Wetter. Einen Zusammenstoß auf der A1 hatte niemand bemerkt; dennoch musste sich ein Gevelsberger nun wegen Unfallflucht verantworten.

Ein skurriler Vorfall auf der A1 im Bereich Volmarstein gab der Justiz nun Rätsel auf. Ein 54-jähriger Gevelsberger musste sich wegen Unfallflucht vor dem Amtsgericht Wetter verantworten. Doch weder er noch der betroffene Halter des geschädigten Fahrzeugs wollten eine Kollision zwischen ihnen überhaupt bemerkt haben. Lediglich ein Augenzeuge war sich seiner Sache ganz sicher.

In der Baustelle touchiert

Vor einer Baustelle verengte sich die Bahn von drei auf zwei Spuren. Beim Einscheren von der linken auf die mittlere Spur, so zumindest der Vorwurf, sollte der 54-Jährige am Morgen des 27. September 2018 einem Sprinter zu nahe gekommen sein und ihn touchiert haben. Ein Lkw-Fahrer beobachtete die Kollision und das anschließende Entfernen. Er machte den Geschädigten aufmerksam. „Ich habe keinerlei Erinnerungen an einen Unfall oder irgendwelche Vorkommnisse“, beteuerte der angeklagte Gevelsberger nun im Prozess. Er sei an dem Tag dienstlich unterwegs gewesen. Er habe weder Stress noch Zeitdruck gehabt. „Eigentlich hatte ich einen entspannten Tag vor mir“, erinnerte er sich.

Wackeln und Quietschen

Bei dem weißen Audi Q7 habe es sich um einen Mietwagen gehandelt, und als er den später wieder abgeliefert habe, sei dem Verleih auch kein Schaden am Fahrzeug aufgefallen. Regelrecht irritiert bekundete er zuletzt: „Ne, bei aller Liebe nicht. An so etwas würde ich mich erinnern.“ Ein Wackeln und ein Quietschen habe er registriert, erinnerte sich Besitzer des Sprinters kurz darauf im Zeugenstand. Aber dabei habe er sich nichts gedacht. „Gesehen habe ich auch nichts“, betonte er. Erst durch den Lkw-Fahrer sei er auf das Ganze aufmerksam geworden.

Zeugen sind nicht verpflichtet, sich zu melden

Zeugen einer Fahrerflucht sind nicht gesetzlich dazu verpflichtet, sich als Zeuge bei der Polizei zu melden. Das gilt nach Straßenverkehrsordnung (StVO) nur für die Unfallbeteiligten. Wer sich später dazu entscheidet, als „Fahrerflucht-Zeuge“ zu agieren, kann die Polizei dennoch immer kontaktieren.

Und da sich in dem Moment der Q7 hinter ihm befunden habe, sei er davon ausgegangen, dass der es gewesen sein musste und habe sich das Kennzeichen gemerkt. Tatsächlich hätten sich an seinem Fahrzeug auch neue Kratzer und Dellen befunden. Nach ihm wurde der Kraftfahrer gehört und der schilderte lebhaft, wie er sah, dass der Mann im Audi trotz Spur-Verengung immer weiter fuhr, weder auf sein Hupen noch auf Lichtzeichen reagierte, mit dem Sprinter kollidierte, weiter auf nichts reagierte und schließlich verschwand. „Der Fahrer hätte es merken müssen“, versicherte er mit Blick auf den Angeklagten.

Kennzeichen notiert

Auch erklärte er, dunkle Farbe an dem hellen Auto gesehen zu haben. Darüber hinaus gab er an, das Kennzeichen notiert und dem Geschädigten gegeben zu haben, als sie beide bei der nächsten Gelegenheit angehalten hätten. Nach diesen unterschiedlichen und zum Teil durchaus überraschenden Aussagen hatten sowohl Anklage als auch Gericht erhebliche Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten. Logische Folge: ein Freispruch. http://funke-cms.abendblatt.de:8080/esc-pub-tools/methode/search.jsp?publication=nrw-multiconfig#