Herdecke. Gute Nachrichten aus Herdecke: Seit Mitte März und damit vor der Corona-Krise produzierte das GuD-Kraftwerk wieder mit Erdgas Strom.

Wer kann mit dem Namen Günter Kleine etwas anfangen? Herdecker könnten den Energie- und Verfahrenstechniker noch als Betriebsleiter des hiesigen Cuno-Kraftwerks in Erinnerung haben. Nun ist der Maschinenbau-Ingenieur aber schon seit einiger Zeit im Ruhestand, was zu der Frage führt: Wer ist bei der Mark-E aktuell für die Gas- und Dampfturbinenanlage am Harkortsee verantwortlich? Die vielschichtige Antwort hat die Redaktion bei einem Termin mit drei Vertretern erhalten, wobei Andreas Köster aus der Unternehmenskommunikation von Enervie (Mutterkonzern) nicht zum operativen Geschäft gehört.

Im Besprechungsraum auf dem Kraftwerksgelände an der Wetterstraße sitzen noch Stefan Grüger und Heiko Zander. Beide gehören innerhalb der Enervie-Gruppe zur Abteilung Erzeugung. Genauer zur Sektion F-E-R-G, das steht für Finanzen/Technik, Erzeugung, regenerative Energien und Genehmigung. Der 57-jährige Diplom-Ingenieur Grüger von der Betriebsunterstützung ist seit 1990 im Unternehmen. Dort begann 1988 auch der Elektrontechniker und Betriebswirt Zander seine Laufbahn. Der 49-Jährige hat bei der Mark-E eine Sonderfunktion inne: Er ist Standortverantwortlicher für die Anlagen in Herdecke und Hagen-Emst.

Das sei gewissermaßen aber nicht überzubewerten, die Struktur ist demnach dezentral ausgerichtet. „Wir haben über all die Jahre unser Kraftwerks-Konzept verändert“, berichtet Grüger. „Wir arbeiten Standort-übergreifend, haben also Teams, die sich sowohl hier am Harkortsee als auch andernorts mit unseren Anlagen auskennen.“ Aus der Sicht von Mark-E braucht es auf Dauer keine festen Zuteilungen. Als Beispiel nennt Zander die Instandhaltungs-Mannschaft. „Die ist da, wo sie gerade gebraucht wird und muss nicht konstant einer Örtlichkeit zugewiesen sein.“ Gleichwohl gebe es keine täglichen Wechsel der Mitarbeiter, regionale Aspekte und Erreichbarkeiten spielen den Angaben zufolge auch eine Rolle.

Umbau nach der Kohlezeit

Damit zum ältesten Standort der Mark-E: In der Wetterstraße nahm das Vorgängerunternehmen, die 1906 gegründeten Kommunalen Elektrizitätswerke Mark, 1908 das nach dem Hagener Oberbürgermeister benannte Cuno-Kraftwerk in Betrieb. Nach der Kohle-Zeit verantwortete die Kraftwerksgesellschaft Herdecke ab 2005 den rund 220 Millionen Euro teuren Umbau zur Gas- und Dampfturbinenanlage (GuD), die Mark-E seit Herbst 2007 betreibt und die zu 50 Prozent noch dem norwegischen Energiekonzern Statkraft gehört. Mit dem Partner gebe es einen regelmäßigen Austausch. „Auch die sind froh, dass wir trotz der Krise 2015 an dieser Technik festgehalten haben“, sagt Stefan Grüger und erinnert daran, dass vor gar nicht langer Zeit mangels Marktnachfrage sogar die Stilllegung unterhalb des großen Schornsteins drohte.

Doch seither geht es am Standort Herdecke aufwärts. Zwar sind 5000 Betriebsstunden im Jahr wie in der Anfangszeit noch in weiter Ferne, doch lassen die Zahlen aus 2018 und 2019 die Verantwortlichen optimistischer in die Zukunft schauen. Gelassen berichtet das Duo von einem vermeintlichen Rückschlag: Kurz vor Weihnachten 2019 entdeckten Mitarbeiter einen Schaden in der Dampfturbine, wo hohe Temperaturen herrschen und die Schaufel auszutauschen war. „Für August/September 2020 stand turnusgemäß ohnehin eine Revision an, die konnten wir vorziehen“, berichtet Grüger. Ab Mitte März und damit vor der Corona-Krise produzierte das GuD-Kraftwerk wieder mit Erdgas Strom. Somit konnte Mark-E die Reparatur der zentralen Turbine mit der Inspektion an anderen Stellen kombinieren.

2010 gab es die erste Generaluntersuchung in dem mit 400 Megawatt leistungsstärksten Kraftwerk von Mark-E. „Es ist von der Zahl der Betriebsstunden abhängig, in welchen Rhythmen die Revisionen erfolgen und wir uns dann mit dem Hersteller Siemens abstimmen“, so Heiko Zander. Von Mitte März bis Ende Mai kam die Anlage am Harkortsee jetzt auf 525 Betriebsstunden. Grüger: „Grundsätzlich hoffen wir, dass GuD-Strom 2020 noch häufiger angefragt wird als in den Vorjahren. Aber Vorhersagen sind unheimlich schwer.“

Mark-E hat für dieses Jahr an der Wetterstraße mit einem Vier-Schicht-System einen 24-Stunden-Betrieb an sieben Tagen geplant. Wegen der Pandemie meldete das Unternehmen für einige Angestellte Kurzarbeit an, die rund 20-köpfige Truppe in Herdecke war bzw. ist davon aber nicht betroffen und verteilt(e) sich weiter rund um die Uhr auf drei Kollegen pro Schicht. „Der Vorteil dieser schnell hochzufahrenden Anlage ist ja, dass wir hier flexibel sowie effizient sind und mit dem umweltfreundlichen Erdgas hohe Wirkungsgrade erzielen“, sagt das Duo Grüger-Zander und denkt an regelmäßige Strom- Einspeisungen oder Spitzenlast-Zeiten.

Derweil schauen die hiesigen Verantwortlichen stets interessiert auf die Gaspreise bezüglich der eigenen Kosten. „Da spielen sehr viele Faktoren eine Rolle, so dass wir hier auch deswegen auf vielen Ebenen eher einen längeren Horizont im Blick haben.“ In der recht kurzen Zeit – 13 Jahre sind für ein Kraftwerk vergleichsweise ein Wimpernschlag – haben die GuD-Mitarbeiter aber schon einiges durchmachen müssen. Es bleibe aber, und diese Bewertung falle unabhängig von der Fernwärme-Erzeugung für die Kunden in der Ruhrstadt, bei einer Einschätzung: „Wir sehen uns in Herdecke gut aufgestellt“, sagt Grüger. Und Zander nickt.