Herdecke. . Auch Vorteile sehen: Grünen-Politiker Disselnkötter und Gerigk halten die Genehmigung der Amprion-Stromtrasse durch Herdecke für gut begründet.
Die neue und alte Fraktionsspitze der Herdecker Grünen hat sich nach eigenen Angaben intensiv mit dem Beschluss der Bezirksregierung zum Bau der Amprion-Höchstspannungsleitung auch durch das hiesige Stadtgebiet beschäftigt. Dabei kommen Andreas Disselnkötter und Peter Gerigk im Sinne einer Versachlichung der Diskussion zu dem Ergebnis, dass sie die Genehmigung der 380-Kilovolt-Leitungen für schlüssig begründet halten und Klage-Bestrebungen von Bürgern am Bundesverwaltungsgericht nicht unterstützen würden. „Für uns steht da kein Erfolg in Aussicht“, so Gerigk.
Nach Gesprächen mit Naturschutzverbänden sei auch die Alternativtrasse an der A45/A1 vom Tisch. „Aus rechtlichen und ökologischen Gründen, zudem würden sich die dann neu betroffenen Städte Dortmund, Schwerte und Hagen dagegen stemmen – und bei einer Klage wohl gute Chancen haben“, sagen die beiden Grünen und erinnern an die kürzlich erfolgte Herdecker Zustimmung zum Dortmunder Landschaftsplan. Ein wesentliches Argument für Disselnkötter betrifft die Anbindung zum Pumpspeicherkraftwerk am Hengsteysee. Bei der Autobahn-Variante müsste dafür eine komplett neue Trasse über knapp fünf Kilometer gebaut werden.
Trassenlänge verringert sich im EN-Kreis
Herdeckes Grüne sehen in den bestätigten Amprion-Plänen einen weiteren Vorteil: Demnächst gebe es 15 Kilometer weniger Stromleitungen im Ennepe-Ruhr-Kreis, da die 220-kv-Verbindung Hattingen-Koepchenwerk entfalle.
Auch das Beispiel Hürth, wo Bürger erfolgreich eine intensivere Prüfung einer Alternativtrasse juristisch veranlassten, sei nur bedingt tauglich, da dort eine Überprüfung bzw. Nachbesserung ansteht.
Im Gegenzug empfehlen er und Gerigk einen Blick auf die Vorteile für Herdecke, die sich durch die neuen 380-Kilovolt-Leitungen ergeben. So werde in Ende an der Stadtgrenze zu Witten die 1,4 Kilometer lange 220-kv-Trasse am Kermelberg/Appelsiepen nicht mehr benötigt, in diesem Landschaftsschutzgebiet kämen auch sechs Masten weg. Im gesamten Stadtgebiet benötige Amprion laut Unterlagen 23 Masten weniger als bisher: 34 werden abgebaut, elf neue kämen hinzu.
Nach Gesprächen mit Hagener Parteifreunden revidierten auch die Herdecker Grünen ihre Einschätzung zur Gesundheitsgefahr durch elektrische und magnetische Felder. „Das ist nicht belegbar. Die unten liegenden 110-kv-Seile schirmen ja die darüber befindliche 380-kv-Leitung ab“, so Gerigk. Zudem gehe es um Rechtssicherheit, dies hätte in dem Fall Vorrang gegenüber ökologischen Themen. „Wobei gerade das Landschaftsschutzgebiet Peddenhohl durch weniger Masten und anstehende Abbauten im westlichen Teil profitiert.“
Neue Erkenntnisse, neue Meinung
Gerigk räumt ein, dass die Grünen Ratsbeschlüsse – etwa die Resolution im Juni 2016 zur Ablehnung der Amprion-Höchstspannungsleitung – mitgetragen haben. „Wir waren aber stets für Erdkabel, auch wenn diese Lösung jetzt nicht umsetzbar ist. Zudem haben wir immer gesagt, dass wir die Ergebnisse bei der Prüfung der Alternativtrasse abwarten wollen“, so der frühere Fraktionsvorsitzende. Disselnkötter ergänzt, dass „wir nun eine neutrale Position einnehmen. Durch neue Erkenntnisse, dass etwa 3,2 Kilometer Leitungen in Herdecke wegfallen, darf man sich ja auch eine andere Meinung bilden.“
Die falle demnach ausgewogen aus. Natürlich werde Herdecke durch höhere Masten nicht schöner, „doch es scheint keine bessere Alternative als die Lösung im vorhandenen Trassenraum zu geben. Heutzutage würde man bei einem Neubau ganz anders vorgehen, wir haben die 380-kv-Leitungen ja auch nicht befürwortet. Gleichwohl ist die Situation nun so, wie sie ist, auch wenn wir lieber eine andere Lösung bevorzugt hätten.“