EN-Kreis. . „In ZahlEN“: Von wo aus kommen die meisten Menschen in den EN-Kreis? Wie die Integration von Kindern gelingen kann, zeigt eine Hausaufgabenhilfe.
Aus welchen Ländern sind zwischen Anfang 2015 und Ende 2017 die meisten Menschen in den Kreis gekommen? In welche Länder sind die meisten fortgewandert? Mit gedrückter Maus können sie die interaktive Weltkugel oben drehen.
Konzentration und Herumalbern liegen nah beieinander. Während in der einen Ecke mehrere Schülerinnen über ihren Englischhausaufgaben brüten, macht Sedra erst einmal eine kurze Pause. Die Achtjährige malt auf einem Zettel und trinkt Saft. Die Mathehausaufgaben liegen – fast fertig – daneben. Das Mädchen aus Syrien ist eins der 20 Kinder, die regelmäßig zur Hausaufgabenhilfe in die Wetteraner Stadtbücherei kommen.
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Auch Achmad ist „Stammgast“ in der Hausaufgabenhilfe. „Ich bin seit drei Jahren in Deutschland“, erzählt der Elfjährige. Er besucht die Sekundarschule am See in Wetter. „Ich komme gerne her, weil es mehr Spaß macht als zuhause allein zu arbeiten“, sagt er. In Syrien hatte er bereits die Grundlagen der deutschen Sprache gelernt. „Mein Vater hat mir gesagt, dass ich Deutsch lernen soll. Als wir hier herkamen, konnte ich schon ‘Hallo’ und ‘Tschüss’ sagen und bis zehn zählen.“
Aktuell macht Achmad aber eine andere Sprache zu schaffen. Zusammen mit der ehrenamtlichen Helferin Edda Sichelschmidt geht er seine Englischvokabeln durch. Sichelschmidt ist eine der acht Helferinnen. Im vergangenen April ging das Projekt des Vereins Wir in Wetter an den Start. „Es läuft sehr gut“, sagt sie, „die Nachfrage ist größer, wenn der Druck auf der Schüler größer ist, also vor den Zeugnissen.“
Gruppe macht auch Ausflüge
Zwei mal in der Woche
Der Verein Wir in Wetter bietet die Hausaufgabenhilfe jede Woche während der Schulzeit an. Die Treffen findet jeweils dienstags und donnerstags von 16 bis 17.30 Uhr in der ersten Etage der Stadtbücherei Wetter (Bahnhofsgebäude) statt.
Das Angebot richtet sich an Schülerinnen und Schüler von der Grundschule bis zur neunten Klasse. Initiatorin Cathrin Zeller betont: „Die Hilfe richtet sich nicht nur an Kinder von Geflüchteten. Jeder ist bei uns willkommen.“ Zur Zeit kommen etwa 20 Schülerinnen und Schüler regelmäßig.
Die Kinder nennen sie beim Vornamen. „Edda“ ist beliebt, strahlende Kinder begrüßen sie mit einer Umarmung. Das könnte daran liegen, dass neben der schulischen Hilfe auch Ausflüge zum Programm gehören. Einmal im Monat geht es in die Kindervorstellung des Kinos, auch ein Besuch des Wuppertaler Zoos war schon dabei. Sichelschmidt erzählt: „Wenn wir ins Kino gehen, bringen die Kinder auch ihre deutschen Freunde mit.“ Finanziert wird das Projekt durch Fördermittel aus dem Landesprogramm „Komm-an NRW“ und aus Spenden.
Cathrin Zeller ist Vorsitzende des Vereins Wir in Wetter. Sie sagt: „Es gibt einen sehr großen Bedarf allein die Aufgabenstellungen zu verstehen. Das Rechnen an sich ist nicht das Problem.“ Zeller betont, dass es sich bei der Hausaufgabenhilfe nicht um Nachhilfe handelt. Viel mehr geht es darum, den Kindern zu helfen, zu verstehen, was von ihnen verlangt wird. Zeller nennt ein Beispiel: Eine Schülerin sollte den Flächeninhalt eines ‘Windmühlenflügels’ berechnen. So stand es in der Aufgabenstellung. Im Wörterbuch fand sie zwar das Wort ‘Windmühle’, aber natürlich nicht ‘Windmühlenflügel’. „So entsteht oft Schulfrust. Dem wollen wir vorbeugen.“
Coolness ist Kindern wichtig
Andreas Blasius ist Psychotherapeut in Schwelm. Ihm sind die Probleme, die im Schulalltag auftreten können bekannt. „Das Anschließen an eine bereits bestehende Gruppe ist immer schwierig“, sagt Blasius. Da spiele bei Kindern die Nationalität gar nicht so eine große Rolle. „Für Kinder zählt mehr, wie cool jemand rüber kommt oder ob er oder sie sportlich ist.“
Ob die Integration der Kinder gelingt, hängt auch sehr stark von den Eltern ab. Menschen, die aus anderen Ländern kommen, würden gerne Communities bilden, auch über Stadtgrenzen hinweg. „Das gibt Halt“, sagt Blasius. Wichtig sei es nur, dass sich die Kinder nicht nur in diesen Communities aufhalten, sondern auch Kontakt zu deutschen Kindern suchen.
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Die meisten deutschen Kinder seien sensibel genug zu akzeptieren, dass Kinder mit Migrationshintergrund und noch rudimentären Deutschkenntnissen für manche Dinge etwas mehr Zeit benötigen, sagt der Experte.
„Die Bedenken kommen eher von manchen Eltern, die befürchten, dass das Unterrichtsniveau sinkt. Diese Sorgen sind nicht unbedingt unbegründet.“ Vereinzelt könne es aber auch zu Neid von leistungsschwächeren Schülern kommen, die sich ebenfalls über mehr Förderung freuen würden.
Generell hätten Kinder weniger Probleme, sich in einer neuen Umgebung einzuleben als Erwachsene. Auf der anderen Seite fällt es Jugendlichen leichter, ausländische Mitschüler zu akzeptieren. Blasius sagt aber auch: „Menschen sind von Natur aus Raubtiere. Die Empathie für Fremdes ist eine zivilisatorische Errungenschaft. Das muss man lernen.“
Eine Regel gibt es bei der Hausaufgabenhilfe: Es wird deutsch gesprochen. In den Anfangsmonaten brauchten die Ehrenamtlichen dennoch hin und wieder eine Übersetzung ins Arabische. Das hat sich geändert, wie Cathrin Zeller erzählt: „Eine Kollegin spricht Arabisch, aber das brauchen wir immer weniger.“
Und wie erfolgreich ist die Arbeit der Hausaufgabenhelfer? „Es entsteht langsam eine echte Gemeinschaft hier“, sagt Zeller. „Den Erfolg unserer Arbeit merken wir an den Schulnoten der Kinder.“ Achmad berichtet breit grinsend: „Mit der Hilfe hier habe ich in Deutsch eine Zwei bekommen.“
Alle Teile der Serie „In ZahlEN“ gibt es hier.