Herdecke. . Eigentlich wollte er es neu bepflanzen, doch als ein Herdecker Witwer mit den Blumen zum Grab seiner Frau kommt, ist es nicht mehr da.

Einen geliebten Menschen zu verlieren tut immer weh. Da ist es gut für die Angehörigen zu wissen, dass es einen Ort gibt, an dem sie trauern können, den sie besuchen können, um ihren Lieben nahe zu sein. Im Normalfall ist das ein Friedhof. So war es auch 23 Jahre lang bei Rigo Hagenkötter. Bis zu einem Tag im September.

„Meine Frau ist am 1. Oktober 1995 gestorben. Am 10. Oktober fand die Beisetzung auf dem Waldfriedhof statt“, berichtet der Witwer. Seitdem war sie in einem Urnenreihengrab bestattet. Zu Fuß zwei Minuten vom Seiteneingang des Friedhofs entfernt. Die Ruhefrist dort beträgt eigentlich 25 Jahre. Umso erstaunter war Rigo Hagenkötter, als er im September mit Blumen zum Grab seiner Frau kommt. „Ich wollte es neu bepflanzen. Das mache ich eigentlich vier mal im Jahr.“

Systemfehler: Grab in Herdecke zwei Jahre zu früh geräumt

Doch als er dort ankommt, gibt es das Grab nicht mehr. Alles ist weg. Die Vasen, die er dort aufgestellt hatte, die Heckenumrandung und auch der Grabstein. „Ich hatte dort eine besondere Schrift anfertigen lassen, die aussah, wie die Schreibschrift meiner Frau“, erläutert der gelernte Lithograf. „Ich dachte, ich wäre in der falschen Reihe.“ Doch das war nicht der Fall.

Er wendet sich an die Stadt Herdecke. Beim Standesamt, das auch gleichzeitig Friedhofsamt ist, habe man ihm mitgeteilt, dass das Grab aufgrund eines Systemfehlers im Computer zwei Jahre zu früh geräumt worden sei. „Im vorliegenden Fall hat es offensichtlich vor 23 Jahren, also nach dem Tod der Ehefrau, einen Fehler bei der Eingabe gegeben, so dass nicht 25 Jahre – wie üblich – sondern 20 Jahre eingetragen wurden“, heißt es in einer Erklärung der Stadt. Doch wieso dann jetzt? Wenn die Grabstätte nach 20 Jahren enden sollte, dann käme diese Räumung drei Jahre zu spät. „Die Friedhofsgärtner bekommen in unregelmäßigen Abständen Listen, auf denen die Endzeiten der Gräber ersichtlich sind“, begründet Stadtsprecher Dennis Osberg den zeitlichen Verzug.

Angehörige werden in Herdecke nicht angeschrieben

In anderen Städten werden die Angehörigen, die die Grabpflege übernommen haben, angeschrieben, wenn die Grabstelle ausläuft. Dann können sie selbst entscheiden, ob das Grab bestehen bleiben soll, es weg kann und was mit den Sachen passiert, die sich dort noch befinden.

Bei der Stadt Herdecke wird dies zum Teil anders geregelt. „Der Friedhofsgärtner stellt auf die Gräber, die demnächst abgeräumt werden, ein Hinweisschild. Entweder dass man sich bei der Friedhofsverwaltung melden möge oder dass das Grab demnächst abgeräumt wird. Das jeweilige Schild steht mindestens mehrere Wochen. Leider kommt es aber auch gelegentlich vor, dass die Schilder von Friedhofbesuchern weggenommen oder auf andere Gräber gestellt werden. Im Falle von Urnenreihengräbern, die ja keine Verlängerungsoption haben, werden die Angehörigen nicht nochmal schriftlich informiert“, erläutert Osberg das Verfahren. „Ich war eine Woche vorher noch auf dem Friedhof. Da war alles noch da und wie immer“, sagte Hagenkötter. Kein Hinweis, kein Schild. Keine Möglichkeit für den Witwer zu reagieren.

Grabstein nicht auffindbar

Das ließ sich nun nicht mehr ändern, doch zumindest den Grabstein hoffte Hagenkötter retten zu können. „Die Gegenstände von den abgeräumten Gräbern werden noch eine gewisse Zeit auf einer Ablagestelle auf dem Friedhof gelagert. In unregelmäßigen Abständen werden die Gegenstände dann angeholt und entsorgt beziehungsweise weiterverwertet“, so Osberg.

Die Hoffnung Hagenkötters war also durchaus berechtigt, doch auch sie wurde zunichte gemacht. „Man habe nachgeschaut, doch der Grabstein war schon entfernt und nicht mehr auffindbar“, sagt der Witwer. „Trotz unmittelbaren Nachforschungen ist der betroffene Grabstein leider nicht mehr auf der Ablagestelle auffindbar gewesen“, bedauert Osberg.

Keine Entschuldigung an den Witwer

Das bringt Rigo Hagenkötter jedoch nun auch nicht mehr weiter. Man habe ihm angeboten, dass er Blumen auf der Wiese am Eingang des Friedhofs niederlegen könnte, wenn er möchte. „Aber das ist doch nicht das gleiche und auch kein Trost“, macht er seiner Enttäuschung Luft. Ihm sei klar, dass man das Grab seiner Frau nicht wiederherstellen könne und er wolle auch keine Entschädigung oder ähnliches. „Aber ich hatte auf eine schriftliche Entschuldigung gehofft“, sagt Hagenkötter.

Die Stadt Herdecke, vertreten durch Sprecher Dennis Osberg, hat sich gegenüber der Redaktion in einer Mail mehrfach für den Vorfall entschuldigt. „Wie eingangs geschrieben, sind wir sehr unglücklich über den Eingabefehler, so dass wir uns neben dem gemachten Angebot der Unterstützung für den bedauerlichen Einzelfall entschuldigen müssen“, heißt es zum Abschluss der Mail. Vielleicht wäre es sinnvoll diese Zeilen auch dem Betroffenen persönlich zukommen zu lassen.