Herdecke. . Josef Schwermann stellt Untersuchungsergebnis vor. Nur langfristige Kostenreduzierung möglich. Aber viele Empfehlungen.
Lässt sich der Zuschuss für die Städtische Musikschule Herdecke von 500.000 auf 200.000 Euro reduzieren? Mit dieser Frage hatten sich zuletzt nach dem Willen der Politik der Landesmusikschulverband NRW (LVdM) und die Gemeindeprüfungsanstalt (GPA) NRW beschäftigt. Das Ergebnis der Untersuchung präsentierte Josef Schwermann (LVdM) jetzt im Fachausschuss..
Zu Beginn erläuterte Schwermann bekannte Fakten: „Personalkosten und Gebühreneinnahmen sind die beiden wichtigen Größen einer Musikschule. Wobei die Personalkosten an allen Musikschulen mehr als 80 Prozent, teilweise sogar 90 Prozent der Kosten ausmachen. Das ist schwer zu beeinflussen; allerdings erwirtschaften die Lehrer auch etwa 50 Prozent ihrer eigenen Kosten.“ Nicht bekannt aber war wohl, „dass es in Deutschland nur wenige Musikschulen gibt, die rein städtische Mitarbeiter haben. Das ehrt Sie, aber das gibt es kaum in Deutschland. Die meisten arbeiten mit Honorarkräften“. Folglich hat Herdecke die höchsten Personalaufwendungen je Schüler, da ausschließlich fest angestellte Lehrkräfte eingesetzt werden.
Einnahmen steigern
Deswegen solle nach Möglichkeiten zur Steigerung der Einnahmen gesucht werden. Eine bessere Refinanzierung der Personalkosten lasse sich u.a. durch mehr Schüler je Jahreswochenstunde, Gruppenunterricht vor Einzelunterricht und niederschwellige Angebote erzielen. Schwermann: „Ich empfehle den Einsatz von Honorarkräften, wann immer festangestellte Lehrer ausscheiden.“ Zudem senke ein zusätzlicher Einsatz von Honorarkräften die Kosten je Schüler. Es gelte auch, die Musikschule attraktiver zu machen durch (zeitlich begrenzte) Projekte sowie Angebote für u.a. Senioren, Menschen mit Behinderungen oder Flüchtlinge, also durch „Systeme, die eine große Gruppenbildung ermöglichen“.
Teuerster Unterricht in Herdecke
15 Musikschulen, die eine ähnliche Stundenzahl wie die Herdecker Einrichtung haben, hatten die Experten vom Landesmusikschulverband und der GPA für ihre Überprüfung ausgesucht.
Die hohen Personalkosten lassen sich laut aktueller Untersuchung nur langfristig um 50 Prozent bis 2025 verringern.
Josef Schweermann vom Landesmusikschulverband betonte ausdrücklich, dass die Herdecker Musikschule eine „ausgezeichnete Arbeit leiste und nie der Eindruck entstehen sollte, dass an der Inhaltlichkeit etwas nicht in Ordnung ist“.
Weiterhin empfehle sich eine stärkere Trennung von Leitung und Verwaltung. „44 Stunden für die Verwaltung sind okay, aber die Leitung muss nachmittags Verwaltungsaufgaben mitübernehmen. Das geht nicht, dafür ist sie zu teuer. Ihr fehlt dadurch Zeit für eigenen Unterricht“, so Schwermann. Die Geschäftsstelle müsse an (einzelnen) Nachmittagen durch Verwaltungsmitarbeiter besetzt sein.
Auch bestehe Handlungsbedarf bei der Organisation: „Die Verwaltung arbeitet mit einem veralteten Softwaresystem, so dass vieles noch händisch erledigt wird. Da müssen Sie dringend Investitionen tätigen“, riet der Experte und gab an, dass die benötigte Software nicht teuer sei. Sie ermögliche, dass beide Verwaltungsmitarbeiter auf den gleichen Datenbestand zugreifen und sich gegenseitig vertreten könnten.
Am Ende fasste Schwermann zusammen: Eine sofortige Reduzierung des Zuschussbedarfs auf 200.000 Euro sei nicht möglich; sie gelinge „nur langfristig, aber absehbar“. Bei Erhalt der Einrichtung müsse ein attraktives Angebot geschaffen und ausgebaut werden mit neuen Angebotsformen und Zielgruppen. Um Gruppen- und Projektunterricht und eine damit verbundene Einnahmensteigerung zu erreichen, müssten Grundlagen für Honorarkräfte geschaffen werden. Und zuletzt gelte es, die Musikschule in Bezug auf Leitung und Verwaltung neu auszurichten.
Forderung nach Konkretem
„Ich hatte schon vor zehn Jahren die Idee einer Kern-Musikschule in Verbindung mit einem Verein für Honorarkräfte“, meldete sich Musikschulleiterin Ulrike Dittmar-Dretzler im Anschluss zu Wort. Dies sei damals aber u.a. wegen des Problems der Scheinselbstständigkeit noch schwerer gewesen. „Und Senioren wollte ich immer schon miteinbeziehen, vor allem weil es in Herdecke viele ältere Bürger gibt. Die Ideen waren da.“ Es gebe auch immer wieder Anfragen nach Standard- und Lateintanz: „Aber alles heißt Personalerweiterung auf Honorarbasis, und ich brauche dafür auch Räume.“
Patrick Wicker (CDU) erkundigte sich nach dem „überraschenden Zustand“ in der Musikschul-Verwaltung. Dezernent Dieter Joachimi erklärte, es handle sich um Teilzeitkräfte mit kleinen Kindern, die deswegen beide vormittags arbeiteten. Wicker erwiderte: „Wenn wir uns Kräfte leisten, die das arbeiten, was wir nicht brauchen, geht das nicht.“ Joachimi sicherte zu, die Arbeitszeiten noch einmal zu thematisieren. Mit der Software-Erneuerung sei man ebenfalls befasst.
Andreas Disselnkötter (Grüne) forderte Konkretes: „Das alles setzt eine kraftvolle Bereitschaft von Frau Dittmar-Dretzler voraus. Wann soll wie was umgesetzt werden?“ Patrick Wicker schloss sich an: „Wir haben jetzt einen guten Input bekommen. Aber ich sehe die Musikschulleitung in der Pflicht, einen Maßnahmenkatalog zu entwickeln.“ Dem pflichtete Iris Stalzer (UWG) bei: „Ich bin auch für einen Maßnahmenkatalog, aber in Zusammenarbeit mit der AG. Es ist ja doch viel möglich, was ich mit großer Erleichterung zur Kenntnis genommen habe.“ So sah das auch Silke Gröne (SPD) und schlug vor, sich zunächst in der AG zu besprechen (vor den Osterferien) und diese Ergebnisse dann dem Ausschuss zu übergeben.