Volmarstein/Hagen. . Der Prozess gewährt Einblick ins Leben des Joachim D.: So waren die Gehwegplatten vor seiner Villa beheizt, damit er nicht Schneeschippen musste.
Stolze 26 Millionen Euro sind weg. Nahezu spurlos verschwunden. Das Geld gehörte der Firma Abus. Joachim D. (70), langjähriger Prokurist des Unternehmens für Sicherheitstechnik, hat eingeräumt, die noch nicht verjährten und jetzt noch angeklagten 16 Millionen Euro veruntreut zu haben. Genauer gesagt: Er hat das Geld geradezu verprasst.
In der Öffentlichkeit trat Joachim D. gerne als „Mr. Abus“ auf: Kultiviert, elegant, immer wie aus dem Ei gepellt. Mit erlesenem Geschmack und feinem Stil. Einem leitenden kaufmännischen Abus-Angestellten (50), der es mal gewagt hatte im Hochsommer in kurzer Hose zur Arbeit zu erscheinen, wies er barsch in die Schranken: „Es gibt hier eine gewisse Kleiderordnung, da gehört eine kurze Hose, auch wenn es noch so warm ist, nicht dazu!“
Wertvolle Bücher unter Plexiglas
Gewisse Ansprüche stellte Joachim D. auch an sich selbst. Seine Wohnvilla in der Finkengasse in Remscheid glich einem hochherrschaftlichen Palast. Er ließ sie nach eigenem Geschmack für sieben Millionen Euro exquisit und elitär ausbauen: Sogar die Gehwegplatten vor dem Prachtbau (antike Fliesen, von einem Künstler verlegt) waren beheizbar, damit im Winter der Hausherr nicht Schneeschippen musste.
Küche, Esszimmer, Wohnzimmer, Schlafzimmer, WC, Bad und Arbeitszimmer sind noch nichts Ungewöhnliches. Auch ein Gäste-WC und ein Gästebad nicht. Ein Hauswirtschaftsraum, eine Bibliothek (wertvolle Bücher lagerten hier unter Plexiglas), ein hauseigener Serverraum – alles das war über einen eingebauten Innenaufzug ohne Anstrengung erreichbar. Zum Schutz der Schweizer Uhrensammlung und der Sammlung goldener Ringe waren zwei Tresore erforderlich: Einer im Obergeschoss sowie ein Wandsafe.
Der Abus-Prokurist entspannte sich im Musikzimmer im Erker am Flügel oder im Kaminzimmer (mit einem weiteren Flügel). Oder im Billard-Raum, in einem Clubzimmer oder in der Bilder- und Gemäldegalerie. Zum hauseigenen „Wellness-Bereich“ gehörten ein Swimmingpool, eine Sauna und ein Solarium.
Für gute Laune sorgte die Hausbar (gefertigt aus wertvollen Tropenhölzern), bestückt mit feinem Cognac, alten Whiskys und ausgewählten Likören. Nicht zu vergessen die Weinstube. Das separate, klimatisierte Weinlager war mit edlen Tropfen gut gefüllt: Hier lagerten Weinflaschen, die bei der späteren Versteigerung 89 283 Euro erzielten.
Die langjährige Sekretärin (58) von Joachim D. hat die Einrichtung des Hauses auf Fotos gesehen: „Wie aus einer Schöner-Wohnen-Zeitschrift oder Art-of-Living“, berichtete sie als Zeugin. Über ihren ehemaligen Chef sagte sie: „Er hatte immer ein dickes Geldbündel bei sich und hat sich stark über sein Vermögen definiert. Ohne seinen Wohlstand wäre er nicht derjenige gewesen, den wir kennen.“ Für Joachim D. war das alles kein Luxus – sondern notwendige Vorsorge fürs Alter: „Meine Frau hat Knieprobleme“, erklärte er. „Das Haus wurde von mir eigens so konzipiert, dass das Pflegepersonal dort mit einziehen kann, wenn man älter wird und auf fremde Hilfe angewiesen ist.“ So sei die Bar „gleichzeitig eine verkleinerte Küche, hätte im Bedarfsfall angepasst werden können und der Billard-Raum war zu einem Schlafzimmer umrüstbar.“
Anwältin Frauke Heier (Krefeld), die Insolvenz-Verwalterin, die die mittlerweile angemeldete Pleite des ehemaligen Abus-Prokuristen abwickeln muss, redet Klartext: „Die Immobilie ist unglaublich hochwertig ausgestattet, aber überhaupt nicht angepasst an die Wohnlage in der Remscheider Innenstadt.“ Deshalb lockte das 7-Millionen-Objekt bisher lediglich einen Interessenten an, der 1,2 Millionen Euro bot.
Inventarliste: Über 500 Positionen
Die Inventarliste der Einrichtungsgegenstände umfasse über 500 Einzelpositionen, „Luxusgüter, für die es keinen sofortigen Markt gibt“, so die Inso-Verwalterin. Ein Aktionshaus konnte bisher gut 685 000 Euro durch Versteigerungen erzielen: „Für die Uhren, die Flügel und die Manschettenknöpfe.“ Mobiliar im Schätzwert von 206 000 Euro läge noch auf Lager, sowie 24 Uhren, die noch verwertet werden müssten.
Die Jacht „Harmonie“, von einer Werft in Hongkong für drei Millionen Euro nach speziellen Wünschen von Joachim D. erbaut, war hochbelastet und brachte in der Verwertung keine 20 000 Euro. Aus seinem Fuhrpark konnten der Mercedes (S-Klasse, Sonderausstattung) in der Verwertung noch 222 000 Euro erzielen, der Porsche Cayenne 93 000 Euro, der Golf Plus 10 000 Euro. Aus Versicherungen und Bausparverträgen konnten 176 000 Euro realisiert werden. Dem stehen hohe Forderungen gegenüber.
Frauke Heier: „Insgesamt sind 31 Millionen Euro zur Insolvenztabelle angemeldet worden.“
Der Prozess wird am kommenden Dienstag (20. März) um 9.30 Uhr im Landgericht Hagen fortgesetzt. Dann wollen die Staatsanwältin und der Verteidiger plädieren.