Wetter. Zweieinhalb Monate fertigten Jugendliche in der Jugendwerkstatt der Kolpingzentren Krippen. Ein Modell thematisiert die Flüchtlingskrise.

Der Container, vor dem Maria und Josef ihr Neugeborenes der Welt präsentieren, ist weiß und trostlos. Lediglich die gelben Sterne auf dem Dach sorgen für einen Farbtupfer inmitten aller Tristesse. Sie sind das Zeichen für die Mitgliedsstaaten der EU, die der jungen Familie sinnbildlich in der überdimensionalen Krippe Zuflucht geben sollen. „Ein anschauliches Tableau über die Flüchtlingsströme nach Europa“, beschreibt die Jugendwerkstatt der Kolpingszentren Ruhr ihr Werk, das sieben Jugendliche neben weiteren Krippen in zweieinhalb Monaten fertigten und nun in einer Ausstellung in der Eggeklause zeigen. Doch eigentlich ist es viel mehr als das. Es ist die intensive Auseinandersetzung der jungen Menschen mit einem Thema, das die Bürger der Republik derzeit bewegt.

Zaun durch das Mittelmeer

„Die Weihnachtsgeschichte ist eigentlich auch eine Flüchtlingsgeschichte“, erläutert Jörg Rotermund von den Kolping-Bildungszentren Ruhr die Idee, die hinter der ungewöhnlichen Gestaltung einer Weihnachtskrippe steckt. Die Krippe zeigt das Mittelmeer. Rote Pfeile weisen auf die derzeitigen Flüchtlingsströme von Afrika nach Europa hin. Ein Stacheldraht, gezogen durchs Mittelmeer, repräsentiert das Bollwerk Europa, das sich vor der Flüchtlingsflut verschanzt.

Diese Krippe von Marvin Hagenfeld ist unverkäuflich. Er hat schon einen Platz für sie in seinem Zimmer reserviert.
Diese Krippe von Marvin Hagenfeld ist unverkäuflich. Er hat schon einen Platz für sie in seinem Zimmer reserviert. © Kerstin Wördehoff

Besondere Eindringlichkeit erhält das Werk durch die Tatsache, dass sich unter den Teilnehmern der Jugendwerkstatt mit Khalif Mohamad aus Syrien ein junger Mann befindet, der tatsächlich 2015 als Flüchtling in einem Schlauchboot das Mittelmeer von der Türkei aus nach Griechenland überquerte und Schleppern 3000 Euro für die gefährliche Reise zahlte.

Gelebtes Schicksal

„Durch ihn wurde das Thema für die Jugendlichen natürlich viel greifbarer. Sie haben jemanden in der Gruppe, der dieses Schicksal gelebt hat“, betont Jörg Rotermund. „Ja, ich habe das erlebt und es ist sehr schwierig. Es muss für Syrien eine Lösung her, aber ich weiß nicht, welche“, sagt Khalif Mohamad. Und bekommt Unterstützung vom 19 Jahre alte Marvin Hagenfeld aus Wengern, der maßgeblich den Bau der Krippe mit vorantrieb. „Überall auf der Welt ist Not, das kann man nicht ausblenden.“ Skender Selemi, ebenfalls Teilnehmer der Jugendwerkstatt, fügt hinzu: „Auch wenn ich in Deutschland geboren wurde, waren auch meine Eltern Flüchtlinge. Das Thema ist dadurch auch für mich wichtig.“

Sichtlich beeindruckt zeigte sich auch Bürgermeister Frank Hasenberg von der ungewöhnlichen Krippe und diskutierte mit den Jugendlichen lebhaft über ihre Ideen bei der Umsetzung.

Wie viel Liebe fürs Detail die Gruppe in ihre Arbeiten steckte, zeigten auch die weiteren Krippen, die sie in der Eggeklause der Öffentlichkeit präsentieren und auch zum Kauf anbieten.

Diese durch Skender Selemi gestaltete Krippe besteht aus Steinen, die die Jugendlichen selbst gesammelt haben.
Diese durch Skender Selemi gestaltete Krippe besteht aus Steinen, die die Jugendlichen selbst gesammelt haben. © Kerstin Wördehoff

Steine wurden aus einem Steinbruch gesammelt, Holz in mühevoller Kleinstarbeit zugeschnitten, Figuren aus Gips gegossen. Die Teilnehmer informierten sich im Netz über die verschiedenen Möglichkeiten des Krippen-Baus, adaptierten diese und ließen eigene Ideen mit einfließen. Vier große und acht kleine Krippen sind in den zweieinhalb Monaten des Projekts entstanden. Die NaturFreunde Lernort Eggeklause µstellten anschließend ihre Räumlichkeiten zur Verfügung, um alle Werke auszustellen. Pächterin Sonja Witt kaufte gestern sogar im Namen der NaturFreunde eine von Skender Selemi gestaltete Krippe, um die Arbeit der Jugendwerkstatt so zu unterstützen. Lediglich eine Krippe bleibt unverkäuflich. Sie ist Marvin Hagenfelds ganz besonderer Stolz und wird ganzjährig zur Erinnerung in seinem Zimmer stehen. „Ich habe jede Holzschindel einzeln gespalten und geklebt. Alleine das Dach hat mich zwei Wochen Arbeit gekostet. Die Krippe hat einen sehr hohen Wert für mich, deshalb gebe ich sie nicht her.“

Die Krippenausstellung ist noch heute zu den Öffnungszeiten des Frühstückcafés von 9 bis 13 Uhr in der Eggeklause zu sehen.