Ich habe vor ein paar Tagen einen Radiobericht gehört, der darauf verwies, dass in vielen Teilen der Welt Sand knapp wird. China verbrauchte danach in den letzten vier Jahren soviel Sand wie die USA in 100 Jahren. An vielen Orten in der Welt wird Sand knapp und muss von weit her eingeführt werden. Langfristig könnte auch Sand knapp werden, weil sich Wüstensand nicht zum Bauen eignet.
Mir geht es nicht um den Sand, sondern darum, dass die Menschheit zunehmend an ihre Grenzen stößt. Selbstverständliches – Sand ist da nur ein Beispiel – wird knapp und zeigt uns, wie sehr wir davon abhängen, unseren Planeten schonend zu behandeln.
In diesem Zusammenhang auf Erntedank zu verweisen scheint schon fast verharmlosend. Denn Mangel gibt es weiß Gott an viel wichtigeren Stellen! Doch was benötigen wir dringender als gesunde Nahrungsmittel? Ich erspare mir einen Ratschlag zum verantwortungsvollen und christlichen Umgang mit Nahrungsmitteln – so wichtig er auch sein mag - und komme auf einen anderen, ähnlich wichtigen Punkt: Wahrnehmung des (scheinbar) Selbstverständlichen.
Erntedank soll uns daran erinnern, dass wir achtsam und dankbar bleiben. Wenn wir nicht nur auf das schauen, was uns fehlt oder was wir noch wünschen, sondern die Dinge vor Augen haben, die unser Leben schön und lebenswert machen, dann bekommt unsere Leben einen neuen Sinn. Natürlich werden dadurch nicht alle existenziellen Fragen des Lebens beantwortet. Aber sie rücken unser Tun an eine Stelle in unserem Leben, die eines deutlich macht: Auch wenn es gut ist, sich Gedanken über Ernährung, oder was auch immer in unserem täglichen Leben wichtig ist, zu machen, ein paar Minuten sollten wir auch für unsere Seele finden.
Ein Gottesdienstbesuch lohnt nicht nur an Weihnachten, Ostern und Pfingsten. Erntedank könnte eine Lücke in unserer Sinnfindung und Selbstwahrnehmung füllen.
Evangelist Dr. Michael Neubauer leitet die Neuapostolische Gemeinde in Wetter