Wengern. Margret Bötzel erinnert sich an die langen Nächte in der „Heiderose“ in Wengern. Ihre Gäste hat die Wirtin oft selbst nach Hause gefahren.

Margret Bötzel (85) und Erika May (79) sitzen vor dem Kamin und schauen sich alte Fotos an. „Hier war früher das Gesellschaftszimmer“, erzählen sie. Heute sind in dem Haus an der Voßhöfener Straße drei Wohnungen. Im Erdgeschoss wohnt Margret Bötzel. Von der Gaststätte, die sie noch vor fast 30 Jahren mit ihrem Mann Alfons betrieben hat, ist hier nichts mehr zu sehen.

„Meine Schwiegereltern haben sie 1930 gekauft“, erzählt sie. Damals hieß das Lokal noch „Heiderose“. Und Zeitzeugen sowie ehemalige Gäste nennen es noch immer so. Zwar tauften die Schwiegereltern es seinerzeit um auf „Haus Bergeshöh, „aber das hat sich nie durchgesetzt“.

In der Heiderose wurde viel gesungen

1964 übernahmen Margret und Alfons Bötzel die Gaststätte. Doch als gefragter Dirigent war Alfons viel unterwegs. Margret stand in der Küche, hat gekocht und Kuchen gebacken. Ihr Wohnzimmer war damals das Gesellschaftszimmer. Dort fanden viele Kamin-Abende statt. „Es wurde viel gesungen. Wir waren eine musikalische Kneipe“, sagt Bötzel. Das brachte der Beruf ihres Mannes mit sich. So kamen Chöre aus Ungarn, Israel, Kanada und anderen Ländern in die Heiderose.

Margret Bötzel selbst hat nie Alkohol getrunken, so dass sie ihre Gäste noch nach Hause fahren konnte – sogar bis nach Bochum. Dann war es oft so spät bzw. so früh, „dass die Kinder auch schon in die Schule mussten“.

Job ist nicht zu bezahlen

Die Nächte durchzumachen, das war keine Seltenheit, weiß auch Erika May aus Gevelsberg. Ab 1975 hat sie ihre Freundin als Bedienung unterstützt. „Ich saß als Gast im Biergarten. Es war so viel los und da habe ich sie gefragt, ob ich helfen kann. Da bin ich hängen geblieben“, erzählt die 79-Jährige. Es sei ein „Job, den man normalerweise überhaupt nicht bezahlen kann“, sagt May in Bezug auf die vielen Arbeitsstunden. Doch was das Trinkgeld angehe, sei man immer „großzügig“ gewesen.

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Sie und Margret Bötzel kannten ihre Gäste („In fünf Minuten wussten Sie über alles Bescheid.“) und hatten nie Ärger mit ihnen. Gemeinsam erinnern sich die beiden Damen an die 3-Liter-Weinbrandflaschen, die Kamin-Abende und die vielen Sänger aus unterschiedlichen Ländern. Einmal war sogar ein Fernseh-Team des WDR da. „Wir haben schon viel Spaß gemacht“, blicken sie mit einem Lächeln zurück. Und auch heute fragen ehemalige Stammgäste noch immer „Warum habt ihr denn bloß zu gemacht?“