Herdecke. . Der Leiter der Realschule Herdecke hört am 31. Januar auf. Er hat sich als meinungsstarker Kämpfer einen Namen gemacht.

Der Schlussakkord erklingt am 31. Januar. „Meine Zeit ist um...“ lautet der Einleitungssatz in der Einladung zur Verabschiedung von Hubertus Schmalor. Der Leiter der Realschule in Herdecke geht zum Monatsende in den vorgezogenen Ruhestand. Der Lehrer für Musik und Biologie hat sich in der Ruhrstadt einen Ruf als meinungsstarker Kämpfer für seine Einrichtung erworben und verlässt seinen Arbeitsplatz mit einem guten Gefühl, da die Schule sich in einem guten Zustand befinde. Mit aktuell 480 Kindern und Jugendlichen ist ein neuer Höchststand erreicht, seit 2015 steigen die Anmeldezahlen. „Die Schule steht in voller Blüte. Auch ein Grund, jetzt aufzuhören.“

Aufgemerkt: Nach Hans-Jürgen Sellmann ist der gebürtige Sauerländer erst der zweite Rektor der Realschule in ihrer Geschichte, die im August 1976 begann. 2006 übernahm Schmalor das Amt vom Vorgänger. „Herr Sellmann hat diese Schule geprägt und mir ein eingespieltes Kollegium übergeben“, erinnert sich der 61-Jährige an seine Anfänge am Bleichstein. Aus seiner Lehrerzeit in Wattenscheid in den 80-er Jahren kannte er den „schönen und angenehmen Dienstort“ Herdecke, als er vorübergehend am Schnee lebte. Zudem kamen im Gemeinschaftskrankenhaus in Ende drei seiner vier Kinder zur Welt.

Debatte um Primusschule

Die berufliche Aufgabe lautete zunächst, „die Realschule hier in ihren funktionierenden Strukturen weiterzuentwickeln.“ Daran sollte sich eine existenzielle Diskussion anschließen: Wäre die Primusschule 2014 gestartet, hätte dies das Aus für die Realschule bedeutet. Mittendrin in der Debatte: Hubertus Schmalor, der sich für seine funktionierende Einrichtung einsetzte. „Die Schulform war mir nie wirklich wichtig, ich wollte auch nichts verhindern, sondern Gutes erhalten. Mir ging es immer um die Kinder und die Qualität im Unterricht“, sagt er im Rückblick und kritisiert, dass die Argumente pro Realschule damals – vor allem von der Politik – nicht genügend gewürdigt worden seien. Obendrein: „Ich war nie gegen eine reform-pädagogische Schule, sehe diese aber eher in größeren Städten aufgehoben. In Herdecke wäre die Wahlmöglichkeit für Eltern doch sehr eingeschränkt worden. Insgesamt bin ich mit mir im Reinen, wie ich mich damals positioniert habe.“

Konrektorin Anke Lohscheidt übernimmt kommissarisch Leitung bis Sommer

Nach dem Studium in Dortmund führte das Referendariat Hubertus Schmalor nach Gevelsberg. Seine erste Lehrer-Stelle trat er 1984 in einer Wattenscheider Realschule an. 1987 ging es zurück ins Sauerland, vom Wohnort Letmathe baute Schmalor dann die Gesamtschule Iserlohn mit auf (u.a. als Ganztags-Koordinator).

Von 2002 bis zur Schließung 2006 war er am Soester Landesinstitut für Lehrplangestaltung und Fortbildung als Referent für Kultur, Musik und Theater angestellt, ehe er die ausgeschriebene Stelle als Herdecker Realschul-Leiter erhielt.

Kommissarisch wird Konrektorin Anke Lohscheidt die Einrichtung am Bleichstein führen, zum neuen Schuljahr 2018/19 soll im Sommer eine neue Leitung kommen.

