Volmarstein. . Aus acht Urnenplätzen werden vier, doch die Gebühr bleibt gleich. Eine Familie aus Wetter war darüber nicht informiert. Jetzt will sie klagen.

Wenn ein geliebter Mensch verstirbt, so ist es für die Angehörigen immer ein schmerzlicher Verlust. Viele organisatorische Dinge sind zu klären. Gut, wenn vorgesorgt ist und es schon eine Grabstelle gibt. Schlecht, wenn die Friedhofssatzung geändert wird und die Angehörigen davon nichts wissen.

Zwei Grabstätten gemietet

So ist es auch Marit und ihrem Sohn Nils Roschin ergangen. Die Familie hatte gleich zwei Grabstätten von der Evangelischen Gemeinde Volmarstein gemietet. Eine für ursprünglich acht Urnen, eine für vier Urnen. Zwei Plätze in der kleineren Grabstätte waren bereits belegt, als im August 2015 die Schwester von Marit Roschin verstarb. Keine Frage, dass auch sie ihre letzte Ruhe in der extra angemieteten Vierer-Stelle an der Seite ihrer Eltern finden sollte.

Doch die Friedhofsverwaltung machte den Roschins einen Strich durch die Rechnung. Die Friedhofssatzung sei im Januar 2014 geändert worden. Und die teuer gekauften Grabstätten dürften jetzt nur noch mit der Hälfte der ursprünglich vertraglich vereinbarten Urnen bestückt werden. Somit sei die Stätte bereits voll. „Wir wurden nie angeschrieben, dass die Satzung geändert wurde“, sagt Nils Roschin.

Gemeinde reagiert nicht

Nach einiger Recherche fand er heraus, dass die Satzung am 29. Januar 2014 beschlossen wurde und es eine amtliche Bekanntmachung am 9. April 2014 in der Zeitung gab, dass die Satzungsänderung vom 9. April bis zum 15. April 2014 am Friedhofsaushang eingesehen werden könnte. Das war alles.

Damit wollten sich die Roschins nicht zufrieden geben und wendeten sich nach erfolglosen Kommunikationsversuchen mit der Gemeinde an Landespräses Annette Kurschus. Die setzte sich mit der Gemeinde in Verbindung und erreichte immerhin, dass der Paragraf 13 der Friedhofssatzung in diesem Fall einmal ausgesetzt wurde. So konnte die Schwester und Tante letztlich doch dort beerdigt werden, nachdem ihre Urne während des Streits noch beim Bestatter stand.

Grab ist mit vier Urnen voll

Damit war die Odyssee jedoch noch nicht vorbei. Im April vergangenen Jahres verstarb Marit Roschins Mann. Er sollte nun mit in die große Grabstätte zu seinen Eltern und Großeltern, die ursprünglich für acht Urnen gemietet worden war. Seine Urne wäre die Vierte dort gewesen. Nach neuer Friedhofssatzung ist das Grab damit voll.

„Doch was ist später mit meiner Mutter?“, fragt Roschin. Sie hätte dann keine Möglichkeit mehr gehabt neben ihrem Mann beerdigt zu werden. „Man sagte uns dann, dass eine Urne in dem Grab bereits abgelaufen sei und diese dann entfernt werden könnte“, erinnert sich Nils Roschin.

Umsiedlung nicht möglich

Um weitere Schwierigkeiten zu vermeiden, überlegten die Roschins eine weitere Grabstätte direkt neben der kleineren anzumieten und die verstorbenen Angehörigen innerhalb des Friedhofs nebeneinander zu beerdigen. Doch da winkte die Friedhofsverwaltung ebenfalls ab. „Sie sagten, dass es Störung der Totenruhe sei, wenn man die Urnen innerhalb des Friedhofs umsiedelte“, sagte Nils Roschin.

Merkwürdig fand er jedoch, dass es möglich war, die Urne seines Großvaters nach der Beerdigung von Düsseldorf nach Volmarstein zu holen. „Da hieß es nur, von außerhalb sei das kein Problem“, meint Roschin kopfschüttelnd. Doch der Streit um die Belegung der Grabstätten blieb nicht der einzige.

Familie will klagen

Nach der Beerdigung seines Vater wollte Nils Roschin den Grabstein auf dem Familiengrab mit dem Namen des Vaters zusätzlich versehen lassen. Das ginge nicht, weil es ein schwebendes Verfahren sei, hieß es dazu zunächst von der Gemeinde. Wieder schaltete Roschin Präses Kurschus ein, und wenige Tage später konnte der Grabstein beschriftet werden.

Dennoch bleibt ein fahler Nachgeschmack. „Wir waren fast 40 Jahre Mitglied in der Kirchengemeinde“, sagt Marit Roschin traurig. Sie hätte sich gewünscht, dass vielleicht mal einer der Pfarrer persönlich Kontakt aufnimmt. Doch das war nicht der Fall. Inzwischen sind Roschins in einer anderer Gemeinde herzlich aufgenommen worden. Doch der Wunsch nach Gerechtigkeit bleibt. „Deshalb wollen wir Klage einreichen und haben bereits eine Fachkanzlei mit unseren Interessen beauftragt“, erläutert Nils Roschin.

Wunsch nach Gerechtigkeit

„Wir verstehen, dass die Gemeinde auf dem Friedhof wirtschaftlich denken muss. Wir hätten zum einen erwartet, dass die registrierten Angehörigen von der Gemeinde angeschrieben werden, zumal die Einsichtsmöglichkeit nur für eine Woche gegeben war“, so Nils Roschin. Mit der Klage wollen Roschins erreichen, dass es eine Art Bestandsschutz für die bestehenden Vereinbarungen bis zu einem gewissen Datum gibt.

„Für mich hat ein Vertrag Gültigkeit, egal wann er getätigt wurde“, sagt Marit Roschin. Ihre und die Befürchtung ihres Sohnes: Sie werden nicht die einzigen sein, die von der geänderten Friedhofssatzung nichts wussten und vor vollendeten Tatsachen stehen. Die Beiträge werden nämlich weiter unverändert in Rechnung gestellt.