Hagen/Volmarstein. . Der Ex-Abus-Prokurist (70) muss wegen Untreue sechs Jahre in Haft. Der Richter nennt die 313 Veruntreuungs-Taten „hemmungslose Geldverbrennung“.

Die Richter entschieden genauso, wie es die Staatsanwältin beantragt hatte: Ex-Abus-Prokurist Joachim D. muss für sechs Jahre ins Gefängnis. Als das Urteil fiel, presste der 70-Jährige seine Lippen fest aufeinander, doch seine Mundwinkel gingen nach unten. Offensichtlich rang er darum, die Fassung zu wahren.

Vielleicht hatte der ehemalige Abus-Geschäftsführer wirklich daran geglaubt, mit der von seinem Verteidiger geforderten Bewährungsstrafe davonzukommen? Gewerbsmäßige Untreue in 313 Fällen – Richter Andreas Behrens, Vorsitzender der Großen Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht Hagen, fand wenig rühmliche Worte über Joachim D., „der einen immensen Gesamtschaden von 16 Millionen Euro angerichtet und das Geld unmittelbar in die eigene Tasche gesteckt hat.“ Genau waren es sogar 26 Millionen, doch ein Teil der Schadenssumme ist bereits juristisch verjährt. Als „hemmungslose Geldverbrennung“ bezeichnete der Kammervorsitzende die Taten. „Das Vermögen der Firma Abus wurde für ihn zum Selbstbedienungsladen“.

"Man kannte sich über christliche Gemeinde"

In der Urteilsbegründung skizzierte der Vorsitzende noch einmal die Biografie des Ex-Abus-Prokuristen: „Aufgewachsen in relativ einfachen Verhältnissen, zunächst höhere Handelsschule, dann kaufmännische Ausbildung“. Nach einer Zwischenstation in einer Wuppertaler Schraubenfabrik, ab 1988 dann Prokuristen-Anstellung bei Abus in Volmarstein: „Man kannte sich über die gemeinsame christliche Gemeinde, in der man – wenn auch in unterschiedlichen Städten – Mitglied war.“

Das 200 000-Mark-Jahresgehalt wurde später an Euro angepasst. „Der Angeklagte genoss hohes Vertrauen“ der Eigner-Familie Bremicker, „wurde sehr geschätzt und als Respektperson angesehen“.

Das in ihn gesetzte hohen Vertrauen und die „weitgehend freie Hand“, die ihm die Abus-Gesellschafter ließen, nutzte Joachim D. später schamlos aus: „Ab Oktober 2010 beginnt die strafrechtlich noch nicht verjährte Zeit“, führte Richter Behrens aus.

Drei Millionen für eine Jacht

Bereits zwei Jahre zuvor hatte er sich aus ergaunertem Firmengeld eine 3-Millionen-Jacht mit dem schönen Namen „Harmonie“ zugelegt. Und dann verschwand von Jahr zu Jahr immer mehr Geld: 2011 zwei Millionen, 2012 knapp 1,4 Millionen, zwischen 2013 und 2015 stolze 11,8 Millionen.

Die Immobilie „Alleestraße“, die Immobilie „Schrödershöhe“ (angeschafft für die beiden Töchter), und schließlich der hochherrschaftliche Prachtpalast „Finkengasse 5“ in der Remscheider City: 2071 Quadratmeter Grundstück, 653 Quadratmeter Wohnfläche, 10 Zimmer, 3 Schlafzimmer, 4 Badezimmer – „für sieben Millionen, allein auf Kosten von Abus“, so der Vorsitzende Richter. Das Objekt („wo Luxus zuhause ist“), das mittlerweile im Internet für 1,5 Millionen Euro angeboten wird, „erfüllt höchste Ansprüche an Weitläufigkeit und Wohnniveau“, stellte das Gericht fest.

Kein Plan, um Schaden zurückzuführen

Einen Plan, wie er den Schaden zurückführen könnte, hatte Joachim D. nicht, aber auch keinen Plan, was er tun sollte, wenn seine Gaunereien aufkippen. Die Situation war im August 2015 da, als die Commerzbank 26 Millionen Euro Darlehen zurückforderte und er in erhebliche Erklärungsnot geriet.

„Es kann also gar keine Rede davon sein, dass der Abus-Prokurist den Sachverhalt von sich aus offenbart hätte“, stellte Vorsitzender Richter Behrens klar. Breiten Raum nahm in der anderthalbstündigen Urteilsbegründung der Aspekt ein, dass sich Joachim D. nach Bekanntwerden der Millionen-Veruntreuung fast gar nicht an der Schadensregulierung beteiligt hat.

„Wir glauben ihm die Reue nicht“

So wohnt der Angeklagte mit seiner Ehefrau inzwischen in einem Bungalow, auf 140 Quadratmetern Wohnfläche und umgeben von weiteren 140 Quadratmetern Grundstück. Die 420 000-Euro-Immobile hat ihm eine GmbH, die eigens zu diesem Zweck gegründet wurde, für 950 Euro im Monat vermietet. Diese Firma gehört seiner Tochter und dem Schwiegersohn. „Nach wie vor“, so Richter Behrens, „lebt der Angeklagte mit seiner Ehefrau deutlich über seine Verhältnisse.“

Aus Sicht der Kammer gab es dazu deutliche Worte: „Wir glauben ihm auch die Reue nicht.“