Die Debatte habe bei ihm keine Narben hinterlassen. Zugleich lobt er, wie Politik und Stadt nach dem Aus für die Primusschule wieder den Schwenk zur Unterstützung der Realschule schafften. Die habe zuletzt vor Herausforderungen wie der Inklusion (derzeit 26 Förderschüler) und der Integration von Seiteneinsteigern sowie steigenden Schülerzahlen gestanden, 2017 startete die Eingangsstufe sogar ausnahmsweise vierzügig. „Seit zwei Jahren können wir hier etwa stets eine ganze Klasse mit Wetteraner Kindern bilden“, so Schmalor, der sich in Sachen Inklusion mehr Hilfe und eine bessere Planung von der Landespolitik gewünscht hätte.

Gute Kooperation mit FHS

Er verweist auch auf die Vorteile der seit 2015 bestehenden Kooperation mit dem benachbarten Friedrich-Harkort-Gymnasium, die „gelungene Ganztags-Lösung“ mit der ev. Jugend des Kirchenkreises Hagen und ist dankbar für die Unterstützung vom Förderverein, von der Dörken- und Herdecker Bürger- sowie der Hagener Ruberg-Stiftung.

Gleichwohl gebe es bekannte Probleme: Steigende Schülerzahlen führten zu Raum- und Personalknappheit. Zum Glück stieg die Lehrerzahl in den letzten zwei Jahren von 27 auf nun 35, Unterrichtsmöglichkeiten bestehen im Container unterhalb des Gebäudes. „Wir sind aktuell gut ausgestattet. Auf Dauer muss aber nachgebessert werden, das weiß auch die Stadt.“ Schmalor hat vorgeschlagen, den früheren Spielplatz mit den improvisierten Parkmöglichkeiten für Erweiterungen ins Visier zu nehmen.

Allgemein regt der als ungeduldig bekannte Pädagoge an, zwei Personen eine Schule leiten zu lassen, um Didaktisches von aufwendiger Verwaltungsarbeit trennen. „Für Letzteres wurden wir nicht ausgebildet, daher habe ich mit manchen Aufgaben diesbezüglich gehadert.“

2016 und 2017 musste Schmalor gesundheitliche Einschränkungen hinnehmen, daher der Antrag auf frühzeitige Pensionierung. Auch für die Familie will er mehr Zeit haben. „Die Schar meiner Enkelkinder hat sich nun um Zwillinge erweitert, angesichts ihrer zwei Geschwister ist die Unterstützung durch Großeltern da sicher hilfreich.“

Klavier, Kirchenorgel und Posaune

Und dann wäre da noch seine große Leidenschaft, die Musik. Neben Klavier spielt er noch Posaune und beherrscht die Kirchenorgel. „Mit diesem Instrument habe ich zusätzlich noch ein Kirchenmusik-Examen abgelegt“, erinnert er sich an das Lehrer-Studium in Dortmund.

Fast wäre er kein Lehrer geworden, der Job des Journalisten bzw. Kultur-Redakteurs habe ihn ebenso gereizt, so dass er sich bei Zeitungen bewarb. Im Laufe der Lehrerzeit zeigte sich, dass er beides verbinden konnte, verfasste er doch für Redaktionen in seiner Freizeit Konzertkritiken. „Vor zwei Jahren habe ich das unterbrochen, bald kann ich wieder vermehrt Rezensionen schreiben.“

Mehr Zeit bleibt dann auch für seine Musikgruppen. Aus den fünf Beteiligungen u.a. in Jazz-Ensembles stechen der Wohnzimmer-Chor, der – wie es der Name suggeriert – privat bei den Schmalors probt, und die Gospel-Formation mit 120 Sängern hervor. Mit diesen erlebte der zweifache Chorleiter 2017 einen unvergessenen Höhepunkt, als die Gruppe in Berlin im Reichstag und in der Gedächtniskirche auftrat. Grundsätzlich gilt: „In meinem Leben vergeht kein Tag ohne Musik.“

Entsprechend harmonisch soll sein Abschied verlaufen, wenn auch ehemalige Schüler kommen. Obwohl die Ansprüche der Eltern an die Lehrerschaft über all die Jahre gestiegen seien, habe er stets gerne vor einer Klasse gestanden. Daher ahnt Schmalor: „Der Musikunterricht wird mir schon fehlen.“