Wetter/Herdecke. Unter Mietern besteht kein Interesse an Ladesäulen für Elektroautos. Weder bei WSG noch HGWG sind Anfragen für Stromladestellen eingegangen.
Eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen: Das einst erklärte Ziel der Bundesregierung für 2020 blieb ein Wunschgedanke. Rund 220.000 E-Autos sind auf den Straßen der Republik unterwegs. Deutlich mehr Ladesäulen und höhere Kaufprämien sollen die Akzeptanz erhöhen. Doch was bedeutet eine erhöhte Elektromobilität unter Privatpersonen für den Wohnungsmarkt? Wie sieht die Lage bei Mietshäusern in der Region aus?
„Die Nachfrage ist bei Null, es hat sich wirklich niemand bei uns gemeldet“, sagt Klaus-Dieter Gördes, Geschäftsführer der Herdecker Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft (HGWG). Nicht, dass das Thema bei der HGWG nicht bereits auf der Tagesordnung gestanden habe.
Beim Bau des Wohnkomplexes in der Walter-Freitag-Straße habe man laut Mitgeschäftsführer Dieter Joachimi diesbezüglich zwar Überlegungen angestellt. „Wir sind allerdings auch dort auf keine Resonanz gestoßen“, so Klaus-Dieter Gördes. Vorsorglich habe die HGWG allerdings Leerrohre im Bereich der Parkplätze verlegt, „um im Bedarf schnell reagieren zu können.“ In Zeiten von Parkplatznot in Herdecke sei das Thema Ladesäule bei solch einer geringen Nachfrage zudem eines, das es immer zu überdenken gelte, da das Aufstellen einer Ladestation in der Regel immer ein bis zwei Parkplätze koste.
Nicht vorpreschen
„Bei uns gibt es derzeit in Wetter überhaupt keine Nachfrage“, bilanziert auch Dipl.-Ing. Ralph Dittmann, Technischer Vorstand der Wohnstättengenossenschaft Wetter (WSG). Aus diesem Grund werde die Genossenschaft auch „ nicht vorpreschen.“ „Derzeit haben wir überhaupt noch keinen Maßstab, wir wissen nicht, wie wir es fassen sollen“, gesteht er. Es sei ja auch nicht zweckdienlich, groß zu investieren, wenn es keinen Bedarf gebe. Man dürfe nicht verkennen: Die Anschaffung eines E-Autos sei bislang noch teuer. Dies sei für die Klientel der WSG, die im Vordergrund in den 224 Häusern der Wohnstättengenossenschaft günstigen Mietraum in Anspruch nehme, finanziell kaum eine Option. „Aus diesem Grund wollen wir nicht ins Blaue hinein agieren, sondern erst einmal abwarten und sehen, wie sich das Thema in Zukunft entwickelt“, so Dittmann.
Aus den Köpfen der WSG-Mitarbeiter sei die Elektromobilität dadurch aber auf gar keinen Fall. Im Februar werde die erste E-Ladesäule bei der WSG aufgestellt. Für den Vorstand sei das erste E-Auto angeschafft worden, die WSG denke zudem darüber nach, zwei weitere Hybridfahrzeuge zu kaufen. Vielleicht in einem halben Jahr könne man sehen, ob das Thema bei den WSG-Mietern dann mehr Resonanz finde.
Struktur aufbauen
Für Ralph Dittmann ist klar: Zuerst einmal müsse eine Struktur aufgebaut werden und wachsen. Mit klaren Rahmenbedingungen, mit denen es sich strategisch planen lasse. Der Technische Vorstand zeichnet vor diesem Hintergrund ein aktuelles Lagebild, das die Misere in Deutschland zeigt zwischen Versprechungen der Politik, Anspruchsdenken von Umweltschützern und den tatsächlichen Möglichkeiten der Umsetzung.
So sei es der WSG als Genossenschaft anders als einer GmbH schon rechtlich nicht möglich, selbst Ladesäulen aufzustellen und deren Stromkosten mit den Mietern abzurechnen. Dittmann: „Wir könnten den Mietern nur Genehmigungen erteilen, sich eine Ladesäule aufzustellen, wenn sie sich diese selbst anschaffen wollen.“ Würde die WSG selbst Ladesäulen aufstellen und Strom verkaufen, werde sie steuerpflichtig. Ein zweiter Punkt sei auch in Wetter die Parkplatzsituation – ein stets schwieriges Thema beim Mietwohnungsbau. Parkraum sei nie genügend vorhanden.
Der Faktor Parkplatznot
„Mal angenommen, vor dem Haus stünde eine Ladesäule, und ich habe trotz Parkplatznot das Glück, mit meinem E-Auto direkt davor einen Platz zu finden und mein Auto aufzuladen. Wie hoch ist da die Wahrscheinlichkeit, dass ich mir nach drei Stunden meinen Wecker stelle, rausgehe und für meinen Wagen einen neuen Parkplatz suche, damit noch jemand anderes seinen Wagen aufladen kann“, fragt Ralph Dittmann. Und fügt hinzu: „Ich stehe sehr starkµ im Leben. Ich bin realistisch. Wir sind hier in Deutschland und nicht in Kopenhagen. Die Stadt hat klimatechnisch eine ganz andere Infrastruktur als die deutschen Städte. Vieles funktioniert hier mit den aktuellen Rahmenbedingungen nicht.“ Erst wenn umgedacht und die Rahmenbedingungen und Infrastruktur geändert worden seien, könne man das Thema realistisch angehen. „Bis dahin gehen wir erst einmal mit dem Thema weiter gedanklich schwanger. gehen.“