Herdecke. . Netzbetreiber Amprion verhandelt noch mit Grundstücksbesitzern in Herdecke über Leitungsrechte. Erste Neubau-Maßnahmen sollen im Oktober starten.
In der nächsten Woche läuft die Frist für Bürger ab, um vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig gegen den genehmigten Bau der 380-Kilovolt-Stromtrasse von Dortmund-Kruckel über Herdecke nach Hagen-Garenfeld zu klagen. Der Netzbetreiber Amprion, der die neue Höchstspannungsfreileitung plant, will sich auf Anfrage nicht zu einer juristischen Auseinandersetzung äußern. Vielmehr treibt das Unternehmen die Vorbereitungen voran.
„Derzeit führen wir Baugrundsuchungen und Leitungsrechtsverhandlungen durch. Neben der Sicherung der Leitungstrasse werden hierbei auch die nun anstehenden Bauvorbereitungen mit den betroffenen Grundstückseigentümern abgestimmt“, so Claas Hammes. Der Amprion-Sprecher konkretisiert: Für die neue Höchstspannungsfreileitung soll der Holzeinschlag Ende Oktober auf Flächen am Speicherbecken und südlichen Ufer des Hengsteysees beginnen.
Bewuchs zurückschneiden
In den kommenden Monaten will Amprion „an notwendigen Stellen in den Trassenräumen“ zwischen den Umspannanlagen Kruckel und Garenfeld dann weiteren Bewuchs zurückschneiden. Unabhängig von den Neubau-Vorbereitungen stehe am Speicherbecken und Koepchenwerk ein Holzeinschlag bevor, um bestehende Leitungen zu sichern. „Um die Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzwelt so gering wie möglich zu halten, werden parallel zum Holzeinschlag ökologische baubegleitende Maßnahmen durchgeführt“, heißt es weiter.
Der konkrete Zeitplan zum Neubau hänge von mehreren Faktoren ab. So seien etwa aufwendige provisorische Leitungen notwendig, um im bestehenden Trassenraum Platz für die neuen Leiterseile zu schaffen. Zuerst soll der Abschnitt von Kruckel bis zum Koepchenwerk fertiggestellt werden. Die ersten Aktivitäten (Baufeldfreimachung) könnten demnach in Herdecke frühestens jetzt im November beginnen, der Bau der neuen Leitungen starte frühestens im Frühjahr 2019 vor der Umspannanlage in Kruckel. Mit der Gründung der ersten Mastfundamente in Herdecke sei nicht vor Sommer 2019 und nach dem Abschluss der Netzprovisorien zu rechnen.
Partnerschaftlicher Umgang gewollt
Bezüglich der erforderlichen Leistungsrechte laufen laut Amprion Gespräche mit zahlreichen Grundstückseigentümern. Der Netzbetreiber sei „sehr an einem partnerschaftlichen Umgang“ interessiert und bemühe sich ausdrücklich, eine vertragliche Einigung mit allen Betroffenen zu erzielen. Ist eine Einigung nicht möglich, könne Amprion bei der zuständigen Behörde die Durchführung eines Zwangsbelastungsverfahrens nach Paragraf 45 Energiewirtschaftsgesetz beantragen. Dabei gehe es um die Inanspruchnahme des Grundstücks und auch um die Höhe der Entschädigung. Wer sich einer Einigung verweigere, müsse zwar keinen Eigentumswechsel befürchten, einzelne Nutzungsrechte könnten aber durch eine entsprechende Eintragung im Grundbuch eingeschränkt werden.
Generell habe Amprion den Eindruck, dass in Herdecke „unsere Ausführungen zu den Fragen von den betroffenen Eigentümern und Anwohnern überwiegend positiv aufgenommen“ werden.
Aus Naturschutzsicht überwiegen Vorteile
In der Diskussion zur genehmigten Stromtrasse hat sich die Sprecherin der Ortsgruppe des BUND sowie des Bundes für Vogelschutz und Vogelkunde Herdecke und Hagen (LNU) zu Wort gemeldet. In einer 30-seitigen Bewertung kommt Christina Kramer in einer Aufstellung von positiven und negativen Eckpunkten zu dem Ergebnis, dass aus Naturschutzsicht die Planung trotz ein paar „Bauchschmerzen“ im Detail insgesamt verträglich sei.
„Bei Betrachtung des gesamten Stadtgebietes ebenso wie von bestimmten Teilbereichen ist die Planung deutlich besser“ als der derzeitige Zustand, heißt es in der Abwägung, obwohl die größten Eingriffe im ökologisch sensibelsten Bereich (Kleff/Ruhrsteilhang) vorgesehen seien.
Von Vorteil sei der Komplett-Rückbau der 220-Kilovolt-Höchstspannungsleitung im Landschaftsraum Ende, wo ein ca. 3,2 Kilometer trassenfreier Raum im Gebiet Appelsiepen entstehe. Zudem gebe es künftig 23 Mast-Standorte weniger in Herdecke und auch Verbesserungen für Landschaftsschutzgebiete, vor allem das Areal am Peddenhohl werde „deutlich entlastet“.
Dem stehen temporär erhebliche Baumaßnahmen gegenüber. Von Nachteil seien auch neue und bleibende Belastungen sowie höhere Masten. Christina Kramers Fazit: „Klar, an den elf verbleibenden bzw. neuen Maststandorten im Stadtgebiet gilt eindeutig: Schöner wäre es ganz ohne. Aus Naturschutzsicht überwiegen zweifelsfrei die positiven Aspekte der Planung.“