Wetter. . Auch Herdecker bei Gesprächsrunde. Taschengeld im Kino Lichtburg verdient. Sperrstunde ausgehebelt .

Kino, Cafés und Kneipen bestimmten einst das Bild in der Unteren Kaiserstraße. Die Hauptverkehrsachse der Harkortstadt zwischen Overwegbrücke und Ortsausgang steht im Mittelpunkt der Zeitreise, die die Teilnehmer des Historischen Stammtisches an diesem Nachmittag gemeinsam im Café 1898 unternehmen.

„Also das Kreuzungsbauwerk wurde ja erst 1963 oder 1964 gebaut. Vorher gab hier eine einfache Brücke“, meldet sich Gerda Lamle anfangs zu Wort und zeigt ein Schwarz-Weiß-Foto ihres verstorbenen Mannes, des Fotografen Joachim Lamle, das genau diese Brücke zeigt. Nur wenige Meter weiter befand sich auch damals schon die Lichtburg – eines der beiden Kinos, die es in Wetter gab. „Direkt neben der Lichtburg haben wir gewohnt. Da gab es riesige Firmvorführgeräte, und ich habe mir das vom Inhaber Karl-Heinz Fernholz zeigen lassen“, erinnert sich Bernd Tibussek.

„Ich konnte daraufhin schon mit 14 Filme vorführen und sehen, die erst ab 16 oder 18 Jahren frei waren“, schmunzelt er. Wenn er mit seinem ersten Job fertig war, ging es gleich ein Haus weiter zur Gaststätte Ferkinghoff (heute das Store-Warenhaus von Kolping): „Da habe ich die Kegelpinne aufgestellt. Das war ein gut bezahlter Job.“

Das Lokal von Jule Neuhaus hieß im Volksmund Omnibus.
Das Lokal von Jule Neuhaus hieß im Volksmund Omnibus.

natürlich Leute, auch solche im Anzug, die zu später Stunde noch rein wollten. Die klopften dann an, Piethe hob die Rollade ein wenig an, und die Leute krochen durch die kleine Luke in die Kneipe.“ In der man übrigens, das berichtet Klaus Hippenstiel, auch gut essen konnte.

Dafür wiederum war aber nicht Willi verantwortlich, sondern dessen Bruder Hermann.

Schulbedarf und Rote Laterne

Im Fachwerkhaus direkt gegenüber (ebenfalls längst abgerissen), wo heute mancher Wetteraner seinen Durst in der „Quelle“ stillt, befand sich im Erdgeschoss die Kneipe von Jule Neuhaus. „Die nannten wir nur Omnibus“, erzählt Gerda Lamle. „Man ging vorne rein und hinten raus.“

Vom Omnibus zur Roten Laterne: Ein ziemlich anrüchiges Etablissement habe es dereinst ja auch in der Unteren Kaiserstraße gegeben, erzählt Helmut Schuchardt mit einem verschmitzten Grinsen im Gesicht. „Neben Bürger Scheele, einem Geschäft für Schulbedarf, wo heute eine Fahrschule ist, hatte sich ein kleines Freudenhaus angesiedelt.“ Tischnachbar Wolfgang Heidtmann nickt und ergänzt: „Genau, und die Frauen gingen immer zum Einkaufen zu Kemmler.“ Mitte der 1980er Jahre sei die Rote Laterne schließlich nach einer Razzia erloschen – angeblich sei dort Rauschgift gefunden worden.

Udo Wehring hört sich die Anekdoten aus dem Kreis der Ur-Wetteraner amüsiert an. Er ist über Bernd Tibussek zum Stammtisch gestoßen, obwohl er gar nicht in Wetter, sondern in Herdecke-Ende lebt: „Ich habe aber mal sechs Jahre bei Rusche-Sieper gearbeitet. Damals wurde der Henkelmann noch über den Berg getragen. Und jetzt bin hier, ganz einfach, weil mich das einfach interessiert.“