Ende. Der Industriekapitän, Forscherfreund und Politiker Albert Vögler setzte seinem Leben am 14. April 1945 ein Ende: Er schluckte Gift.

Er war Mitbegründer des RWE und von Ruhrgas und hat die Geschicke der Vereinigten Stahlwerke im Revier gelenkt. Zum Mittagstisch aber ließ sich Albert Vögler die fast halbstündige Strecke von Dortmund nach Ende chauffieren: 1927 hatte er „Haus Ende“ im Wald an der Wittbräucke gekauft. Am 14. April 1945 setzte Albert Vögler, 68 Jahre alt, unweit davon seinem Leben ein Ende.

Eine Tafel am „Haus Ende“ erinnert an den Wirtschaftskapitän, der sich für Forschung interessierte, schon früh ein „Global Player“ war und Politik gemacht hat – allerdings nicht für die NSDAP, deren Mitglied er auch nicht gewesen ist. Als es Jahre später in Dortmund Streit gab um ein nach ihm benanntes Gebäude, fand eine Reporterin dennoch eine schnelle Antwort auf die Frage nach dem Grund für den Suizid: „Vögler hatte sich in den Dienst der Nazis gestellt.“

Studium des Maschinenbaus

In einem Materialienband der FH Dortmund über Albert Vögler liest sich das differenzierter. Vögler stammte aus einer bergmännischen Familie. In Karlsruhe studierte er Maschinenbau. Nach dem Tod von Hugo Stinnes wurde er Vorstands- und später Aufsichtsratsvorsitzender der Vereinigen Stahlwerke AG. „Er zählte zu den Großindustriellen, auf die sich Adolf Hitler nach seiner oft erwähnten Rede vor dem Düsseldorfer Industrieclub 1932 stützen konnte“, schreibt Renate Kastorff-Viehmann. Sie sieht Vögler auch als Koordinator großer Teile der für die Rüstung bedeutsamen Schwerindustrie im zweiten Weltkrieg.

Aber es gibt in der gleichen Materialsammlung auch diese Sicht auf den Wirtschaftskapitän: Im Zusammenhang mit dem Attentat vom 20. Juli 1944 auf Adolf Hitler habe Albert Vögler den Nazis als „unzuverlässige Person“ gegolten, die eine Verhaftung habe fürchten müssen. Und bei all den Auszeichnungen, die Albert Vögler im Laufe seines Lebens bekommen hat, fehlen die für die Nazi-Zeit typischen an die Führer der Wirtschaft. Dafür sei er wohl „nicht regimetreu genug“ gewesen, heißt es zusammenfassend.

Abgeordneter im Reichstag

1911 wurde Albert Vögler Stadtverordneter in Dortmund. Von 1920 bis 1924 hat er im Reichstag gesessen. Als Abgeordneter der Deutschen Volkspartei (DVP) vertrat er den Wahlkreis Westfalen-Süd. Für diesen Wahlkreis saß er nach längerer Pause von 1933 bis 1945 als parteiloser Abgeordneter im Reichstag. Auch lokal war er engagiert: „Als Beigeordneter der Stadt Herdecke sorgte Vögler für die im Umkreis seines Hauses befindlichen Ender Schulen für Theaterfahrten nach Hagen und Dortmund und die weihnachtliche Buchspende, bei der jedes Kind sich ein Buch aussuchen durfte“, wird die Enderin Brunhilde Conjaerts zitiert.

Albert Vögler. Das Portrait stammt von der Max-Planck-Gesellschaft, deren Vorgängerorganisation bis 1945 die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft war, deren Präsident Vögler bis zu seinem Tod war
Albert Vögler. Das Portrait stammt von der Max-Planck-Gesellschaft, deren Vorgängerorganisation bis 1945 die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft war, deren Präsident Vögler bis zu seinem Tod war © Max-Planck-Gesellschaft

Soldaten führen ihn ab

Am 14. April 1945 hatten amerikanische Soldaten Vögler in seinem Haus in Ende abgeführt. Äußerst ruppig waren sie dabei mit Vöglers fast 100-jähriger Mutter umgegangen. Tief verunsichert sehen ihn die Autoren der Materialsammlung: Vögler habe sich „in Einzelfällen den Nazis widersetzt“, ihre Kriegsmaschinerie aber mit angetrieben. Vorher schon hatte er sich eine Zyankalikapsel besorgt, „um Herr seines Geschickes zu bleiben“, wie er im November 1944 geschrieben hatte. Er habe sich nicht wie ein gewöhnlicher Verbrecher einsperren, erst gar nicht roh behandeln lassen wollen. Auf dem Bauernhof Vaerst nutzte er eine kleine Verwirrung und griff zum Gift. Es wirkte sofort.

Die Geschichte von Haus Ende

Robert Müser, Leiter der Harpener Bergbau AG in Dortmund, ließ Haus Ende 1912/1913 im neubarocken Still errichten.

Albert Vögler hat „Haus Ende“ 1927 gekauft.

Nach dem Ende des Krieges zogen dann die Siegermächte dort ein.

1949 wurde das Grundstück an die Familie zurück gegeben, 1957 auch das Haus.

Dann erwarb die Stadt Dortmund das „Schloss“ auf der Suche nach einem Platz für ein Kinderheim.

Später diente Haus Ende als Altenerholungsheim.

Ab 1982 wurde es von der Arbeiterwohlfahrt als Zivildienstschule genutzt.

Aktuell dient Haus Ende als Bildungszentrum im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes.