Wetter. Beging sie gezielt Unfallflucht oder nicht? Da in diesem Fall Aussage gegen Aussage stand, hatte der Richter noch ein Erbarmen.
Ein vergessener Einkaufswagen löste im Herbst eine Kettenreaktion aus und bescherte einer Wetteranerin nun ein Verfahren wegen Unfallflucht vor dem hiesigen Amtsgericht. Dort wollte die 60-Jährige den Vorwurf, sich unerlaubt vom Ort des Geschehens entfernt zu haben, so aber nicht stehen lassen.
Einkaufswagen rollt los
Nachdem sie ihre Einkäufe im Kofferraum verstaut hatte, setzte sich die Frau am Mittag des 26. September hinter das Steuer, um von dem Supermarkt-Parkplatz an der Osterfeldstraße zu fahren. Dabei dachte sie gar nicht mehr an den Einkaufswagen, der nach wie vor hinter ihrem Pkw stand. Sie stieß gegen ihn, das Gefährt machte sich selbstständig, rollte los und kollidierte mit einem fremden Wagen. Dabei entstand ein Schaden von mehreren hundert Euro. Kurz darauf sollte die 60-Jährige weitergefahren sein – mehr oder weniger ohne sich um etwas zu kümmern.
Sehr wohl sei sie zu dem Besitzer des anderen Wagens gegangen, um ihm ihre Versicherungsunterlagen zu geben, betonte die Wetteranerin nun in ihrer Verhandlung. Aber: „Er hat über den ganzen Parkplatz geschrien. Es war kein Gespräch mit ihm zu führen.“ Sie solle verschwinden, er werde erstmal in seine Lackiererei fahren, habe der Mann gerufen. Und immer wieder: „Mein schönes Auto!“ Sie sei in ihrem ganzen Leben noch nie so beschimpft worden – auf offener Straße. Und ihr Verteidiger erklärte, dass seine Mandantin danach so fertig gewesen sei, dass sie nach Hause gefahren und „auf den Schreck“ erst einmal ein Radler getrunken habe.
Kratzer erst nicht bemerkt
Ihr Gegner schilderte den Vorfall gänzlich anders. Er habe die Frau erst auf die Kollision aufmerksam gemacht. Die habe sich das Ganze angeguckt, abgewunken und geäußert: „Scheiß drauf, da ist doch nichts.“ Dann sei sie wieder eingestiegen und weggefahren. Er habe daraufhin die Polizei gerufen. Skurriles Detail: Während die Angeklagte einen kleinen Riss und die Beamten einen Kratzer an dem Wagen wahrnahmen, gab der Besitzer an, den Schaden erst gesehen zu haben, als er den Pkw wenig später gewaschen habe.
Geringer Schaden
In dieser Pattsituation sprach der Vertreter der Staatsanwaltschaft schließlich von Ungereimtheiten. Die Tatsache, dass die Angeklagte das Wegfahren einräumte, ein gegenseitiges Fehlverhalten nicht auszuschließen war, sich der Schaden als nicht allzu erheblich entpuppte und das Verschulden der 60-Jährigen als gering einzustufen war, sorgten dafür, dass sie trotz einschlägiger Vorbelastung eine Chance erhielt: Das Verfahren wurde gegen Zahlung von 500 Euro Geldbuße vorläufig eingestellt.