Wetter/Herdecke. . Künftig gibt es keinen regulären Nachmittagsunterricht mehr bis Stufe 8, die Abkehr vom Turbo-Abi bringt aber Probleme für Sitzenbleiber

Bisher waren es nur politische Beschlüsse. Zu Beginn des neuen Schuljahres ist die Abkehr vom Turbo-Abitur in den Schulen tatsächlich spürbar: Kein Nachmittagsunterricht mehr sogar bis hin zur 8 Klasse lässt den Kindern wieder mehr Zeit zum Lernen oder für Freizeitaktivitäten.

Die gewonnene Zeit durch ein Jahr mehr für alle auf dem Weg zum Abi ist verbunden mit weiteren Hoffnungen. Allerdings könnte es auch Verlierer geben: Sitzenbleiber aus der jetzigen Stufe 6 müssten gleich zwei Jahre länger machen.

„Schülerinnen und Schüler haben mehr Zeit und Ruhe zum Lernen, der Druck ist nicht mehr so groß, es gibt weniger Unterricht am Nachmittag.“ So fasst Ursula Zimmer, Leiterin des Geschwister-Scholl-Gymnasiums in Wetter, ihre Hoffnungen auf den Wechsel von G8 zu G9 zusammen. Auch Andreas Joksch, Direktor der Friedrich-Harkort-Schule in Herdecke, hofft „auf einen entschleunigten Unterrichtsalltag für unsere Schülerinnen und Schüler mit mehr Zeit und Muße, sich intensiver mit den Fachinhalten zu beschäftigten.“ Er sieht auch mehr Zeit für eine „Intensivierung der Hausaufgaben- und Lernkultur.“

Schüler wieder reifer beim Abitur

Ein Schulkonferenzbeschluss zur Rückkehr zu G9 war landesweit nicht nötig. In Herdecke hat es im Vorfeld dennoch schon ein Meinungsbild gegeben. Lehrerkonferenz, Schulpflegschaft und Schülervertreter hatten sich für die verlängerte Lernzeit ausgesprochen. Andreas Joksch zu weiteren Vorzügen der Neuregelung: „Mit G9 werden die Schülerinnen und Schüler auch von den Jahren her älter und von der Persönlichkeitsentwicklung her reifer in die gymnasiale Oberstufe einsteigen.“

Arbeit an Lehrplänen steht noch aus

Die schulinterne Stundentafel einschließlich der Neigungsbereiche soll im Juni in den Gremien der Friedrich-Harkort-Schule diskutiert werden.

Beschließen wird die schulinterne Stundentafel die Schulkonferenz.

An den schulinternen Lehrplänen könne aber erst im neuen Schuljahr gearbeitet werden, heißt es in der Friedrich-Harkort-Schule.

Darum soll es an zwei pädagogischen Tagen im ersten Quartal des neuen Schuljahres gehen.

Dies berge große Chancen für die erzieherische und fachliche Arbeit mit den künftigen Abiturienten. Darüber hinaus bestehe auch die Möglichkeit, wieder intensiver die vielfältigen Arbeitsgemeinschaften an der Schule zu nutzen. Entspannung auch bei der zweiten Fremdsprache: Sie wird künftig wieder erst in Klasse 6 gewählt und dann ab Klasse 7 unterrichtet.

Haben die Schulen durch die Ausweitung einen Spielraum für eigene Akzente gewonnen? „Ja“, sagt Ursula Zimmer, darüber würden die einzelnen Fachkonferenzen entscheiden.

Stärkung der Mittelstufe

Andreas Joksch sieht die gewonnene Zeit durch die Vorgaben der neuen Stundentafel weitgehend wieder aufgebraucht. Beabsichtigt sei grundsätzlich eine Stärkung in der Sekundarstufe I.

Ursula Zimmer bestätigt, dass Sitzenbleiber der jetzigen Stufe 6, der letzten mit G8, zwei Jahre länger machen müssten. „Formal wäre dies die Folge“, sagt auch Andreas Joksch. Aber er hat auch eine Idee: „Über Beratung müsste über andere Schulformen versucht werden, die zweijährige ,Nachsitzzeit’ zu vermeiden.“