Wetter. . Unbekannte haben in der Nacht zu Montag in Wetter einen syrischen Lebensmittelladen in Brand gesetzt. Bevölkerung setzt nun Zeichen gegen Rechts.
Der Kulturverein Lichtburg ist dabei und das Atelier Kunst Stück. Die Karnevalsfreunde haben sich erklärt, und auch der Rat wird heute ein Zeichen setzten: In Wetter gibt es eine breite Welle von Hilfsangeboten für den Betreiber des ausgebrannten „Wetter Markets“ an der Königstraße und viele Erklärungen der Verbundenheit mit dem Opfer.
„Wir als Kulturverein stellen uns solidarisch mit den Wetteraner Bürgern gegen jede Art von Radikalismus aus jedweder Richtung“, heißt es in der Ankündigung einer Spendenaktion heute im Stadtsaal.
Wetter möchte keinen Platz für rechte Gesinnung lassen
Wenn Tina Teubner in der „Kleinen Kunstreihe“ auftritt, wird für den Ladenbetreiber, einen Flüchtling aus Syrien, gesammelt. Die Lichtburg will auch ein Benefizkonzert unterstützen, das Christian Salihin auf die Beine stellen will. „Ich bin schlichtweg nicht gewillt, in meiner Heimatstadt, in der das höchste Bildungsinstitut nach Widerstandskämpfern gegen das NS-Regime benannt ist, rechter Gesinnung auch nur eine Handbreit Platz zu lassen“, hat er dem Bürgermeister geschrieben und um Unterstützung gebeten.
In der Nacht zu Montag waren Unbekannte in das Geschäft eingedrungen und hatten Feuer gelegt. Dazu haben sich auch die Karnevalsfreunde geäußert. Sie sind „unfassbar traurig, dass so etwas in unserem Städtchen passieren konnte“ und erinnern auch an eine Aktion der Mitglieder des „Fallersleben Bundes“ vor wenigen Wochen: „Mit der Anfeindung des Wetter Marktes und der Anbringung des ,Islamisierung’-Aufklebers vor diesem sind diese zumindest die geistigen Brandstifter.“ So die Karnevalsfreunde auf ihrer Facebookseite.
Stadtrat will Resolution gegen Rechts auf den Weg bringen
Helfen möchte auch Alexandra Brück vom Atelier Kunst Stück an der Kaiserstraße. Über die Facebookseite „Atelier Kunst Stück 2017“ kann sich bei ihr melden, wer ein Airbrush-Bild zugunsten des Ladenbetreibers ersteigern will.
Um Geld geht es auch bei einem Vorstoß der Grünen am im Rat, allerdings um Mittel zur Stärkung der Demokratie. Der Rat will eine Resolution gegen Rechts auf den Weg bringen und überlegt, in einer Sitzungsunterbrechung zum Ort des Brandanschlages zu ziehen.
AfD-Kreisvorsitzende meldet sich zu Wort
Auch die AfD, die in Wetter im Rat nicht vertreten ist, hat sich zu Wort gemeldet. Für die Alternative für Deutschland sei jede Form von Gewalt abzulehnen, so der Kreisvorsitzende Matthias Renkel. Er weist anlässlich der Tatumstände darauf hin, wie erfreulich es sei, wenn es Ausländer unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus hier im Land schafften, sich eine Existenz aufzubauen. Renkel: „Wir brauchen Menschen, die motiviert sind und Tatendrang zeigen. Wer ausgebildet ist und eine Stelle annehmen kann oder gar ein eigenes Geschäft eröffnet, der ist hier herzlich willkommen. Für diese Menschen brauchen wir Aufenthalts- und Einwanderungsbestimmungen jenseits des Asylrechtes, um langfristige Rechtssicherheit zu schaffen.“
Mohammed Ahmad, der syrische Flüchtling, findet langsam wieder die Sprache. Auf Facebook bedankt er sich auch für das Team seines Lebensmittelladens bei all denen, die ihm wieder Kraft geben: „Nein“, sagt er, „ich werde jetzt nicht aufgeben, sondern weiter machen“.
>>>DER KOMMENTAR
Bekenntnis zum Miteinander
Von Klaus Görzel
Müssen Karnevalsfreunde den Brandanschlag auf den Lebensmittelladen eines Flüchtlings verurteilen und sich gegen Rassismus und Gewalt erklären? Muss die Lichtburg bei einer Kulturveranstaltung im Stadtsaal für den geschädigten Ladeninhaber sammeln und Hilfe für ein Benefizkonzert anbieten? Keiner der Vereine muss das, aber es ist ein gutes Zeichen, dass beide es tun.
Das Entsetzen ist groß in der Stadt über den nächtlichen Anschlag, der schlafende Menschen in Gefahr gebracht hat, und über das, was vorher schon von vielen als unerträgliche Hetze gegen Fremdes und Flüchtlinge empfunden worden ist. Aber die Entsetzten sind nicht gelähmt. Sie stellen sich der Ausgrenzung entgegen.
„Wetter ist eine weltoffene Stadt, in der wir das Miteinander leben“, hat der Bürgermeister gesagt. Beachtlich viele Wetteraner scheinen das auch so zu sehen.