für die Karte gezahlt zu haben. Denn nur dadurch sei es ihr möglich gewesen, sich neue Schuhe zu kaufen. Goldene Schnabelschuhe. Mit Bommeln dran.
Früher hätten alle noch nachhaltiger gelebt. Geschenkpapier sei ebenso gebügelt worden wie Lametta. Außerdem wurde aus Senfgläsern getrunken. Der Begriff „Mehrweg“ würde mit „mehr weg“ falsch interpretiert, resümierte Tausendschön.
Dann widmete sie sich dem Fernsehprogramm, insbesondere der nächtlichen Erotikwerbung auf den Sportkanälen. Sie stellte fest: Niemand sollte Sportreporter sein. Es folgte eine pikante Darbietung, bei der die Künstlerin mit spitzer Zunge und völlig hemmungslos in typisch aufgedrehter Sportreportermanier die Europameisterschaft in der Liebeskunst kommentierte.
Sie könnte aber nicht nur über die mechanische Seite der Liebe berichten, sondern hätte auch das Emotionale im Petto. Und so zogen sich Liebeslieder und Liebeserklärungen wie ein roter Faden durch das Programm. Für Begeisterung sorgte dabei der abwechslungsreiche Einsatz unterschiedlicher Instrumente.
Mit Klangschale und Keyboard
Während William Mackenzie gleich mehrere Gitarren und ein kleines Schlagzeug dabei hatte, bewies Tausendschön ihr musikalisches Talent an der singenden Säge, der Klangschale, einem antiquiertem Keyboard, mit Rasseln und am Xylofon. Zudem „quälte“ sie das Publikum mit Jazz à la a Kapella, indem sie mit ihrer Stimme äußerst überzeugend eine Trompete imitierte. „Seien Sie froh, dass ich keinen Ausdruckstanz mache.“ Obwohl so manche Bewegung bei den Liedern genau daran erinnerten. Gesanglich präsentierte sich Tausendschön dem Publikum auf hohem Niveau. In einem Stück mit Hilfe eines Telefonmikrofons, das den Eindruck eines Anrufs erweckte.
Kanzlerin mit Rückgrat aus Gummi
Im Laufe des Abends bekamen Helikoptereltern ebenso ihr Fett weg wie Angela Merkel, die statt Rückgrat nur Knetgummi von Gott abbekommen habe. Und auch das große schwedische Möbelhaus, in dem Kinder im Smalland zurückgelassen werden, wurde nicht verschont. Die selbsternannte „Lustigkeitshure“ oder „Witzeprostituierte“ verstand es hervorragend, mit der Sprache zu spielen und so selbst harte Kritik charmant zu verpacken. Und ganz nebenbei gab sie dem Publikum noch ein paar echte Lebensweisheiten mit auf den Weg: „Die Frage nach dem Paradies ist die Suche nach dem persönlichen Glück.“
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