Volmarstein. Seit 69 Jahren gehen Marianne und Erich Heyer gemeinsam durchs Leben, bekamen vier Kinder, gründeten eine Firma und überstanden auch harte Krisen.

Sonnengebräunte Haut, schlohweiße Haare und ein strahlendes Lächeln: Die Heyers könnten für alles Reklame machen, was ein langes, glückliches Leben verspricht. „Ich lache eben gerne. Das hält jung“, sagt Marianne Heyer. Wer die attraktive 85-Jährige anschaut, kann daran keinen Zweifel haben. Was die Volmarsteinerin neben einer rundweg positiven Lebenseinstellung noch auszeichnet? Eine schier unermüdliche Schaffenskraft gepaart mit einem großen Herzen für Menschen, die auf der Schattenseite stehen. Wie sonst hätte sie all die Aufgaben erledigen können, die das Leben ihr aufgebürdet hat? Und dabei blieb immer noch genügend Zeit für Ehemann Erich, dem sie als junges Mädchen von gerade einmal 16 Jahren das erste Mal begegnete und mit dem sie seitdem durch dick und dünn geht.

Beim Turnen funkt’s

Es ist später Vormittag, als wir uns zum Plaudern bei einer Tasse Kaffee am Esstisch der Heyers zusammensetzen. Dort hören wir die nicht alltägliche Geschichte eines Ehepaares, das sich vor 69 Jahren kennenlernte und seit 65 Jahren verheiratet ist. Erst im April feierten die Heyers ihre Eiserne Hochzeit. Es ist die Geschichte von zwei waschechten Volmarsteiner Eseln, die beide in der Evangelischen Stiftung geboren wurden, dieselbe Volksschule besuchten, im selben Turnverein turnten und die bis heute ihrer Scholle die Treue halten. „Als ich 14 war, wurde meine Mutter schwer krank. Daraufhin entschied mein Vater, dass ich zuhause bleiben sollte. So war das früher, und das war völlig normal.

Junger Turner: Der athletische Erich Heyer zog damals die Blicke seiner späteren Frau Marianne auf sich.
Junger Turner: Der athletische Erich Heyer zog damals die Blicke seiner späteren Frau Marianne auf sich. © PrivaT

Dabei ging ich gerne zur Schule. Meine einzige Beschäftigung in der Freizeit war das Turnen im TV Volmarstein. Jeden Mittwoch um 17 Uhr ging ich zum Sportplatz Kampfbahn Bergeshöh, wo jetzt unter anderem das Haus Magdalena der Stiftung steht.“

Junge Turnerin: Auch Marianne Heyer gehörte in jungen Jahren zu den Top-Athletinnen des TV Volmarstein.
Junge Turnerin: Auch Marianne Heyer gehörte in jungen Jahren zu den Top-Athletinnen des TV Volmarstein. © Privat

Um 19 Uhr war die Turnstunde beendet, und dann freute Marianne Heyer sich schon auf die kommende Woche. Nicht zuletzt weil beim TV auch der attraktive Erich Heyer vom Kramerweg turnte. „Er war der Beste bei den Männer und ich die Beste bei den Frauen“, erzählt die 85-Jährige und zeigt Fotos, die ihren Mann im Handstand zeigen. „Aber eigentlich möchte ich gar nicht, dass sie das alles schreiben“, sagt Marianne Heyer und senkt den Blick zu Boden.

Kinder und Haushalt

Erich Heyer entbrannte schnell für das ebenso hübsche wie hilfsbereite Mädchen, das seiner Familie, besonders aber den gehörlosen Eltern, schon als 15-Jährige oft tatkräftig geholfen hatte. „Also meine Frau hat oft die Wäsche für meine Familie gemacht. Sie ist eine lebenslange Pflegerin“, weiß der 87-Jährige heute. „Damals jedenfalls ließ er nicht mehr locker, er war mir auf den Fersen“, erzählt Marianne Heyer schmunzelnd. 1953 verlobte sich das Paar, 1954 wurde geheiratet und 1955 kam mit Sohn Axel das erste Kind zur Welt. Ein zweiter Sohn und zwei Töchter folgten.

Betrieb und Pflege

Doch Haushalt und Kindererziehung machten stets nur einen Teil des randvollen Alltags aus: Marianne Heyers Vater war Schlossermeister und hielt Ehemann Erich an, sich selbstständig zu machen. Der folgte dem Rat und gründete 1961 eine Dreherei. Dass sie ihren Mann im Betrieb unterstützte, war für Marianne Heyer selbstverständlich. Als dann dessen gehörlose Mutter in Folge einer schweren Diabetes auch noch erblindete, kümmerte sie sich und pflegte sie - sieben Jahre lang bis zu deren Tod.

1983 ereilte ein schwerer Schicksalsschlag die Familie: Erich Heyer erlitt einen Herzinfarkt, bekam mehrere Stents und Bypässe. „Da habe ich dann auch noch die Firma mitgeleitet“, sagt Marianne Heyer, und ihr Mann ergänzt: „Ich bin mal von einem Kollegen auf meine tolle Firma angesprochen worden. Der fragte mich: Wie hast Du das bloß gemacht? Ich habe ihm geantwortet: Das Wichtigste ist, dass Deine Frau mitmacht. Sonst musst Du gar nicht erst anfangen.“ Diesmal nickt Marianne Heyer und rückt ihrem Mann umsichtig den Frühstücksteller ins Blickfeld: „Erich, Dein Bütterken!“ Dann überlegt sie kurz und meint: „Bei uns gibt es eben immer was zu tun, hier wird es nie langweilig. Wir haben in all der Zeit auch nicht groß nachgedacht, sondern einfach gehandelt. Ich bin da reingewachsen, und es gab kein Zurück.“

Das Leben ist schön

Heute aber weiß die Volmarsteinerin, dass sie für all ihr Engagement auch viel zurückbekommt: „Ich habe immer geholfen, wenn Not am Mann war. Ich habe eben ein Herz für Menschen, um die sich keiner kümmert.“ Und ein Geschenk, über das sie sich jeden Tag aufs Neue freut, ist das lange gemeinsame Leben mit ihrem Mann.

Dann steht Marianne Heyer auf und verschwindet lächelnd in Richtung Küche: „Ich muss mich entschuldigen, aber ich habe auch heute keine Zeit. Mein Haushalt geht ja weiter.“ Dann dreht die Powerfrau aus Volmarstein sich noch einmal kurz um und sagt: „Was ich gar nicht verstehen kann sind Leute, die einfach am Leben vorbeileben. Dabei ist das Leben so schön, und wir haben es doch wirklich gut.“ .